TEST: Marantz PM8006 - puristischer Stereoverstärker mit sorgfältigem Aufbau

Der Marantz PM8006 ist ein konsequent analog aufgebauter Stereoverstärker der alten Schule, der noch direkt in Japan mit Sorgfalt und Liebe zum Detail produziert wird. Kostenpunkt für das mit ausgewählten Baugruppen bestückte Gerät sind rund 1.150 EUR. Bei den Farben hat der geneigte Kunde die Wahl zwischen Schwarz und Champagnergold. Der Stereo-Vollverstärker mit Stromgegenkopplung erzielt an 8 Ohm 2 x 70 Watt Leistung (nach RMS) und bringt für den Vinyl-Liebhaber eine "Marantz Musical" Phono-EQ-Stufe (Phono MM) mit, die größtmögliche Signalreinheit und minimales Rauschen garantiert. Die für dieses Gerät neu entwickelte Lautstärkeregleung ermöglicht eine extrem hoch liegende Linearität und eine exakte Kanaltrennung. 

Nur analoge Anschlüsse: Phono MM, Pre-Out für externe Endstufe, Cinchterminals für CD, Network, Tuner, Aux. Recorder, zudem Audio-Out

Lautstärkedrehregler

Links der Quellwahlregler

Drehregler für Bässe, Mitten, Höhen und Balance

Enge, gleichbleibende Spaltmaße

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Fast optimal, nur im Detail minimale Ungenauigkeiten bei den Passungen

Kupferschrauben

Seitliche Ansicht

Die Verarbeitung erfreut durch und durch. Auf der sauber verarbeitete Frontblende findet sich kein Display, der aktuelle Eingang wird durch eine blau leuchtende LED angezeigt. Zwei große Drehregler, links für die Quelle, rechts für die Lautstärke, fungieren als beherrschende Elemente auf der Gerätefront. Leider ist der Lautstärkeregler nicht gerastert, er läuft aber einigermaßen rund und eiert nicht zu stark. Auf der Front befinden sich im zentralen unteren Bereich noch drei Drehregler für Bässe, Mitten und Höhen. Hinzu kommt als vierter Regler einer für die Balance.

Gerätestandfüße

Besonders hochwertige Lautsprecherkabel-Anschlüsse

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Vergoldete analoge Anschlussbuchsen, kein XLR

Rückseite komplett

Auch ein Kopfhörerausgang mit 6,25 mm ist vorhanden. Unter dem PM8006 sorgen silberne, große Standfüße für soliden Halt. Die dreifach verstärkte Bodenplatte eliminiert störende Vibrationen effektiv. Die Kupferschrauben an der Seite beweisen, dass man in Japan auch aufs Detail geachtet hat. Weitere Belege dafür erkennt man auf der Rückseite: Marantz vertraut hier nicht auf irgendwelche Lautsprecher-Anschlussterminals, sondern verbaut zwei Paar der original Marantz SPKT-1+ Terminals - mit A/B-Umschaltung. Zudem sind alle Ein- und Ausgänge vergoldet und daher extrem kontaktsicher.

Im Lieferumfang befindet sich zudem eine Fernbedienung im typischen Marantz-Design, die einfach hinsichtlich der Handhabung ist. Sie wirkt nicht extrem hochwertig, wirkliche Mängel hinsichtlich Verarbeitung und Materialgüte lässt sie sich aber genausowenig nachsagen.

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Innenleben komplett

Ringkerntransformator

Im Inneren arbeitet der doppelt abgeschirme Ringkerntransformator, der auch unter schwierigen Bedingungen stets eine optimale Stromlieferfähigkeit ermöglicht. Weitere Marantz-Spezialitäten finden sich im sehr aufgeräumten Innenleben, die wir natürlich genauer vorstellen möchten.

