XXL-TEST: Sony WH-1000XM4 - Over-Ear Kopfhörer mit personalisierbaren Noise Cancelling - inklusive 360 Reality Audio-Höreindrücken

Für 379 EUR offeriert Sony seinen frisch auf den Markt gebrachten kabellosen Bluetooth-Kopfhörer mit adaptivem Noise Cancelling, den WH-1000XM4. Besondere Kennzeichen umfassen eine präzise, individuelle Anpassung des Kopfhörers an die Ohrform des Trägers sowie die Optimierung per App hinsichtlich Rauschunterdrückung und Anpassung der ANC an die Umgebung. Dass Sony so umfangreiche Software (Sony Headphone Connect App) bei diesem Modell verwendet, liegt vor allem auch an der Kompatibilität des WH1000XM4 zu "Sony 360 Reality Audio". Songs in diesem Format liegen z.B. bei Deezer 360 oder bei Tidal vor - dazu später mehr.

Sony setzt beim WH-1000XM4 auf zwei Geräuschsensoren und zwei Mikrofone an jeder Ohrmuschel, diese erkennen Umgebungsgeräusche und senden die Daten an den HD-Prozessor QN1 für die passende Geräuschminimierung. Mithilfe eines von Sony entwickelten Algorithmus verarbeitet und minimiert der QN1 Geräusche für verschiedene akustische Umgebungen anschließend in Echtzeit.

Steht der Markenname Sony für das beste aktive Noise Cancelling derzeit?

Zusammen mit einem neuen Bluetooth Audio SoC (System-on-Chip) erkennt er über 700-mal pro Sekunde Musik- und Geräuschsignale sowie akustische Eigenschaften zwischen Treibereinheit und Ohren. Wie bereits eingangs erwähnt: Über die "Sony Headphones Connect App", die kostenfrei für iOS und Android erhältlich ist, können die Umgebungsgeräusche so angepasst werden, dass sie zwar minimiert werden, jedoch weiterhin wichtige Geräusche wie z. B. Durchsagen hörbar sind. Praktisch ist zudem der Quick Attention-Modus. Wenn man Stimmen oder Geräusche in der Umgebung sofort wahrnehmen möchte, legt man die Hand auf die Ohrmuschel, um die Musik sofort leiser zu stellen und Umgebungsgeräusche zu hören. Das funktioniert recht zuverlässig in der Praxis. 

Anschluss fürs Kopfhörerkabel, sollte man es mal brauchen

USB-C-Terminal

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Im Lieferumfang befindet sich ein schlichtes Case mit grauem Stoffbezug, was den Kopfhörer bei Nichtbenutzung schützt und Kopfhörer und Kabel sauber verstaut. Im Lieferumfang befindet sich Kopfhörerkabel mit ca.1,2 m Länge mit OFC-Adern (sollte man das Headphone mal Kabel-basiert verwenden) und vergoldeter Stereo-Mini-Stecker. Ein USB-Kabel zum Laden des Kopfhörers sowie ein Flugzeugadapter befinden sich ebenfalls im Lieferumfang. Sony setzt beim WH-1000XM4 auf das moderne USB-C als Schnittstelle. Dies sorgt dafür, dass man das Ladekabel viel einfacher in die Buchse befördern kann.

Case im Lieferumfang enthalten

Case geöffnet

Im Lieferumfang enthaltene Kabel

Bügel mit Schriftzug im Detail

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Klappmechanismus

Gepolsterte Tragebügel

Tasten an der linken Ohrmuschel

Der WH-1000XM4 ist sehr gut verarbeitet. So mutig Sony hinsichtlich der hochmodernen Technik war, so verließ die Designer offenbar der Mut: Denn der WH-1000XM4 sieht schlichtweg langweilig aus. Nicht schlecht, das auf keinen Fall. Aber uns fehlt der besondere Pfiff, irgendein Merkmal mit hohem Wiedererkennungswert. Das sehr gut gepolsterte Kopfband überzeugt, man kann es exakt auf die Kopfgröße des Trägers einstellen.

