TEST: Sony WH-1000XM3 – Elegante Optik, tolle räumliche Präsentation, fairer Preis?
Mit dem WH-1000XM3 möchte Sony einen vielseitig einsetzbaren Kopfhörer mit diversen Quality-of-Life-Funktionen anbieten. Dazu gehört das Pausieren oder der Liedwechsel direkt an der Ohrmuschel, zudem ein kabelloser Hörgenuss (Reichweite 10m) über Bluetooth - auch NFC ist an Bord. Durch sein aktives Noise Cancelling sollen Umgebungsgeräusche effektiv ausgeblendet werden und zugleich soll er mit seinen „bedienbaren Ohrmuscheln“ in verschiedenen Lebenslagen komfortabel nutzbar sein, unterstützt durch die Steuerung von Sonys eigener „Headphone Connect“-App. Erhältlich ist der WH-1000XM3 für eine UVP von 379 EUR.
Innenliegender Metallbügel
Gelenk
Kopfband
Scharnier an der Ohrmuschel
Beim Auspacken des WH-1000XM3 fällt gleich das optisch sehr ansprechende Design ins Auge. Angeboten wird das Modell in schwarz und in silber. Die Farbe würden wir zwar eher als silber-gräulich bezeichnen als ausschließlich silber, das tut aber dem insgesamt sehr stimmigen Design keinen Abbruch. An den Ohrmuscheln befestigt ist der aus Metall gefertigte Kopfbügel, der von Kunststoff (an den Seiten) und Leder (oben) umhüllt wird. Der Bügel lässt sich, auch wenn er gerade getragen wird, ganz einfach durch Auseinander- oder Zusammenziehen in der Höhe regulieren, um ihn an die individuelle Kopfform anpassen zu können. Dabei ist er nicht zu schwergängig und hinterlässt ein leichtes Klicken bei jeder Stufe.
Das Leder am Kopfband und an den Ohrmuscheln kann absolut überzeugen. Die Ohrmuscheln wirken gediegen und sind wertig verarbeitet, auch nach außen hin machen sie einen exquisiten Eindruck. Ebenso ist die Innenpolsterung der Ohrmuscheln durch den Schaumstoff sehr weich, wodurch der Sitz des Kopfhörers auf den Ohren wirklich exzellent ist.
Sony WH-1000XM3
Gelenk innen
Ohrmuschel Außenansicht
Weiterhin befinden sich an der linken Ohrmuschel zwei Tasten, eine zum Einschalten des Kopfhörers und eine zur Regulierung des Noise Cancellings und der Umgebungsgeräusche, sofern man dies nicht über die App vornimmt. Außerdem ist links ein 3,5mm-Klinkenanschluss, falls man den Kopfhörer mit einem Klinkenkabel anschließen möchte. Unten an der rechten Ohrmuschel wiederum befindet sich ein USB-C-Anschluss zum Laden des 1000XM3, zusammen mit einer kleinen LED, die den Ladestatus anzeigt bzw. erkennen lässt, ob er gerade eingeschaltet ist.
Mitgeliefert werden neben dem Kopfhörer und der Bedienungsanleitung außerdem eine Tragetasche, um den Kopfhörer mit seinen einklappbaren Ohrmuscheln verstauen zu können, ein Adapter für die Benutzung im Flugzeug und ein 3,5mm-Klinkenkabel. Außerdem mit dabei ist ein USB-C-Ladekabel mit allerdings nur guten 15cm Länge.
Beim Tragen punktet der 1000XM3 absolut. Gerade die Ohrmuscheln sitzen, wie oben bereits erwähnt, wohltuend auf den Ohren. Je nach Kopfform kann es jedoch zumindest nach einer Weile dazu kommen, dass der Bügel am Kopf drückt. Durch etwas Nachjustieren des Bügels kann dies umgangen werden und der WH-1000XM3 bietet insgesamt sehr guten Tragekomfort, dennoch wäre es wünschenswert, dass ein Umlegen des Bügels gar nicht erst notwendig wäre.
