XXL-TEST: Sony LinkBuds WFL900F - modernes TWS-Konzept mit umfassender Ausstattung
Sony hat mit den LinkBuds für knapp 180 EUR neue True Wireless In-Ear-Kopfhörer vorgestellt, die nun bei uns in der Redaktion gelandet sind. Sie sollen sich durch ein spezielles Ringdesign auszeichnen und sehr hohen Tragekomfort bieten. Neben der außergewöhnlich kompakten Konstruktionsweise verspricht das japanische Unternehmen eine kristallklare Klang- und Gesprächsqualität.
Laut Sony ermöglicht es das Ringdesign, Klänge aus der Umgebung jederzeit wahrzunehmen, ohne das Hörerlebnis zu beeinträchtigen. Durch eine Öffnung in der Mitte der Membran der neu entwickelten, ringförmigen Treibereinheit sei eine Unterhaltung mit Freunden problemlos möglich, während man in ansprechender Qualität Musik genießt. Anwendungsmöglichkeiten sieht der Hersteller besonders im Home Office, beim Gaming, aber auch Musik hören. Das Gewicht ist mit rund 4g pro Earbud gering und, anders als bei konventionellen In-Ears, befindet sich die schützende Oberfläche über der Lautsprechermembran platzsparend im Gehäuse. So sollen die LinkBuds getragen kaum spürbar sein.
An Bord ist die Precise Voice Pickup-Technologie inklusive Filterung von Umgebungsgeräuschen, um stets eine ausgezeichnete Kommunikation mit Gesprächspartnern zu ermöglichen. DSEE optimiert Musikdateien und der V1-Prozessor von Sony soll sich besonders durch feine Detaillierung und hohe Präzision auszeichnen. Eine adaptive Lautstärkeregelung optimiert die Lautstärke für die jeweilige Umgebung.
Mit innovativen Bedienkonzepten soll mehr Komfort im Alltag geboten werden, der Wide Area Tap z.B. ermöglicht Tippen vor dem Ohr. Speak-To-Chat stoppt die Musikwiedergabe, sobald ein Gespräch beginnt und der Google Assistant und Amazon Alexa werden unterstützt. Zur Ausstattung gehören auch Fast Pair und Swift Pair sowie 360 Reality Audio. Die LinkBuds sind nach IPX4-Standard zertifiziert.
Bei der Akkulaufzeit gibt der Hersteller 5,5 Stunden an, im Case stecken weitere 12 Stunden. Eine 10-Minuten-Schnellladung bringt bis zu 90 Minuten Wiedergabedauer. Wir haben im folgenden Test überprüft, ob die LinkBuds das von Sony anvisierte hohe Niveau bieten können.
Verarbeitung und Tragekomfort
Kompaktes Case
Geöffnet. Innen wurde eine andere Kunststoffoberfläche als außen verwendet
Den "Recycling-Style" muss man man mögen, das steht fest, aber auch objektiv ist das Finish des Cases für den Kaufpreis nicht überzeugend. Der Klappmechanismus besteht lediglich aus Kunststoff, hier hätte man ein langzeitstabiles Metallscharnier verwenden sollen. Zudem muss man das wenigstens sehr kompakte Case durchaus mit etwas Nachdruck schließen, da es ansonsten nicht richtig zugeht. Die Oberfläche des Cases fühlt sich zunächst etwas merkwürdig an, aber daran kann man sich defintiv gewöhnen.
Die beiden Linkbuds
Außenseite
Innenseite
Komplettes Set mit Zubehör
Passstücke in vier Größen
Die beiden LinkBuds an sich wirken recht gut verarbeitet. Der Tragekomfort ist hoch, man spürt die leichten LinkBuds praktisch nicht. Der Sitz zumindest im durchschnittlich großen Gehörgang des Testers ist erstaunlich gut. Natürlich nimmt man Außengeräusche wahr, das ist bei diesem Konzept von Seiten Sonys aber auch gewünscht.
