XXL-PREVIEW: Marantz AV 10 - Keine Kompromisse auf 15.4 Kanälen mit der neuen Flaggschiff-Vorstufe
Klang
Bei der Formate-Kompatibilität geht der AV 10 keinerlei Kompromisse ein und unterstützt Dolby Atmos, DTS:X und DTS:X Pro, IMAX Enhanced, Auro-3D und MPEG-H. Auch die Upscaler Dolby Surround, DTS Neural:X und Auro-Matic sind an Bord und auch die Dolby Atmos Height Virtualization fehlt nicht. In 2023 bringen ausgewählte Marantz AV-Komponenten, so natürlich auch der Flaggschiff-Vorverstärker, die Unterstützung für 360 Reality Audio mit.
Wer sich für die Referenz-Mehrkanal-Vorstufe entscheidet, benötigt natürlich noch eine entsprechende Verstärkung. Marantz hält hier, auch optisch natürlich perfekt passend, den AMP 10 bereit. Die beeindruckende Mehrkanal-Endstufe mit insgesamt 16 Kanälen ist hier prädestiniert und erlaubt dem AV-Prozessor mit seinen 15 Kanälen, sich vollständig auszutoben. Trotz der hohen Integration liefert der neue AMP 10 sensationelle Leistungsdaten ab. Neben der Angabe von 200 Watt pro Kanal an 1 kHz, 8 Ohm, 0.7% Klirr, 2 Kanäle belastet können wir ebenso die Leistungsangabe vermelden, wenn sämtliche Kanäle ausgesteuert werden: Satte 16 x 120 Watt (8 Ohm) kann die Endstufe liefern. Leider hat jedoch der AMP 10 noch nicht den Weg zu uns gefunden, so müssen wir erstmal auf andere Komponenten ausweichen und die AV 10 nimmt erst einmal mit dem MM8077 sowie zusätzlich einem PM8006 für die Frontkanäle vorlieb.
Als erstes Filmbeispiel haben wir uns eigentlich den zweiten Teil von Sonic The Hedgehog mit Jim Carrey und Idris Elba, der hier die Stimme des Knuckles übernimmt, herausgepickt. Irgendwie hat sich aber doch die Eingangssequenz von Blade Runner: 2049 vorgemogelt. Der Beginn des Science-Fiction-Epos ist eine besonders eindrucksvolle Szene mit nahezu martialischem Sound und schon die AV7706, die hier noch häufig zum Einsatz kommt, schafft hier eine äußerst immersive und mitreißende Kulisse. Die AV 10 verhält sich grundlegend ähnlich und liefert ein überaus voluminöses Fundament als Bühne für den darüber liegenden Score und die Effekte. Das Gesamtbild wirkt etwas klarer, transparenter als beim früheren Marantz-Modell. So können wir Effekte eindeutiger zuordnen, die Ortung fällt leichter und die 3D-Kulisse wirkt präziser strukturiert. Das gilt nicht nur für die Surround-Ebene, sondern auch die Überkopf-Ebene. Als der Spinner mit Ryan Gosling an Bord ins Bild einfliegt, lässt sich die Direktionalität exzellent wahrnehmen, obwohl das Geschehen bereits sehr komplex ist. Eine solch klare Definition konnten wir auch bei der IOTAVX-Vorstufe erkennen, die aber insgesamt sehr dynamisch, sehr direkt agiert. Die Marantz AV-Vorstufe behält sich den sehr harmonischen, samtweich angenehmen Sound, für den der Hersteller seit jeher bekannt ist, quasi vollständig bei, realisiert aber eine enorm definierte 3D-Kulisse. Das führt wiederum dazu, dass man sich als Zuschauer besonders mit einbezogen fühlt und auch die Spannung und Dramatik des Filmscores den Hörer emotional mitnimmt.