Marantz-eigener Elektrolyt-Kondensator

Hochwertiger Kühlkörper

Die Verstärkung durch Stromgegenkopplung wurde von Marantz selbst entwickelt, um hochauflösende Musik ausgezeichnet wiedergeben zu können. Die Impedanz am Stromgegenkopplungspunkt ist begrenzt, dadurch kommt es lediglich zu einer sehr kleinen Phasenverschiebung. Das hat zur Folge, dass Marantz Verstärker mit dieser Technologie die Notwendigkeit einer Phasenkompensation über eine negative Rückkopplung (Negative Feedback - NFB) auf ein Minimum herabsetzen. Das wiederum ermöglicht die Vereinfachung des Signalweg - mit dem Resultat einer besseren Durchsatzrate, die von einem hervorragenden Einschwingverhalten und einem besonders transparenten Klang begleitet wird. Der Marantz-spezifische Aufbau mit Stromgegenkopplung sorgt für eine große Unempfindlichkeit der Leistungsverstärker bezüglich komplexer Lautsprecherlasten. 

Überdies sorgt die Marantz Hyper Dynamic Amplifier Module (HDAM) Technologie für Furore. Die patentierten HDAM-SA3-Schaltkreise sind für eine breite und dynamische Klangbühne mit extrem geringer Verzerrung verantwortlich. Die im PM8006 verbaute HDAM-Variante entspricht der besonders hochwertigen SA-3-Variante. 

Wenden wir uns nun dem eingangs erwähnten Marantz Musical Phono EQ (für Phono MM Signale) zu. Marantz spricht hier mit Stolz von "einer der höchstentwickelten Phono-Vorstufen in der Branche überhaupt" - einen zusätzliche Kosten verursachenden Phono Vorverstärker braucht man demnach nicht mehr. Der PM8006 ist das erste Modell mit dieser aufwändigen Phono-Vorstufe, die technisch gesehen die schon eben vorgestellten HDAM-Module mit Junction Gate Field Effect Transistors (JFETs) kombiniert. Auf diese Weise wird die Impedanz erhöht, und der Signalweg kann vereinfacht werden: Kopplungskondensatoren braucht man nicht. Die zweistufige Verstärkung der Phono-Vorstufe verarbeitet die extrem kleinen Signalpegel, die von Tonabnehmern erzeugt werden, mit geringstmöglicher Verzerrung. Für eine enorme Präzision verbindet Marantz bei der Wiederangleichung der RIAA-Kurve (Platten-Standard der Recording Industry Association Of America) aktive und passive Sektoren. Die RIAA-Korrektur wird in einem HDAM vorgenommen, die Verstärkung übernimmt ein absolut präziser Class A Operationsverstärker - das sorgt für lediglich minimale Verzerrungen. 

Klang

Infected Mushroom - Deeply Disturbed: Das ungewöhnliche elektronische Musikstück liegt dem PM8006 ohne Zweifel. Das Intro ertönt detailreich und räumlich dicht, die Auflösung ist auf hohem Level. Als dann der Bass einsetzt, geben die analogen Endstufen reichhaltig Leistung ab. Dabei wirkt der Bassbereich nicht übertrieben, sondern fundiert, angemessen und präzise. Insgesamt eine tadellose Leistung, nur fehlt irgendwie der satte, massive Eindruck etwas - ein eher subjektives Empfinden des Testers, objektiv leistet sich der PM8006 keinen Fehler, wir können uns aber vorstellen, dass ihm anders geartetes Quellmaterial mehr liegen dürfte.

Eva Cassidy - Ain't No Sunshine: Hier kommt es auf eine charismatische, genau den Punkt treffende Wiedergabe an - und der PM8006 erzielt ein ausgezeichnetes Ergebnis. Kleine dynamische Unterschiede arbeitet er ebenso gut heraus wie große Dynamiksprünge. Die Stimme Evas begeistert hinsichtlich der exakten Konturen, was zu einer intensiven Wirkung des gesamten Stücks führt, das wesentlich von der beeindruckenden vokalen Präsent Evas getragen wird. Die Instrumente ertönen aufgeräumt und kultiviert, trotzdem ist stets eine lebendig Ausprägung hörbar. Das Klavier wirkt tonal minimal zu hoch, aber das ist "Meckern auf höchstem Niveau". Die Räumlichkeit der gesamten Darbietung wird als authentisch wahrgenommen. Die Leistungsreserven des PM8006 reichen auch für den 30 Quadratmeter-Hörraum aus. 