Betriebsvorbereitung per App
Die beiden Sony-Kopfhörer, die wir bereits untersucht haben, plus die neuen LinkBuds
Unsere LinkBuds werden nun ermittelt
Kopfhörer wird hinzugefügt
LinkBuds wurden erkannt
Nun steht der Verwendung nichts mehr im Wege
360 Reality Audio-Setup
Fotos von den Ohren müssen keine mehr gemacht werden, da diese aus früheren Tests von Sony Headphones bereits vorhanden sind
Wir optimieren Tidal für 360 Reality Audio zusammen mit den LinkBuds
Tidal wird optimiert
Optimierung abgeschlossen
Nun sind die LinkBuds konfiguriert
Bedienung an den Earbuds
Steuerung der Funktionen auf den einzelnen Earbuds
Direkter Zugang zu Spotify
Wiedergabe-Steuerung:
Dem rechten und dem linken Earbud kann man per App verschiedene Funktionen zugeweisen.
Wir haben die Wiedergabesteuerung auf den linken Earbud gelegt:
- Doppelt in Ohrnähe tippen: Musikwiedergabe wird unterbrochen, erneut tippen: Wiedergabe wird fortgesetzt
- Dreimal antippen in Ohrnähe: Titelsprung nach vorne
Rechts haben wir die Lautstärkeregelung installiert:
- Doppelt antippen in Ohrnähe - Lautstärke wird erhöht
- Dreifach antippen: Lautstärke wird verringert
Generell gilt:
- Ein Earbud wird aus dem Ohr genommen: Musikwiedergabe stoppt, Earbud wird wieder eingesetzt - Musikwiedergabe geht weiter.
Man kann auch den linken/rechten Earbud noch mit anderen Wiedergabefunktionen unter dem Menüpunkt "Song" konfigurieren: Doppelt antippen - nächster Song, dreifach antippen: Vorheriger Song. Sprachassistenz-Funktion: Doppelt antippen - Sprachassistenz-Funktion starten, dreifach antippen: Beenden/abbrechen. Nutzt man die Amazon Alexa App, kann man doppelt antippen für die Wahl des Audio-Eingangs. Zudem gibt es die ebenfalls wahlweise programmierbare Funktion "Quck Access": Doppelt antippen heißt hier, die Spotify Playliste wiederzugeben/zu ändern.
Insgesamt gibt es hier noch Spielraum nach oben, zudem, bedingt durch das eigentlich innovative Feature, dass man in Ohrnähe tippen kann, agiert die Steuerung recht unpräzise: Bis auf das Herausnehmen und Wiedereinsetzen des Earbuds für das Unterbrechen/Fortsetzen der Musikwiedergabe funktioniert hier nichts perfekt, die Funktionszuweisung innerhalb der App ist für uns suboptimal gelöst - es mag aber Anwender geben, die das komplett anders sehen.
Freisprecheinrichtung
Der Klang ist in Ordnung, setzt aber keine Maßstäbe. Ein leichter Nachhall ist vorhanden, bemerkt der Gesprächspartner, der mit dem telefoniert, der die LinkBuds verwendet. Der LinkBuds-Träger wiederum nimmt die Stimme am anderen Ende etwas dünn und substanzarm wahr. Immerhin rauscht es lediglich gering. Eine durchschnittliche Performance.
DSP-Modi - wozu eignen sie sich? Klangbeispiele:
DSP-Modus "Bass Boost"
Grafischer EQ
Die Frage stellt sich zunächst: Welches der vordefinierten DSP-Programme soll man nehmen? Zur Auswahl stehen neben "aus":
- Manuell
- Benutzerdefiniert 1/Benutzerdefiniert 2
Hier müssen wir kurz innehalten: Die Intention hinsichtlich der beiden Benutzerdefiniert-Speicherplätze ist schon klar. Hier kann man, basierend auf einer neutralen Grundeinstellung, bei 400 Hz, 1 kHz, 2,5 kHz, 6,3 kHz und bei 16 kHz mittels des grafischen EQs Anpassungen vornehmen. Zudem kann man die Clear Bass Funktion von - 10 in 1er Schritten bis +10 justieren. Aber exakt so sieht es bei "Manuell" ebenfalls aus. Der Unterschied zwischen Benutzerdefiniert 1/2 und Manuell ist unserer Meinung nach nicht klar ersichtlich. Mittels der benutzerdefinierten Einstellungen kann man z.B. eine "Badewanne" für Club- oder Trance-Musik oder eine Einstellung mit leicht erhöhter Transparenz und Brillanz im Hochtonbereich erstellen. Da gibt es zwar auch jeweils vordefinierte DSPs, diese greifen aber stellenweise schon zu massiv ein.