Die Räumlichkeit ist zweifellos sehr stark ausgeprägt und die Bühne erscheint noch einen Tick breiter und weitläufiger, was die Luftaufnahmen perfekt unterstützt. Von oben herab senkt sich der Spinner und setzt zur Landung an, was die AV 10 ebenfalls hervorragend abbildet. Den Sub steuert sie zudem mit hoher Präzision an und koordiniert ausgewogen und balanciert die hohe Bassperformance unserer großen Frontlautsprecher mit dem LFE. Wir haben hier bislang mit deaktiviertem Audyssey MultEQ XT32 gehört und sind wieder der Meinung, dass man die automatische Einmessung bei einem akustisch optimierten Raum eher nicht nutzen sollte. Grundsätzlich macht das System einen sehr guten Job und vermittelt an entsprechender Stelle sogar ein wenig mehr atmosphärische Dichte und Substanz. Für maximale Authentizität und Präzision lässt man es dennoch deaktiviert, zumal die AV 10 im Tieftonbereich ohne Audyssey Reference-Kurve in unserem Fall insgesamt klar besser agiert. Zum einen was die Struktur anbelangt, aber zum anderen auch was den Punch und die Präzision betrifft.
Das bringt uns dann doch noch direkt zu Sonic The Hedgehog 2, wo wir das in der Szene, als Dr. Robotnik mit seinem riesigen Mech-Roboter einen kurzen Siegestanz aufführt, zweifellos nachvollziehen kann. Eine ausgeprägte und immersive 3D-Kulisse liefert die Vorstufe in jedem Fall ab. Untenrum allerdings agiert er, in unserer Umgebung, ohne Audyssey aber deutlich nachdrücklicher und kraftvoller. Mit Raumkorrektur nimmt er zuviel weg, auch was die unteren Mitten betrifft. Wir bleiben also dabei und genießen ein actionreiches Spektakel, bei dem uns die Projektile und Explosionen regelrecht um die Ohren fliegen. Die Marantz AV 10 liefert eine absolut geschlossene Kulisse ab. Trotz der präzisen Direktheit und Dynamik ist das Hören auch bei sehr hohem Pegel völlig unanstrengend und angenehm. Auch wenn innerhalb der komplexen Kulisse gesprochen wird, bleibt er absolut souverän und bietet nicht nur hohe Sprachverständlichkeit, sondern arbeitet auch spezifische Eigenschaften der unterschiedlichen und sehr charakteristischen Stimmen von Jim Carrey und Idris Elba heraus. Die ausgewogene, harmonische Balance des Klangbilds in Verbindung mit der klar definierten Struktur der Soundbubble sowie den präzise platzierten Effekten machen das Ganze zu einem beeindruckenden und besonders mitreißenden, emotionalen Erlebnis.
Nach der nativen 3D-Wiedergabe wechseln wir zu "Novembre", einem spannenden Thriller aus Frankreich, der sich mit der Jagd auf die Terroristen, die für die Pariser Anschläge 2015 verantwortlich sind, beschäftigt. Der Filmscore ist hier in DTS-HD Master Audio abgemischt, dass die AV 10 zunächst ohne zusätzliches Audio-Upscaling verarbeitet. Auch hier schafft die Vorstufe eine sehr räumliche Kulisse, die sich um den Zuschauer herum aufbaut und mit hoher Struktur und Transparenz überzeugt. Funksprüche der Polizisten, Klickgeräusche von Handschellen, hintergründige akustische Elemente, darunter Baby-Geschrei, Sirenen und typische Geräusche einer Menschenmenge - alles wird berücksichtigt, ohne dabei die eigentliche Bühne aus dem Fokus zu verlieren. Als sich ein swingender Score dazugesellt, gibt sich die AV 10 keine Blöße und gliedert die mitreißende Musik perfekt ins Gesamtgeschehen ein. Zum großen Teil ist der Film sprachlastig, so dass uns hier die native DTS-HD MA-Spur in nativer Form sehr gut gefällt. Zudem schafft es die Marantz Referenz-Vorstufe, dass schon die Surround-Ebene äußerst glaubhaft und plastisch wirkt. Die Auro-Matic bietet natürlich trotzdem ihre typischen Vorteile, verschafft dem Ganzen noch etwas mehr Fülle und weckt beim Zuschauer verstärkt den Eindruck, vom Geschehen vollständig umschlossen und ins Geschehen eingebunden zu sein.