Schaltet man den Kopfhörer letztendlich ein, kann man über den NC/Ambient-Knopf links wählen zwischen Ambient Sound Control, also lediglich der Dämpfung der Umgebungsgeräusche, dem aktiven Noise Cancelling, und gänzlich deaktivierter Unterdrückung von Geräuschen. Positiv fällt hier auf, dass auch bei aktivem Noise Cancelling beim WH-1000XM3 kein Eigenrauschen auftritt, was bei ANC-Kopfhörern gerne mal ein Manko ist. Generell werden aber bei allen Stufen die Umgebungsgeräusche effektiv, aber unterschiedlich stark abgeschottet. Das Ganze kann in der App, die wir gleich noch vorstellen werden, je nach Belieben reguliert werden.
Tasche
Zubehör
Über die SENSE Engine bietet der WH-1000XM3 noch weitere Features, die ihn vielseitiger und komfortabler einsetzbar machen. Zunächst kann man die gerade abgespielte Musik im Nu leiser werden lassen, indem man seine Handfläche auf die rechte Ohrmuschel legt. Entfernt man seine Hand wieder, ist wieder alles beim Alten und es geht gleich zurück in den Musikgenuss. Durch die SENSE Engine kann man aber ebenfalls das Abspielen der Musik kontrollieren. Durch zweimaliges Tippen auf die rechte Ohrmuschel wird die Musik pausiert. Durch Streichen nach oben oder unten lässt sich die Lautstärke regulieren und durch Streichen nach links oder rechts kann zum vorigen bzw. nächsten Lied geschaltet werden. Dies funktioniert auch überraschend gut, so ganz zuverlässig wird der Input jedoch nicht immer registriert, da man, nach unserer Einschätzung, tendenziell von der Mitte ausgehen muss beim Ausführen der Fingerbewegung. Wenn man den Kopfhörer gerade trägt, ist dies jedoch nicht so präzise möglich.
Natürlich kann man mit dem WH-1000XM3, sofern er per Bluetooth oder NFC mit dem Handy verbunden ist, auch telefonieren. Dabei ist die Sprachqualität zwar ordentlich und das Gegenüber versteht den Benutzer deutlich, es werden jedoch ein paar Hintergrundgeräusche vom Mikrofon mitaufgenommen. Die Sprachqualität erinnert ein wenig an ein gewöhnliches Mikrofon, welches man auch über VoIP-Clients benutzen würde. Zum Telefonieren reicht dies jedoch völlig aus.
Von Sony empfohlen für die Benutzung des WH-1000XM3 wird die Verbindung mit der „Headphones Connect“-App, die vom Hersteller selbst bereitgestellt wird. In dieser kann man die Funktionen des Kopfhörers direkt in einer dafür erstellten App nutzen und außerdem weiter konfigurieren. Nach dem Start der App wird man gleich aufgefordert, den Kopfhörer per NFC oder Bluetooth zu verbinden, was auch gleich gelingt. Nach der Verbindungsherstellung empfiehlt die App, ein Firmware-Update des Kopfhörers durchzuführen. Dies dauert in unserem Fall etwas über 30 Minuten, funktioniert aber tadellos. Es folgen zahlreiche Screenshots:
Den Kopfhörer verbinden
Geräuschunterdrückung
ANC personalisieren
Equalizer
Funktionstaste belegen
Allgemeine Einstellungen
Weitere EQ-Optionen
Home-Screen der App
In der App selbst kann man die Adaptive Geräuschsteuerung aktivieren, welche sogar mit Unterstützung der Ortungsdienste des Handys analysiert, in was für einer Umgebung man sich gerade aufhält, und so den Grad der nötigen Umgebungsgeräuschminimierung regelt. Ggf. kann man die Geräuschsteuerung auch manuell vornehmen. Der Rauschunterdrückungsoptimierer darunter analysiert die Kopfform und wie man den Kopfhörer aufgesetzt hat, um die Rauschunterdrückung an den Benutzer anzupassen und zu optimieren. Weiterhin verfügbar sind Regler zur Festlegung der Klangposition (also ob die Musik bspw. von vorne, hinten, vorne links etc. kommen soll), verschiedene Presets, um virtuellen Surround zu simulieren, und ein Equalizer, um das Klangbild den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Sollte die Bluetooth-Verbindung instabil sein, so kann man die Priorität von Klangqualität auf eine stabile Verbindung legen. Schlussendlich lässt sich die NC/Ambient-Taste am Kopfhörer weiter zur Benutzung mit der Amazon Alexa-App oder dem Google Assistant konfigurieren.