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Polster der Ohrmuscheln

Auch die Ohrmuscheln sind bequem gepolstert, allerdings wirkt das Material beim längeren Tragen minimal schweißtreibend. Recht einfach verarbeitet sind die beiden Knöpfe an der linken Ohrmuschel, unter anderem für Power und BT-Kopplung zuständig - und funktionieren tadellos. Top sind nach wie vor 30 Stunden Akkulaufzeit (mit ANC und BT, wie beim Vorgänger, 38 Stunden mit deaktivierter ANC-Funktion) und die Schnellladefunktion, nach 5 Minuten kann man wieder satte 5 Stunden hören. Möchte man den Akku komplett wieder aufladen, vergehen 3 Stunden - das ist doch relativ lang. 

Das Kopfband aus Metall lässt sich auch für größere Kopfumfänge präzise justieren

Der WH-1000XM4 sitzt insgesamt bequem auf dem Kopf, er drückt weder zu stark auf Kopf und/oder Ohren, noch wirkt er zu locker - Voraussetzung ist natürlich immer eine korrekte Einstellung des Kopfbandes.

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Wenden wir uns nun weiteren technischen Daten zu. Der prinzipiell mögliche Frequenzgang reicht von 4 Hz bis 40 kHz. Bei der BT-Kommunikation bleibt folgendes übrig: 20 Hz bis 20 kHz (44,1 kHz Sampling), 20 Hz bis 40 kHz (LAC 96 kHz Sampling). Die Treibereinheit misst 40 mm. Sie ist ausgestattet mit einer Kupfer-Schwingspule. Zudem werden besonders starke Neodym-Magnete verwendet. Die von Sony verbaute Bluetooth-Version entspricht dem Standard 5.0. Als Audioformate werden SBC, AAC und LDAC unterstützt.

DSEE Extreme™ (Digital Sound Enhancement Engine) ist ebenfalls in der Ausstattungsliste. Das System optimiert durch die mit Sony Music Entertainment entwickelte Edge-KI (künstliche Intelligenz) komprimierte Musikdateien in Echtzeit. Die dynamische Erkennung von Instrumentierung, Musikstil und weiteren Eigenschaften jedes Titels stellt, so Sony, die hohen Frequenzen wieder her – für einen kompletten Klang. Zudem ist der Kopfhörer kompatibel zu Amazon Alexa und Google Assistant (nach einem entsprechenden Update der Firmware). 

Klang und App

Die App im Store

Erster Screen

Herstellung der Verbindung zum Kopfhörer

Kopfhörer wurde erkannt

Man kann auch bisherige Einstellungen wiederherstellen

Wenden wir uns den umfangreichen Einstellmöglichkeiten und den Auswirkungen auf den Klang zu. Da die App den Klang wesentlich beeinflusst, haben wir uns entschieden, beides in einer Wertung zusammen zu fassen. 

Hier stehen die elementaren, besonderen Funktionen des WH-1000XM4

Intelligentes ANC-System

Der Sony verfügt über eine intelligente Erkennung von Aktionen und Orten (die der Träger des Kopfhörers häufig verwendet), und schaltet automatisch die Kopfhörereigenschaften um, damit z.B. am Flughafen oder Bahnhof wichtige Teile der Umgebungsgeräusche wahrgenommen werden können. Durch das entsprechende Registrieren der Orte, die häufig besucht werden, wird dann das automatische Umschalten von Einstellungen, basierend auf dem jeweiligen Ort, verfügbar. Um diese Funktion verwenden zu können, muss man beim Setup der Sony Headphone App denn Button "die Lernfunktion verwenden" aktivieren.

