TEST: Samsung Galaxy S7 Edge - Das aktuelle Samsung-Flaggschiff im Praxis-Check
Mit viel Spektakel wurde das neue Samsung Flaggschiff in Barcelona vorgestellt. Der Härtetest klärt nun, wie viel von den Versprechungen auf der pompösen Präsentation auch dem Praxistest standhalten.
4.800 (!) Spektanten, jeweils mit einer VR-Brille ausgestattet, blickten beim Unpacked Event am Vortag des vergangenen Mobil World Congress auf eine große Quader-Bühne, auf der Samsungs neue Smartphone-Elite gezeigt wurde. Die Koreaner zelebrieren diese Show mittlerweile wie ein Konzert – Promis wie Mark Zuckerberg inklusive.
Doch nun ist der beeindruckende Showteil vorbei und das Samsung Galaxy S7 EDGE muss den im Praxistest bestehen.
Man muss schon genauer hinsehen, um zu erkennen, dass man das neue S-Klasse-Modell in den Händen hält, denn das Designkonzept wurde beim Edge nahezu 1:1 übernommen: Viel Gorilla Glas 4 plus ein Metallrahmen in einem Unibody-Korpus. Die Optik ist somit genauso edel wie beim Vorgänger, hat aber einen klaren Vorteil, denn es ist nun IP68 zertifiziert und kann daher auch einen Tag am Strand oder einen kurzen Tauchgang in der Badewanne überstehen. Die Rückseite schließt zudem nun fast ebenmäßig mit dem Gehäuse ab und rundet das stimmige Gesamtbild hervorragend ab. Klar: Ewas mehr optische Eigenständigkeit wäre wünschenswert gewesen.
Rückseite des S7 Edge
Das Display ist gegenüber dem Vorgängermodell auf 5,5 Zoll gewachsen. Samsung entschied sich allein für dieses Format und es soll künftig auch keine weiteren Edge-Varianten mehr geben. Der Touchscreen selbst ist wieder eine qualitative Offenbarung, denn es gibt nur wenige Displays, die in den Kategorien Auflösung (4k), Brillanz, Farbwiedergabe und auch Helligkeit mithalten können. Letztere liegt jetzt bei maximal 471,2 cd/m² und ist somit noch besser gegen Sonnenlicht gewappnet. Auch die Blickwinkelstabilität wurde nochmals optimiert – eine referenzwürdige Vorstellung!
Auf der ersten Präsentation in Barcelona lag der Fokus ganz klar im Bereich Kameraqualität, denn in diesem Punkt soll das S7 Edge neue Maßstäbe setzen. Das betrifft aber nicht die Megapixel-Auflösung, denn die Hauptkamera hat „nur“ noch 12 statt 16 Megapixel. Was eine gute Smartphone-Kamera aber letztendlich auszeichnet sind Aufnahmen bei Schwachlicht und hier zeigt das Gerät tatsächliche große Stärke. Selbst bei sehr gemäßigtem Lich sind zumindest bei kurzen Distanzen noch erstaunliche Aufnahmen möglich, was auch am ultraschnellen und cleveren Autofokus liegt. Hauptgrund sind die größeren Pixel des Bildsensors, die mehr Licht einfangen können. Erst am Fotorand merkt man, dass hier ein wenig getrickst wird, denn in den Ecken wird es leicht schwammig. Bei Tageslicht und in geschlossenen Räumen gelingen zudem auch bei weiteren Distanzen brillante Fotos quasi aus der Hüfte.
Aufgenommen mit dem S7 Edge
Innenaufnahme
Obendrein gibt es eine gute 5-Megapixel-Frontkamera und einen soliden 4K-Camcorder. Die Kamera lädt zudem zum Spielen ein, denn es gibt neben vielen Einstellungsmöglichkeiten auch tolle Aufnahmemodi, wie 360 Grad Aufnahmen, SlowMo oder „Essen“. Kurzum: Wer das S7 Edge besitzt, braucht keine Einsteigerkamera mehr mitschleppen.
Erfreulich ist ferner, dass auch das Speicherplatzproblem gelöst wurde, denn das S7 hat – endlich – einen microSD-Slot. Das ist umso wichtiger, da es nur eine 32 GB Version gibt, von denen rund 24 GB zur freien Verfügung stehen.
Auch abseits der Kamera präsentiert sich das neue Flaggschiff in allen Bereichen luxuriös, inklusive vielen Samsung-exklusiven Apps und Inhalten sowie modernster Konnektivität: LTE Cat 9, WLAN ac mit MIMO, NFC sowie Bluetooth 4.2. Nur auf die Infrarotschnittstelle wurde verzichtet, wobei es aber ohnehin schon gute App-Multimedia-Lösungen als Alternative gibt.