Klang
Unterziehen wir den WH-1000XM3 doch erstmal einer gehörigen Tiefgangprüfung mit Vintage Cultures „Hollywood“. Dabei stellen wir fest, dass der Sony-Kopfhörer hier gleich mit kräftigem Druck den Kickbass in Szene setzt, obenrum fehlt es uns ein wenig an Brillanz. Hierbei können die Equalizer-Einstellungen Abhilfe liefern. Die Tiefen wirken sehr präzise und stark dargestellt und hüllen elegant die Ohren ein. Beeindruckend hierbei ist, dass auch bei dem Anspruch, den „Hollywood“ an die Tieftöner setzt, der Kopfhörer keineswegs dröhnt oder durchschlägt. Ebenso werden die Voice Samples und die anderen Synthesizerklänge noch deutlich präsentiert, und auch wenn der Bass kraftvoll erscheint, treibt er den Rest des Tracks nicht in den Hintergrund. Auch beim Aurosonic Overdrive Mix von Orjan Nilsens „So Long Radio“, einem sehr aggressiven Progressive Track, zeigt der WH-1000XM3 seine enormen Bassqualitäten, beweist aber Zurückhaltung, wenn es darum geht, atmosphärische Klänge darzustellen. Alles in Allem bietet der Kopfhörer zumindest bei den bisherigen Beispielen aus der elektronischen Musik bravourös druckvolle Bassstärke, spielt aber die anderen Klangebenen nicht an die Wand und bewahrt so eine ausgeglichene Soundpräsentation, die Laune macht.
Wollen wir doch einmal schauen, ob die Komponente auch bei harmonischeren Klängen zu überzeugen weiß und spielen „Apotheosis“ aus dem Journey-Soundtrack von Austin Wintory zu. Was uns anfangs gleich auffällt, ist die vielseitige, voluminöse Darstellung des Orchesters. Alle möglichen Instrumente werden präsent dargestellt und kommen zur Geltung. Als das Stück dann schneller wird, wirken die Streicher präzise, klingen sehr angenehm und neigen auch nicht dazu, spitz zu werden. Stellenweise und besonders bei hohem Pegel wirken die tiefen Frequenzen ein wenig überbetont und greifen etwas negativ in die höheren Frequenzbereiche ein. Wenn wir die Lautstärke wieder etwas senken, ist der Effekt nicht mehr so extrem und man hört die Streicher wieder deutlicher und wohlklingender heraus. Bei sehr hohen Pegeln werden die einzelnen Klänge nicht mehr absolut sauber voneinander getrennt. Am Ende des Stückes wird allerdings deutlich, dass der Sony sehr fähig ist, ein räumliches und atmosphärisch dichtes Orchester darzustellen, welches an Klangkraft eindrucksvoll zu überzeugen weiß.
Beim Klassiker „Short Change Hero“ von The Heavy klingen der Chor und die Gitarre zwar einzeln betrachtet etwas zurückhaltend, zusammen mit der Pauke jedoch setzen diese effektiv die Stimmung für den Rockklassiker. Wenn dann das eigentliche Lied einsetzt, beeindruckt wieder die deutliche Zeichnung des Basses. Auch im Refrain ist die Bassgitarre ein permanenter, prominenter Begleiter, der jedoch harmonisch zusammen mit dem Gesang inszeniert wird und so zu einer echten Gute-Laune-Nummer wird. Gut gefällt auch das Schlagzeug, welches sich sehr elegant in das Gesamtgefüge hineinschleicht und so dem Zuhörer den treibenden Rhythmus näher bringt. Insgesamt eine sehr homogene und stimmige Leistung des Sony-Kopfhörers. Wenn wir bei rockigen Gute-Laune-Liedern bleiben wollen, liefert „Ain’t No Rest For The Wicked“ von Cage The Elephant eine weitere unterhaltsame Nummer, bei der der Sony die akustischen Gitarren gekonnt aufspielen lässt, auch wieder gut in Kombination mit der Bassgitarre, die deutlich zu hören ist und für Stimmung sorgt. Positiv auffallend ist hier auch die äußerst angenehm aufspielende E-Gitarre, die zusammen mit dem Gesang klangstark aufspielt und für ein dynamisches und lebendiges akustisches Erlebnis sorgt.