Wichtige Erläuterungen

Einrichtung der automatischen ANC abgeschlossen

Das Erlernen der Orte erfolgt laut Sony offline. Daher werden die Daten zum jeweiligen Ort an keinen zentralen Server gesendet. Sony weist in der App darauf hin, dass an Orten mit schlechtem GPS-Empfang die Standorterkennung begrenzt ist.

360 Reality Audio Setup

Zwei Klangbeispiele zum Probehören 

Wenn man die App in Bezug auf dem WH1000XM4 einrichtet, kommt man auch zum "360 Grad Reality Audio" Setup. Der Sony Kopfhörer ist zu 360 Reality Audio kompatibel, entsprechende Software mit dieser Kennung ist auch vorhanden (z.B. bei Tidal). Damit man persönlich feststellen kann, was 360 Reality Audio kann, sind innerhalb der App zwei Sequenzen abzurufen, einmal mit und einmal ohne 360 Reality Audio.

Natürlich hören wir in beide hinein, um einen ersten Eindruck zu erhalten. Und ebenso natürlich ist, dass Sony selbstverständlich einige Klänge mit an Bord der Software brachte, die besonders gut die Vorzüge vermitteln. Erstaunlich ist, dass das 360 Grad Reality Audio-Hörbeispiel deutlich mehr Räumlichkeit vermittelt, aber die Präzision praktisch nicht geringer wird. Das ist beachtlich. Das Raumgefühl erscheint lebendig, authentisch und angenehm.

Gehen wir weiter im Setup. Nun zeigt uns die App Quellen, von denen man Material in 360 Reality Audio beziehen kann. Neben dem schon erwähnten Tidal werden 360 by Deezer und nugs.net genannt. Jetzt wird das 360 Reality Audio Klangfeld optimiert. Dabei muss der Anwender ein Foto seiner Ohren machen. Laut Sony wird das für die Analyse benötigt. Bevor man das Foto erstellt muss man natürlich den Kopfhörer absetzen. Die Ohren dürfen des Weiteren nicht mit Haaren bedeckt sind, auch Ohrringe oder Ohr-Piercings stören.

Hinweise zu den von den Ohren erstellten Fotos

Nacheinander werden von beiden Ohren Fotos erstellt

Man muss den Zugriff auf die Kamera noch erlauben 

Durch die "Foto-Session" wird man mittels Sprachhinweisen (damit das Gesicht für die Ohren-Erkennung korrekt ausgerichtet ist) geleitet

Es gibt darüber hinaus noch einen Hinweis, in dem Sony erläutert, dass das Foto der Ohren nur zur Klangfeld-Optimierung dient und im Anschluss an die Optimierung das Foto verworfen wird. Im Anschluss daran folgen Fotos beider Ohren, jeweils zunächst das eine und im Anschluss daran das andere Ohr. Dazu wird die Frontkamera des Smartphones verwendet. In einem vorgegebenen Rahmen wird zunächst das Gesicht zentriert, anschließend dreht man, je nach Ohr, den Kopf nach rechts oder links. Sind beide Bilder erstellt wird in 30 Sekunden die Ohrform analysiert. 

Analyse der Ohren

Nun wird die Musikdienst-App optimiert

Wir wählen Tidal

Zum Optimieren starten

Hinweis

Vorbereitung der Optimierung

Optimierung in der Tidal-App

Beide Schritte sind abgeschlossen

Setup ist abgeschlossen

Status in der App

Im zweiten Schritt nach der Analyse der Ohren wird nun die entsprechende Musikdienst-App optimiert. Wir wählen Tidal als Musikdienst aus, weil wir bei Tidal ein Abonnement haben.

