TEST: HTC 10 - Zurück zu alter Größe?

Neuanfang mit schlichtem Namen: Nach mehreren Flops verpassten die Taiwaner dem neuen Topmodell ein komplettes Facelift. „One“ scheint Geschichte zu sein. Das anfangs (zurecht) gefeierte Flaggschiff schwächelte zuletzt wiederholt und der bereits zwischenzeitig schwer angeschlagene Konzern ist daher wieder gezwungen sich neu auszurichten, um nicht von einem anderen Konzern geschluckt zu werden.

Das wäre traurig, denn HTC steht für Qualität und Innovationen - und war mit dem T-Mobile G1 sogar der erste Produzent eines Android-Smartphones. Der TK-Markt zeigt wieder einmal, wie brutal es auf dem Mobilfunk-Parkett zugeht. Auf eine stolze Tradition wird da keine Rücksicht genommen.

HTC gehört zu den ersten Firmen, die auf edlen Aluminium-Unibody setzten, so auch diesmal wieder. Und man sieht dem HTC 10 auch an, dass die Taiwaner damit große Erfahrungen haben, denn die seitlich scharf angeschliffene Rückseite umschließt das Smartphone sauber bis zur Glasfrontseite – eine makellose Vorstellung. Schade nur, dass die Glassfront nicht wirksam gegen Druckstellen schützt. Die gebürstete Rückseite gibt es in drei Varianten: Schwarz, Silber und Gold, wobei es den Machern aber nicht ganz gelang, dass Kameraobjektiv ebenmäßig zu gestalten. Da aber alle Tasten und der der nanoSIM/microSD-Karten-Slot sauber platziert sind, wirkt das HTC 10 wie aus einem Guss – bei dieser Preisklasse darf man allerdings auch nichts anderes erwarten und die Konkurrenz hat im Unibody-Bereich kräftig nachgezogen.

Erwartungsgemäß präsentiert sich auch der Touchscreen technisch auf hohem Niveau. So löst das 5,2-Zoll-Display in QHD (2.560 x 1.440 Pixel) auf. Allerdings vertraut HTC weiterhin der LCD- statt der OLED-Technologie. Dadurch wird zwar ein Topwert im Bereich Schärfe erreicht, doch bei der Farbsättigung, Helligkeit und enttäuschender Weise auch beim Kontrast spielt der Fernöstler nicht in der ersten Liga mit – es fehlt einfach das Wow-Erlebnis, was in dieser Preisklasse eigentlich gegeben sein sollte.

HTC 10 Foto

Aufgenommen mit der Kamera des HTC 10

Bei der Hauptkamera mit 12-Megapixel-Auflösung und Laser-Autofokus setzen die Macher erneut auf die von HTC entwickelte Ultra-Pixel-Technologie, um größere Pixel (1,55 Pixel) zu ermöglichen. Auf diese Weise wird die Lichtempfindlichkeit erhöht. Im Praxistest leistet der Knipser tatsächlich auch bei Kunstlicht und bei weiten Distanzen noch für vernünftige Schnappschüsse mit natürlicher Wiedergabe und guter Brillanz. Im direkten Vergleich zu aktuellen Flaggschiffen, wie das Samsung Galaxy S7 wird die Kamera aber auf die Plätze verwiesen, da es bei Dämmerung oder anders gearteten schwachen Lichtverhältnissen schlechter abschneidet und nicht so variabel einsetzbar ist. Dafür gibt es aber bei 4K-Videoaufnahmen eine Zeitlupenfunktion sowie einen Profi-Modus, der auch das RAW-Format unterstützt – für experimentierfreudige Kamera-Nutzer eine feine Sache. Da auch die 5-Megapixel-Frontkamera - erstmals mit einem Bildstabilisator - für Selfies überzeugen kann, ist HTC unter dem Strich ein Schritt nach vorne geglückt.

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Bei den Datenschnittstellen gibt HTC Vollgas, denn es werden alle Datenbahnen mit bester Bandbreite unterstützt. Dank USB 3.1 mit Quick-Charge-Funktion wandern Daten besonders schnell von einer Hardware zur nächsten und für die kabellose Audioübertragung unterstützt das HTC 10 auch AirPlay. Das bewährte UK-Radio fiel hingegen dem Rotstift zum Opfer.

Clever ist der neue Boost+ Systemoptimierer, der dafür sorgt, dass der Speicher und Cache automatisch geschont wird, um die Akkulaufzeit zu optimieren.

Der interne Speicher mit 32 GB lässt sich mittels microSD-Karte erweitern und wird ab Werk mit rund 9 GB vom Betriebssystem belegt.