Szenen wie bei etwa 90 Minuten, bei der ein Polizei-Battalion nahezu ihre gesamten Schnellfeuergewehr-Magazine auf eine gepanzerte Tür entlädt, sind natürlich prädestiniert für das leistungsfähige Audio-Upscaling. Zunächst erfolgt die kontrollierte Sprengung der Tür, die von der AV 10 nicht übertrieben nachdrücklich gemeistert wird. Als die Truppe dann feststellt, dass die Tür noch intakt ist, bricht die Hölle los. Ein regelrechter Kugelhagel umhüllt den Zuschauer, aus allen Richtungen fliegen kleinkalibrige Geschosse, so dass man sich am liebsten wegducken möchte. Wir müssen allerdings auch sagen, dass bereits die native DTS-HD MA-Spur hier eine sehr glaubwürdige Külisse mit dichter Atmosphäre bietet, mit Auro-Matic oder Dolby Surround wirkt es lediglich noch etwas geschlossener und, nicht zuletzt aufgrund etwas mehr Dezibel untenrum, auch etwas intensiver. Hervorragend gelingt der AV 10 der schnelle Wechsel zwischen der unterschiedlichen Klangabbildung, als man das Geschehen durch die Mini-Kameras der Polizisten an ihren Uniformen wahrnimmt. Nach dem Kugelgewitter folgen etwas ruhigere Sekunden, bis dann eine mächtige Explosion uns regelrecht erschüttert. In den nachfolgenden, sanften Score wird der Zuhörer gebettet und kann sich wieder etwas entspannen. Tadellos agiert hier die Marantz-Vorstufe und begeistert erneut mit einem sehr harmonischen, ausgewogenen Sound, der vor hoher Präzision und Direktionalität nur strotzt. Dazu wirkt das Geschehen klar strukturiert, die Bühne außerordentlich breit und die gesamte 3D-Kulisse geschlossen und immersiv. Schwächen, abgesehen von der Audyssey Raumkorrektur, die uns nicht gänzlich überzeugen kann, suchen wir bislang vergeblich.
Erstes Fazit
Marantz AV 10 Mehrkanal-Vorstufe
Ganz großes Kino wird hier veranstaltet! Unsere ersten Eindrücke der Marantz AV 10 AV-Vorstufe sind beinahe ausnahmslos positiv. Den Preis von glatten 7.000 Euro muss man sicherlich berücksichtigen, allerdings liefert das neue Topmodell eine wirklich sensationelle akustische Performance ab, die sich auch mit Komponenten messen kann, die noch ein deutlich höheres Preisniveau vorweisen. Besonders beeindruckend ist die gegenüber den Vorgängern gesteigerte Präzision und Klarheit. Die sehr breite und räumlich ausgeprägte Kulisse ist sehr klar definiert und strukturiert, sorgt so dank der direktional eindeutig nachvollziehbaren Effekte für hohe Glaubwürdigkeit und Immersion. Der Clou dabei: den typisch ausgewogenen, überdurchschnittlich angenehmen und harmonischen Sound, der auch schon die Vorgänger auszeichnete, behält sich die AV 10 bei und liefert so ein besonders beeindruckendes akustisches Gesamtbild ab, das mit hoher Natürlichkeit überzeugt, aber auch richtig viel Spaß bereitet und Emotionen weckt. Material und Verarbeitung sind über alle Zweifel erhaben, der Funktionsumfang mit quasi allen 3D-Audioformaten, voller HDMI 2.1-Bestückung, vier unabhängigen Subwoofer-Kanälen und 15.4-Processing ebenso. Audyssey MultEQ XT32 ist nicht verkehrt, Potential ist hier aber noch ordentlich vorhanden. Für manchen wird sich das Dirac Live-Update vermutlich lohnen, der Preis ist allerdings nicht zu unterschätzen. Zurecht kommt mit der Referenz-Vorstufe im Übrigen jeder. Einrichtung und Menüführung sind dank der vielen Bilder und aussagekräftigen Texte wirklich für jedermann handhabbar. Und das neue Menü in 1080p-Auflösung und einem schlichten, eleganten Design, überzeugt auch optisch. Mal sehen, welche Überraschungen die Marantz AV 10 im finalen Test noch für uns bereithält.
Preview: Philipp Kind
Datum: 03.03.2023
Tags: AV-Prozessor • AV-Verstärker • AV-Vorstufe • Marantz • Mehrkanal-Endstufe