Als eher nervend empfinden wir den Wechsel zwischen den DSP-Programmen, da man sehr exakt den Touchscreen des Smart-Devices bedienen muss, um nicht direkt aus dem Modus für den DSP-Programm-Wechsel herausgeworfen zu werden. An weiteren Betriebsarten gibt es:
- Hell: Ab 1 kHz deutliche Erhöhung der Regler im EQ, besonders stark bei 16 kHz. Wir hören als Beispiel "Caruso", gesungen von Jonas Kaufmann. Und nein, diesen Modus können wir zumindest bei diesem Titel nicht empfehlen. Die Stimme des Startenors wirkt zu hoch - insgesamt, aber das ist ja so gewollt, sind die hohen akustischen Anteile überbetont. Vielleicht eignet sich diese Kurve besser für Songs, die etwas muffig im Hochtonbereich abgestimmt sind. "Clear Bass" agiert minimal unterhalb der mittleren Position.
- Begeistert: Da klingt "Caruso" schon besser, der Modus ist ähnlich wie "Hell" abgestimmt, jedoch mit mehr Zurückhaltung. Uns gefällt diese Betriebsart hier gar nicht schlecht, Transparenz und Klarheit sind vorhanden, wirken aber nicht überdefiniert. Zudem sorgt der aufgedrehte "Clear Bass" Regler für einen Bass mit Substanz.
- Sanft: Untauglich. Hier wurden Höhen und Mitten deutlich zurückgenommen, merklich unterhalb der neutralen Grundeinstellung. Keine Transparenz, eine Akustik, als läge eine Stoffmatte über dem eigentlichen Klangbild. "Caruso" fehlt hier jedes Feuer. "Clear Bass" ist unterhalb der mittleren Einstellung.
- Entspannt: Noch schlimmer - praktisch keine Höhen mehr, überall unter der Mitte für die neutrale Einstellung. Ein fader Klang, der keinen anspricht. "Clear Bass" ist nicht auf Mittelposition, sondern komplett um untersten Ende.
- Vokal: Hier sollen Stimmen betont werden, komischerweise wird auch der EQ-Regler bei 400 Hz deutlich hochgezogen. So schlecht wie befürchtet ist das Programm definitiv nicht. Stimmen sind, was aber durchaus beachsichtigt ist, schon etwas sehr deutlich betont, aber auch der akustische Rest wird ordentlich präsentiert. "Clear Bass" befindet sich in der Mittelstellung.
- Treble Boost: Der Hochtonbereich bei 6,3 kHz und bei 16 kHz präsentiert sich sehr stark aufgezogen. Daher wirken viele Titel zu unausgewogen und zu harsch. Nicht empfehlenswert. "Clear Bass" ist in der Mittelposition.
- Bass Boost: "Very Special" - die Bänder des grafischen EQs sind in der mittleren Position, aber "Clear Bass" ist fast komplett aufgedreht. Wir testen diese Betriebsart mit "High Energy" von Groove Coverage und sind recht zufrieden. Übertrieben "fett" tritt der Bassbereich nicht auf, es herrscht aber eine gewisse tieffrequente Dynamik. Prima für Trance- oder House-Musik.
- Sprache: Hier testen wir anhand des Hörbuchs "Tiefer Sand" von Nina Ohlandt und Jan F. Wielpütz, es liest Reinhard Kuhnert. Die Stimme ist gut verständlich, leichtes Zischen ist allerdings zu vernehmen, wenn man etwas lauter hört. Der Präsenztonbereich ist hier - gewollt - deutlich überhöht, die Höhen bei 16 kHz aber sind komplett zurückgenommen. Der "Clear Bass" ist auf Minimum. Uns gefällt "Vocal" im direkten Vergleich sogar besser.