Zu guter Letzt gönnen wir uns noch die slawischen Klänge des Soundtracks zu The Witcher 3: Wild Hunt von Marcin Przybylowicz. Beim elfisch inspirierten Stück „Aen Seidhe“ beweist der WH-1000XM3, dass er in der Lage ist, eine Vielzahl an instrumentalen Klängen wohlklingend, nicht spitz und eindrucksvoll zu präsentieren. Vor allem als dann die Vocals einsetzen, gewinnt das Stück sehr an Macht, weil man sich wirklich vorstellen kann, wie sich die Performer räumlich vor einem befinden. Auch die später vertretenen Streicher werden gekonnt in das Klangbild eingefügt. Bei dem deutlich voluminöseren Song „Silver for Monsters“ können wir das Gleiche feststellen: Eine kräftige Darstellung des Orchesters, bei dem vor allem die Instrumente vielseitig zur Geltung kommen und das Gesamtklangbild ausdrucksstark inszeniert wird. Hier fällt uns allerdings erneut die kleine Schwäche auf, nämlich dass durch die Prominenz der tiefen Frequenzen eine leichte Überbetonung der höheren Frequenzen passieren kann, bei dem gerade bei hohen Lautstärken z.B. Gesang im Hintergrund nicht mehr mit der entsprechenden Aufmerksamkeit versehen wird. Zumindest sofern es sich um ein komplexeres Stück handelt. Nichtsdestotrotz sind wir insgesamt von der Räumlichkeit und dem Klangvolumen des Sony-Kopfhörers sehr beeindruckt und können nicht leugnen, dass er durch seine Vielseitigkeit für exzellente Stimmung sorgen kann, auch wenn die Höhen gelegentlich etwas in den Hintergrund treten.
Konkurrenzvergleich
B&W PX: In ähnlicher Preisklasse, aber etwas teurer bei 399 EUR, befindet sich der PX Bluetooth-Kopfhörer aus dem Hause Bowers&Wilkins. Auch dieser wartet mit effektivem, aktivem Noise Cancelling auf und bewahrt dabei ein authentisches und direktes Klangbild. Tragekomfort hat er ebenfalls zu bieten sowie eine vielseitig nutzbare App, um das Klangerlebnis nach Belieben zu regulieren. Einzig die Akkulaufzeit von 22 Stunden ist nicht ganz optimal
Beyerdynamic Aventho Wired: Mit hochwertiger Materialqualität und Verarbeitung trumpft der Aventho Wired von Beyerdynamic für 329 EUR auf. Außengeräusche werden von ihm gut abgeschirmt, er spielt kraftvoll und dynamisch auf. Gerade bei der Darstellung von Gesang weiß er, zu überzeugen. Allerdings gibt es hierbei keine Multimedia-Funktionen und kein aktives Noise Cancelling, der Aventho setzt exklusiv auf hohe Verarbeitungskunst und ein vollwertiges Klangerlebnis.
Fazit
Sony WH-1000XM3
Mit dem WH-1000XM3 schickt Sony einen vor allem auf den tiefen Frequenzen starken Kopfhörer ins Rennen, der es grandios versteht, ein räumliches Klangbild abzubilden, bei dem man sich „mittendrin“ in der Musik fühlt und mehrere verschiedene Instrumente präzise und angenehm dargestellt werden. Dem einen oder anderen könnte es ein wenig an Mitten- und Höhenbrillanz fehlen, aber man kann ggf. über den Equalizer etwas nachhelfen. Denn vielseitig einsetzbar ist der XM3 über seine Gestenfunktion und die Kopplung mit der hauseigenen Headphones-Connect-App in jedem Fall, nicht zuletzt mit der effektiven und regulierbaren Rauschunterdrückung. Auch sonst zeigt sich der Sony mit solider Verarbeitung und sehr eleganter Optik. Besonders erwähnt werden soll an dieser Stelle nochmal der hohe Tragekomfort, gerade an den Ohren, auch die Akkulaufzeit von 30 Stunden ist nicht zu vernachlässigen.
Solide Verarbeitung, bequemer Sitz und Stimmung beim Musikerlebnis – der Sony WH-1000XM3 kann überzeugen

Over-Ear-Kopfhörer Obere Mittelklasse
07.03.2019
Test: Michael Kind
Datum: 07.03.2019
Tags: Kopfhörer • Sony