Der Home Button unterhalb des Display ist gleichzeitig ein Fingerabdrucksensor, der seinen Job schnell und zuverlässig erledigt, wenn der Finger trocken ist und sauber platziert wird. Die beiden Standard-Sensortaste nebenan treten nur optisch in Erscheinung, wenn man drauf tippt – es dauert eine Weile bis man sich daran gewöhnt hat.

HTC 10 Screenshot

Android 6.0 dient als Betriebssystem

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Das HTC 10 arbeitet mit dem aktuellen Android 6.0 Marshmallow und der eigenen Oberfläche HTC Sense, was im Alltag für eine reibungslose Handhabung mit vielen Personalisierungsmöglichkeiten sorgt. Das liegt auch daran, dass die Taiwaner dem allgemeinen Trend folgen und die Benutzeroberfläche ab Werk nicht mit Apps vollstopft. HTC verzichtet sogar auf viele eigenen Software-Angebote und setzt stattdessen auf bewährte Angebote von Google oder Green IT. Es gefällt zudem, dass der Standby-Betrieb durch ein doppeltes Klopfen auf das Display beendet werden kann. Apropos Standby: Der Nutzer kann mit Hilfe von Ice View diesen sehr variabel managen, inklusive was im Sperrbetrieb angezeigt wird und was im Verborgenen bleibt.

Geradezu verschwenderisch ist zudem, dass gleich zwei Startbildschirmen zwei fixe Funktionen haben: Eine grafisch unterstütze Suchfunktion und eine E-Zeitschrift á la Flipboard.

Interessanter Trend: Einige Hersteller setzen wieder auf QuadCore-CPUs statt auch acht Kerne. Dafür ist aber die restliche Architektur erlesen. Im Falle des HTC 10 handelt sich um den aktuellen Snapdragon 820. Zwei der vier Kerne arbeiten mit bis zu 2,2 GHz und zwei mit maximal 1,6 GHz. Mit 4 GB Arbeitsspeicher und dem Grafikrechner Adreno 530 ist das Gerät auf alle Fälle potent bestückt, sodass im Alltag keinerlei Probleme auftreten. In dieser Disziplin kann das Flaggschiff daher mit anderen Spitzenmodellen locker mithalten.

Rückseite

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Das trifft auch auf die Akkuleistung zu. Im Praxistest reicht die Nonstop-Rufbereitschaft für fünf volle Tage aus, was bei einer moderaten Nutzungsintensität ein klar überdurchschnittlicher Wert ist. Schön zudem: Dank schneller USB-C-Schnittstelle meldet der 3.000 mAh-starke Akkublock nach rund zwei Stunden wieder eine Vollaufladung.

Beim Thema Sound stellt sich das HTC 10 gegenüber den One-Modellen komplett neu auf, denn es werden auf die beiden Front-Lautsprecher verzichtet – leider! Stattdessen verlassen sich die Macher allein auf die BoomSound-Technologie mit 2-Wege-System und einem Mono-Lautsprecher am Geräteende – also die klassische Positionierung. Der spielt zwar munter, klar und mit einem dezenten Bassfundament auf, doch beim Spielen im Querformat leider nur von der rechten Seite. Zum Ausgleich gibt es immerhin einen Hi-Res-Audio-Kopfhörer, der richtig satt klingt, sowie die Möglichkeit ein persönliches Audioprofil anzulegen.

Telefonieren mit dem Taiwaner klappt glücklicherweise reibungslos, da Stimmen in beide Senderichtungen sauber übertragen werden. Einige Konkurrenzmodelle weisen aber bessere Festnetz-Qualitäten auf.  Bei den vorinstallierten Klingeltönen hätte etwas mehr Mühe nicht geschadet.

Fazit

„Power of 10“ – so vermarktet HTC das neue Spitzenmodell, das gleichzeitig einen kleinen Neustart markiert. Nicht wenige Experten sehen darin den letzten Versuch, sich auf dem enorm umkämpften TK-Markt zu halten. Insgesamt ist das HTC 10 ein sehr solides Gerät, dem allerdings Alleinstellungsmerkmale fehlen und das zu einem eher sportlichen Preispunkt erhältlich ist. Schade ist, dass die hochwertigen Front-Stereolautsprecher verzichtet wurde. Da auch die Kamera und das Display nicht überdurchschnittlich überragend sind, dürfte es das HTC 10 daher schwer haben, obwohl es ohne Zweifel ein sehr gutes Smartphone ist.

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Solides Gesamtpaket ohne erhebliche Schwächen
sehrgut
11.07.2016

+ Scharfes QHD-Display
+ Vollausstattung
+ Starke Performance

- (Zu) Hoher Preis
- Keine Front-Stereo-Lautsprecher
- Empfangsschwächen

Test: Ulf Schneider
Datum: 11.07.2016

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