Tom Jones - Did You Trouble Me: Das schwierig zu handhabende Stück bereitet dem talentierten Marantz kaum Probleme. Die enorme Dynamik innerhalb von Toms Stimme, das solide, exakte Bassfundament, stets hör- und spürbar, sorgt hier für einen enormen Hörspass. Der PM8006 schafft es vorzüglich, den Zuhörer zu einer mitreißenden Hörsession einzuladen: Klar, kraftvoll, erneut mit dichter Räumlichkeit versehen: Der Vollverstärker spielt aus akustischer Perspektive klar über seiner Preisklasse, so kultiviert, zugleich aber direkt, impulsiv und voller Esprit.

007-Titelsongs instrumental gespielt mit klassischen Instrumenten, The Royal Philharmonic Orchestra, For Your Eyes Only: Schon der Anfang überrascht durch die enorm vereinnahmende Art der Wiedergabe. Der PM8006 zieht mit dieser dichten, emotionalen Präsentation den Zuhörer direkt in seine Bann. Nüchterner ausgedrückt, schafft der PM8006 eine gelungene Kombination aus einer umhüllenden Räumlichkeit, einer sauber gestaffelten Dynamik und einer enormen Tiefe bei der Detaillierung. Wie gut die Streicher selbst bei gehobenem Pegel herauskommen, verdient uneingeschränkte Anerkennung. Die Herausarbeitung der teils deutlichen Dynamiksprünge gelingt dem Marantz vortrefflich, sodass der Zuhörer richtig "mitfiebert". Tonal ist der PM8006 deutlich frischer, forscher und spritziger abgestimmt als ältere Marantz Stereovollverstärker, ohne zu aggressiv oder zu fordernd aufzutreten.

007-Titelsongs instrumental gespielt mit klassischen Instrumenten, The Royal Philharmonic Orchestra, Living Daylights: Dieser Titel gefällt uns besonders gut, vor allem wegen der überragenden Präsentation der Blechbläser: Hier stimmt jeder Ton, der PM8006 formt eine äußerst lebendige klangliche Kurve, an der man als Zuhörer gespannt hängt. Einzelne kurze instrumentale Einsätze modelliert der PM8006 sauber und impulstreu heraus, unten herum steht immer ein kräftiges, aber nie überzogenes Fundament bereit, das sich auch bei hohen Lautstärken nicht negativ verändert. Diese Mischung aus Spritzigkeit und kultivierter Souveränität ist es, die den Marantz bei diesem Klangbeispiel ausmacht. Zugleich lässt er es auch hier nie an Räumlichkeit fehlen, die in Weite und Tiefe präzise definiert ist. 

Antonio Vivaldi, Vier Jahreszeiten, erstes Allegro, "Der Frühling": Gerade steigen die Temperaturen, die Sonne scheint, der Frühling scheint sich schon anzukündigen. Daher fiel unsere Wahl auf den beeindruckenden Auftakt von Vivaldis monumentalem Werk. Und der Marantz geht voll mit: Wieder arbeitet er ein differenziertes dynamisches Geschehen heraus und lässt die Wiedergabe dadurch besonders geschlossen und authentisch erscheinen. Die Streicher sind wiederum so gut abgestimmt, dass man die Luftigkeit, die Brillanz und die Transparenz sofort hört und spürt. Zugleich aber haut der PM8006 dem Zuhörer nicht eine unangenehme Schärfe um die Ohren. Er bleibt stets auf der sicheren Seite, lässt aber keine auf der Tonspur enthaltene Emotion nutzlos verstreichen, sondern zieht das Audiotorium durch seine präzise, direkte Spielweise in seinen Bann. 