Adaptive Geräuschunterdrückung in der Übersicht

Noch ist die Rauschunterdrückung nicht optimiert

Jetzt beginnt die Optimierung

Tragezustand wird gemessen

Luftdruck wird gemessen

Analyse und individuelle Einstellung

Speak-To-Chat funktioniert sehr gut

Übrigens, auch die Rauschunterdrückung kann noch individuell optimiert werden. das geschieht in drei Schritten: Tragezustand (mittels Testtönen) und Luftdruck werden gemessen, danach analysiert. Das Ganze dauert keine Minute, sorgt aber für sehr gute Ergebnisse, denn man hört konzentriert und nahezu rauschfrei. Noch kurz erwähnen möchten wir die "Speak To Chat" Funktion innerhalb der App. Hier kann einfach eine Konversation begonnen werden, indem man zu sprechen anfängt. Das klappt perfekt, spätestens nach dem zweiten Wort hört die Wiedergabe auf. Nachdem man einige Zeit nichts gesagt hat, wird die Wiedergabe automatisch fortgesetzt.

EQ deaktiviert

EQ-Kurve "Begeistert"

EQ-Kurve "Sprache"

EQ-Kurve "Vokal"

Weiterhin finden sich in der App noch verschiedene EQ-Kurven. Aus, hell, begeistert, sanft, entspannt, vokal, Treble Boost, Bass Boost, Sprache. Interessanterweise sind "Vokal" und "Sprache" nicht identisch. Zudem kann man sich mittels des grafischen EQs auch eine eigene Einstellung erstellen. 

Noch kurz zu 360 Reality Audio. Dieses Format nutzt objektbasierte, räumliche Audiotechnologie, um Stimmen, Chor und Instrumente mit Positionsdaten zu versehen und in einem sphärischen Raum zu platzieren. Beim Hören soll man sich durch das "Rundum-Erlebnis" wie in einer Live-Darbietung fühlen. Das Konzept hat Unterstützung von zahlreichen Branchenpartnern und Künstlern erhalten und gemeinsam mit den großen Plattenfirmen (Sony Music Entertainment, Universal Music und Warner Music), Live Nation sowie Musik-Distributionsdiensten (Deezer, Tidal) kann man besonders mit entsprechend geeigneten Kopfhörern 360 Reality Audio genießen. Wichtig: Es handelt sich NICHT um einen einstellbaren Soundmodus. Vielmehr wird Quellmaterial benötigt, das in diesem Format vorliegt.

Klang bei 360 Reality Audio-Material

Nun hören wir uns einige Tidal-Titel in 360 Reality Audio an.

Wiedergabe über Tidal

Space Oddity/David Bowie: Die räumliche Wirkung ist wahrhaftig imposant. Es eröffnet sich ein großer virtueller Raum, eine echte Bühne, luftig und mit sauberer Abstufung. Allerdings nehmen wir einen minimal hohlen Unterton war, die Präzision der Stimme Davids ist nicht ganz so hoch wie bei einer normalen Aufnahme. Dafür wirken dynamische Sprünge durch den vielschichtigen räumlichen Aufbau sehr beeindruckend. An unserem zunächst relativ ruhigen Ort hat die aktive, adaptive Geräuschunterdrückung natürlich keine Mühe, sondern filtert die geringen Umgebungsgeräusche gekonnt aus. Wird es lauter, läuft z.B. ein TV-Gerät im selben Zimmer oder geht man nach draußen, agiert die adaptive ANC immer noch auf hohem Level. Keine Frage, hier lässt sich der Sony von kaum jemanden etwas vormachen. 

Don't Let Me Down/Chainsmokers: Auch hier scheinen wir uns wieder in einem großen, luftigen virtuellen Raum zu befinden. Die Präsentation ist im Wesentlichen lobenswert präzise, allerdings sind tonale Verfälschungen bei der Stimme der Sängerin festzustellen. Die Stimmfarbe wirkt leicht "hohl", zudem sind bei Dynamiksprüngen  innerhalb der vokalen Darstellung teils ebenfalls Verfälschungen hörbar - die Stimme wirkt teilweise etwas zu hoch. Die gesamten Strukturen des Tracks kommen gut heraus. Zudem fühlt man sich durch den dichten Höreindruck sehr gut ins akustische Geschehen integriert. Probieren wir verschiedene EQ-Modi aus:

  • Bass Boost: Deutlich zu viel Bass, "Badewanne", die Mitten kommen zu kurz. Höhen noch in fast vollem Umfang vorhanden. 
  • Treble Boost: Zu viel Höhen - was auch aufgrund des Namens des DSPs zu erwarten war. Meist komplett untauglich. Bässe noch recht üppig vorhanden, Präsenztonbereich zu schwach
  • Vokal: Stimme klingt noch deutlicher "hohl", Bässe zu schwach, obere Mitten zu stark präsent.
  • Entspannt: Fade, indifferent - wenig überzeugend.
  • Sanft: Gemütliches, angenehm abgestimmtes DSP-Programm, ideal, wenn man schon genervt ist vom Tag und einfach relaxed hören möchte.
  • Begeistert: Wären die Höhen etwas schwächer, wäre das DSP ganz gut. So werden gerade weibliche Stimmen schnell etwas "quiekig".
  • Hell: besser, als der Name es erwarten lässt, erwartungsgemäß werden die Höhen bei höherem Pegel zu spitz. 
  • EQ Aus: Hier kann man die Wirkung von 360 Reality Audio am besten spüren. Der Klang ist recht neutral und ausgewogen. Wir empfehlen daher, den EQ zu deaktivieren. 

Wechseln wir nun wieder den Musikstil, und hören mit deaktiviertem EQ "Me And Mrs. Jones" von Billy Paul. Hier gefällt uns die Stimme das erste Mal sehr gut, der "hohle Einschlag" fällt hier nur minimal auf. Die Trennung der Stimme von den Instrumenten gelingt ebenfalls richtig gut, und der Hochtonbereich ist zwar kein Musterbeispiel für Transparenz, aber doch recht klar und aufgeräumt. Der Bass hat Fundament und weist tadellose Strukturen auf. 

Herbie Hancocks "Watermelon Man" beweist direkt zu Beginn des Songs, was 360 Reality Audio kann. Omnidirektionale Effekte werden ausgezeichnet herausgearbeitet, Klanganteile können sauber als aus verschiedenen Richtungen kommend identifiziert werden. Sowas ist mit normaler Technik in dieser Ausprägung kaum möglich. Allerdings, so komisch es klingen mag, es strengt beim Hören über Kopfhörer auch etwas mehr an. Dieser Titel eignet sich trotzdem besonders gut, um auch bei kleinen, feinen Nuancen nachzuverfolgen, welche Räumlichkeit mit 360 Reality Audio möglich ist. 

Wir enden mit "Cool Again" von Kane Brown & Nelly. Hier trifft der WH-1000XM4 die Vocals recht gut, und die Trennung von Stimmen sowie Instrumenten gelingt sehr anständig. Die teils schwierig zu reproduzierenden Instrumente und Effekte gibt der Sony mit einer wieder einmal exzellenten Räumlichkeit wieder. 

Wie schlägt sich der Sony bei "normalen" Songs?

Wir starten mit "Never Let Me Down" von VIZE und Tom Gregory. Wir lassen die EQ-Modi bewusst ausgeschaltet. Der Sony ist schon so recht kraftvoll im Bassbereich abgestimmt. Trotz des üppigen Basses ist auch die Präzision tadellos. Die Mitten sind für klassische HiFi-Hörer etwas zu wenig ausgeprägt. Der Hochtonbereich klingt aufgeräumt, wenn es von der Quelle mal etwas schärfer zugeht, wird dies gut verdeutlich, ohne dem Klang eine komplett metallische oder zu spitze Auslegung mitzugeben.