Im Bereich Bedienkomfort präsentiert sich auch das neue S-Modell wieder erfinderisch. So gibt es wie bei LG auch ein Always-on-Display (AoD). Dadurch hat der Nutzer permanente Sicht auf wichtige Informationen, wie Uhrzeit, Datum und Akkustatus. Auch kleine Fotos lassen sich auf Wunsch einblenden.
Seitliche Ansicht
Das innovative Kanten-Display mit „Edge UX“ als erweitertes User Interface wurde erfreulicherweise deutlich erweitert. Mit einem Wisch über die rechte oder linke Kante hat der Nutzer Zugriff auf mehrere Menüebenen mit Shortcuts zu den wichtigsten Kontakten, ausgewählte Apps, Grundfunktionen, wie Taschenlampe oder SMS. Praktisch: Bei ausgeschaltetem Display lassen sich per Streicheln auch ungelesene Nachrichten oder zurückgelegte Schritte abrufen und ab einer festgelegten Uhrzeit aktiviert sich auch die seitliche Nachtuhr. Einziger kleiner Haken: Dieses Feature kostet laut Hersteller rund 1% Prozent Akkuverlust pro Stunde.
Die Kamera braucht man hingegen nicht zu hinterlegen, denn mit einem Doppelklick auf die Home-Taste wird der Knipser sofort aktiviert. Auch der Fingerprintleser im Home-Button ist wieder dabei, wobei er seinen Job zufriedenstellend erledigt – eine Steigerung gegenüber dem Vorgängermodell können wir allerdings nicht feststellen.
Ansonsten beherrscht das S7 Edge die komplette Android 6.0 Klaviatur in einem durchgehend hohen Tempo aus dem Effeff. Schön zudem, dass die mitunter penetrante Bloatware stark eingedämmt wurde.
UI-Screenshot
30% mehr Performance und im Bereich Grafik-Anwendungen sollen es im direkten Vergleich zum Vorgängermodell sogar über 60% sein. So Samsungs offizielle Zahlen. Fakt ist auf jeden Fall, dass das S7 Edge mit seinem Achtkern-Prozessor Exynos 8890, 2.600 MHz Taktung und 4 Gigabyte ein Monster-Performer ist. Damit diese potente 64 Bit Architektur das Gehäuse nicht zu stark aufheizt – was ja auch eine Leistungsbremse ist – verpassten die Macher dem Smartphone wie beim Microsoft Lumia 950 XL sogar eine integrierte Wasserkühlung.
Nach dieser Glanzvorstellung sind die anderen Messwerte leider eher durchschnittlicher Natur. Der Akku soll mit 3.600 Milliamperestunden (mAh) laut Hersteller ein Drittel stärker als vom S6 Edge, doch im Praxistest erreichte das S7 Edge in mehreren Testzyklen nur eine Rufbereitschaft von ca. drei Tagen. Wer mehr Saft haben möchte, muss mit den Energiesparmodi herumexperimentieren. Immerhin ist die Ausdauer bei Nonstop-Nutzung mit rund zehn Stunden dafür besser geworden.
Das Kapitel Sound wurde von den Entwicklern leider wieder stiefmütterlich behandelt. Es bleibt beim Mono-Lautsprecher, der sich im Rahmen unterhalb des Displays befindet. Die Spielfreude ist zwar gut, doch ein lebendiges Klangerlebnis wie beim HTC One oder Sony Z stellt sich hier wieder nicht ein. Samsung, springt doch endlich mal über Euren Schatten! Einen Rückschritt gibt es sogar bei der Sprachqualität. Zwar wird eine noch recht gute Performance abgeliefert, mit dem S6 kann es aber nicht mithalten.
Fazit
10 Millionen Geräte mehr verkauft als prognostiziert – Samsung hat offensichtlich vieles richtig gemacht beim S7. Die Stärken sind auch nicht von der Hand zu weisen: Mega-Performance, eine der besten Smartphone-Kameras, grandioses „Eckdisplay“ und zudem ein paar wirklich sinnvolle Verbesserungen, wie der Speicherkarten-Slot und IP68 Zertifizierung. Leider zeigen sich beim Sound ein paar Schwächen und der angepriesene Akku hält nicht ganz das, was versprochen wurde.
Exzellentes Top-Smartphone mit wenig Schwächen
13.04.2016
+ Exzellentes Display
+ Makellose Ausstattung
+ Lupenreine Performance
- Nur ein Mono-Lautsprecher
- Mittelprächtige Akustik
Test und Fotos: Ulf Schneider
Datum: 13.04.2016
Tags: Samsung • Smartphone