Within Tempation - The Howling: Nach ruhigem Intro geht es brachial zur Sache - und der PM8006 erzielt die beste Leistung im gesamten Check ausgerechnet hier. Eine Gangart, die älteren Marantz Stereo-Vollverstärkern gar nicht gelegen hat, nötigt den PM8006 zu einer überwältigen Performance, die manchen deutlich teureren Konkurrenten alt aussehen lässt: Ungemein pegelfest - was allein natürlich nicht ausreicht -, zugleich kontrolliert, fesselnd, voller Kraft. Diese Mischung macht es - man ertappt sich immer wieder dabei, wie man mit viel höherer Lautstärke hört, als man eigentlich wollte. Man befindet sich im Epizentrum des musikalischen Geschehens, fiebert bei jedem Anschwellen der Dynamik mit und wundert sich über die enorme Belastbarkeit der analogen Endstufen. 

Konkurrenzvergleich

Marantz PM7000N: Natürlich werden Analog-Fans entsetzt aufschreien, wie wir einen solchen Vergleich überhaut ziehen können - aber für uns ist er mehr als legitim. Der PM7000N klingt keinesfalls schlechter, verfügt zudem über eine leistungsstarke Digitalsektion und über ein Heos-Streaming-Modul. Er sieht, unter anderem dank des großen, gut ablesbaren Displays, auch richtig gut aus und kostet mit rund 1.200 EUR nicht einmal mehr Geld.

Cambridge Audio CXA-81: Mit 1.199 EUR praktisch gleich teuer wie der Marantz PM8006, entpuppt sich der optisch attraktive britische Stereoverstärker als äußerst hochwertig aufgebaute Komponente mit zentral angeordnetem Ringkern-Transformator. Auch er ist anschlussseitig mit einer digitalen Sektion ausgestattet und im Inneren arbeiten präzise D/A-Wandler. Auch an analogen Schnittstellen ist bis zu XLR schlichtweg alles vorhanden. Bluetooth befindet sich ebenfalls im Ausstattungsumfang. Mit einem fundierten, zugleich dynamischen Klang setzt sich der CXA-81 akustisch sehr gut in Szene, die homogenen, nahtlosen Übergänge beherrscht der Marantz noch eine Idee besser, während der CXA-81 bei hohem Pegel noch minimal souveräner erscheint. 

Yamaha A-S801: Mittlerweile nicht mehr neu erhältlich, war der Stereoverstärker für 899 EUR akustisch detailreich und frisch. Fürs Geld überzeugt zudem die Güte der Baugruppen: ESS D/A-Wandler und das Yamaha ToP-ART-Konzept sorgen für eine ideale Basis. Auch der sorgfältig Aufbau innen hat uns überzeugt. Prima fanden und finden wir auch die flexiblen Einsatzmöglichkeiten, so bringt der A-S801 eine umfangreich ausgestattete Anschlusssektuion mit, unter anderem gibt es optische und koaxiale Digitaleingänge und auch einen USB-Eingang: Den Yamaha kann man auch als USB-DAC verwenden. 

Fazit

Der Marantz PM8006 präsentiert sich als äußerst hochwertig verarbeiteter, rein analoger  Stereovollverstärker, der klar auf die Klientel der Vinylliebhaber und klassischen Disc-Freunde abzielt. Das Konzept wird nie alt, trotz aller Streaming-Optionen und der Möglichkeiten des digitalen Anschlusses verschiedener Quellen. Puristisch und ursprünglich, konzentriert sich der PM8006 voll darauf, einen dichten, fesselnden, detailreichen und zugleich kultivierten Klang zu erzeugen.

Klanglich fesselnder, rein analoger Stereovollverstärker zum fairen Kaufpreis

Stereoverstärker bis 1.500 EUR
Test vom 25. Februar 2021

 

Test: Carsten Rampacher
Fotos: Philipp Kind
Datum: 25. Februar 2021

 

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