Wechsel des Genres, "Caruso", gesungen von Jonas Kaufmann. Hier wird die Stimme des Startenors im Wesentlichen gut getroffen, nur könnte die Transparenz noch eine Idee höher liegen. Gut gefallen uns die Streicher, die harmonisch und trotzdem recht detailliert ertönen. Selbst bei einem normalen Titel, also nicht in 360 Reality Audio, beeindruckt die dichte Räumlichkeit des WH-1000XM4. Insgesamt eignet sich der Kopfhörer sehr gut für "Erlebnishörer", denen nicht das letzte Detail und ein neutraler Sound, sondern ein emotionales Eintauchen in eine recht üppige Klangkulisse wichtig ist.

Und wieder ein komplett anderes Genre: "Land Of Confusion". Allerdings nicht tun der klassischen Variante von Genesis, sondern in der Cover-Variante von Disturbed. Hier zeigt der Proband mehrere Eigenschaften. Zum einen ist die Pegelfestigkeit zwar gut, aber nicht sensationell. Hier bieten Konkurrenten mehr, auch welche, die billiger sind - und zwar nahezu ohne Verzerrungen. Der Bass ist überratend, kräftig und raumfüllend. Wieder sind es die Mitten, die etwas zu kurz kommen. Dadurch wirkt die Stimme gepresster als nötig. Das erscheint komisch, denn die Stimme ist hier so etwas wie der Gegensatz zum ansonsten räumlich dichten Ambiente. 

Freisprecheinrichtung

Zur eingebauten Freisprecheinrichtung kann man fast nur lobende Worte finden:

  • Rauscharm
  • Der Gesprächspartner versteht einen ausgezeichnet
  • Es kommt praktisch nie zu Störungen, auch wenn man sich weiter vom Smartphone während des Telefonats entfern
  • Für denjenigen, der den Sony auf dem Kopf trägt, wirkt der Klang (wohl wegen ANC) eher "indirekt", die Stimme des Sprechenden klingt etwas dünn

Insgesamt wird ein hohes Niveau offeriert, das sich nicht hinter der Konkurrenz verstecken muss. 

Konkurrenzvergleich

Dali iO-6

Dali iO-6: Der dänische Kopfhörer kommt auf derzeit 389 EUR und ist komplett anders als der Sony. Die aktive Geräuschunterdrückung arbeitet sehr einfach, nur in zwei Stufen, und vom prallen Hightech-Paket, das Sony noch mittels der App serviert, ist der iO-6 Lichtjahre entfernt. Wer nun denkt, das war es für den Dänen, irrt: Er klingt wunderbar homogen und rund, mit ausgewogener, zugleich transparenter Wiedergabe. Exakt wie die auch in unserer Redaktion sehr beliebten Dali-Lautsprecher. Zudem wirkt er optisch äußerst attraktiv und edel. Die Freisprecheinrichtung ist gut, setzt aber keine Maßstäbe, während die 30 Stunden Akkulaufzeit als sehr gut zu bezeichnen sind. 

Akustisch einer der besten ANC-Kopfhörer ist nach wie vor der Beyerdynamic Lagoon ANC, dessen aktive Geräuschunterdrückung per Firmware-Update vor einigen Monaten optimiert wurde. Klar, die ANC-Funktion ist im Vergleich zum Sony trotzdem auf Steinzeit-Niveau, dafür aber ist die "MIY" (Make It Yours) Klang-Personalisierung konkurrenzlos und passt den Sound des Kopfhörers wirklich auf das Hörvermögen des jeweiligen Hörers an. Und: Was den puren Sound angeht, zeigt der Lagoon, was machbar ist: Enorme Dynamik, hervorragende Transparenz, wuchtiger, zugleich präziser Bass, exakt richtig ausbalancierte Mitten und fein nivellierte Höhen. Und das Ganze aktuell für gut 270 EUR - top. Da passt auch die sehr gute Verarbeitung dazu, die Freisprecheinrichtung agiert prima. 

Bowers & Wilkins PX:Der B&W PX präsentiert sich als guter Wurf. Optisch zurückhaltend, aber hochwertig und elegant, kommt er derzeit auf Marktpreise um die 290 EUR. Er bietet eine lebendige, zugleich fein nuancierte Akustik, die mit Sorgfalt abgestimmt wurde. Lautere Pegel, immer in dem Rahmen, der noch in Ordnung geht für das Gehör, managt der Brite ohne Probleme. Ein Muster an Pegelfestigkeit ist er nicht. In der Grundeinstellung, also ohne aktivierten Filter für Umgebungsgeräusche, klingt der PX neutral, direkt und authentisch. Allerdings ist der Bassbereich teilweise von etwas zu schlanker Ausprägung. Der Tragekomfort ist exzellent. Das technisch auf noch einigermaßen aktuellen Stand agierende Noise Cancelling ist mit verschiedenen Modi ausgestattet. Es arbeitet extrem rauscharm und effektiv. Es ist der jeweiligen Situation - Büro, in der Stadt, im Flugzeug - schon hinsichtlich der Werks-Voreinstellung sehr gut angepasst. Allerdings unterscheiden sich die Modi auch in ihrer klanglichen Ausprägung, der Druck im Bassbereich, die Intensität der Stimmen von Sängerin/Sängern ist unterschiedlich. Die eingebaute Freisprecheinrichtung gehört unserer Meinung nach immer noch zum Besten, was man derzeit finden kann. Kleiner Kritikpunkt, der aber ein sehr gutes Ergebnis nicht verhindern kann: 22 Stunden Akkulaufzeit sind nur Durchschnitt.

Fazit

Sony brennt beim WH-1000XM4 ein wahres Hightech-Feuerwerk ab, wie schon beim Vorgänger WH-1000XM3. Ein adaptives und exzellent funktionierendes, intelligent agierendes aktives Noise Cancelling ist klar ein Glanzpunkt. Hinzu kommt die Kompatibilität zu 360 Reality Audio - auch dieses Feature fasziniert, vorausgesetzt, man hat ein Abonnement bei einem Musikdienst, der 360 Reality-Titel im Angebot hat. Das sind derzeit Deezer und Tidal.

Bei der 360 Reality Audio-Wiedergabe beeindruckt die enorme Räumlichkeit, weitläufig und zugleich dicht. Trotzdem ist die Gesamt-Präzision noch ordentlich. Was ab und zu stört, ist eine minimal "hohle" Wiedergabe von Stimmen und vereinzelt von Instrumenten.

Ganz gleich, ob normale Tracks oder 360 Reality Audio-Titel: Der Sony ist im Bassbereich recht üppig ausgelegt. Daher benötigt man kaum EQ-Kurven (die man  auch selbst erstellen kann), die im Bassbereich noch eins raufsetzen. Der Over-Ear-Kopfhörer ist eher für den Spaß- und Erlebnishörer gedacht und weniger für den klassischen HiFi-Liebhaber. Dieser würde sich einen etwas schlankeren Bass und dafür prägnantere Mitten wünschen. Die Pegelfestigkeit des WH-1000XM4 ist ordentlich, aber nicht überwältigend.

Keine Kritik gibt es an der Verarbeitung, auch die Materialqualität wirkt größtenteils ansprechend. Sehr gut sitzt der Kopfhörer auf dem Kopf. Er ist nicht zu schwer, und er sitzt fest, ohne zu viel Druck auszuüben.Die Optik ist, formuliert man es positiv, eher "konservativ". Hier würde der Sony durchaus mehr "Pep" vertragen.

Extrem üppig ausgestatteter Over-Ear-Kopfhörer mit hervorragendem ANC und 360 Reality Audio-Kompatibilität

Over-Ear Kopfhörer mit aktivem Noise Cancelling bis 500 EUR
Test 25. September 2020

 

Test: Carsten Rampacher
Redaktion und Fotos: Sven Wunderlich
Datum: 25. September 2020

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