Klang Musik und Film, weitere Beispiele
Wir starten diesmal mit Filmton und wählen "London Has Fallen" auf Netflix aus. Wir hören uns die Sequenz an, in der die furchtbaren Attentate inmitten der Londoner City passieren. Wir wählen den Modus "Bass Boost" und erfreuen uns an einer guten Wiedergabe des tieffrequenten Bereichs. Die Schusssalven aus den Handfeuerwaffen und den automatischen Waffen haben eine ordentliche Durchschlagkraft. Insgesamt binden die LinkBuds auch den Music Score prima ein. Natürlich merkt man bei den großen Explosionen, dass beileibe nicht das kommt, was man erlebt, wenn man einen großen Over-Ear-Kopfhörer trägt. Das Gebotene ist aber insgesamt durchaus brauchbar - auch schaffen es die LinkBuds, bei höherer Lautstärke noch nachvollziehbar zu differenzieren.
360 Reality Audio, Tracks von Tidal: Richtig gut kommen sauber abgestimmte 360 Reality Audio-Tracks zur Geltung, mit einer exzellenten Räumlichkeit, wie wir bei "Woman/Gypsy Queen" von Santana feststellen. Zusätzlich hören wir mit dem "Bass Boost" DSP, da dieses ein ordentliches Fundament sicherstellt. "Je Sais Pas" von Celine Dion wirkt in 360 Reality Audio ebenfalls sehr intensiv, wenngleich die Betonung der Stimme doch etwas überzogen wirkt. Der räumliche Gesamteindruck, den wir zuvor noch so gelobt haben, leidet darunter ein wenig und präsentiert sich nicht so umfassend wie beim ersten Titel. "New York State Of Mind" von Billy Joel kommt recht detailreich und klar daher, wie man an den Piano-Klängen sehr gut festmachen kann. Die Räumlichkeit ist prima, hier hat man ein luftiges, zugleich direktes, sehr angenehmes Gefühl bei der Wiedergabe. Allerdings enttäuscht Billys Stimme dann doch etwas, sie wirkt ein wenig blechern und nicht allzu detailreich. Extrem gut gefällt uns der Beginn von "Chandelier" von Sia. Der Bass hat Substanz - wie bei allen anderen Beispielen haben wir die Bass Boost-Kurve verwendet, da diese am meisten Fundament einbringt. Als Sia dann ihre Stimme erhebt, sollte man den Pegel nicht zu hoch wählen, sonst kommt es zu störenden Verzerrungen.
Nun hören wir uns mit deaktiviertem EQ einige Tracks von Spotify an und beginnen mit "I'm Still Standing" von Elton John. Hier gelingt den LinkBuds eine recht schwungvolle, kaum zum Dröhnen neigende Wiedergabe, mit einem nicht zu umfangreichen, aber dafür recht exakt arbeitenden Bass. Es folgt "Destiny" von Jennifer Rush. Hier liefert schon der Beginn einen Beweis dafür, dass die LinkBuds von der akustischen Grundcharakteristik her durchaus gekonnt abgestimmt sind. Prima kommt Jennifers Stimme heraus, lebendig gruppiert sich der akustische Rest darum. Die Räumlichkeit und die gesamte Auflösung sind ebenfalls tadellos. "Lovefool" (Twocolors, Nicky Romero Remix) beamt uns in die jetzige Zeit, und auch bei diesem Track agieren die LinkBuds mit natürlicher Gesamtwiedergabe und einem guten Volumen. Die vokalen Anteile kommen gut, aber nicht überdurchschnittlich sorgsamm strukturiert heraus. Lassen wir den LinkBuds bei "Cold As Ice" (FSDW, DJ Sebi Music, Basslovers United, Naemi Tabitha, Dan Winter) freien Lauf. Hier bewegt sich etwas, und die Miniatur-Membranen schwingen um ihr Leben. Die heikle Mission gelingt aber erstaunlich lebendig und klar, sodass wir feststellen: Der Track liegt den Sony TWS, und es braucht kein DSP, um mehr Schwung in den Song zu bringen.
Fazit
Es fällt bezüglich der LinkBuds schwer, eine eindeutige Tendenz ausfindig zu machen, denn die True Wireless Sound-In-Ears präsentieren sich mit zahlreichen Vorteilen, aber auch mit einigen Nachteilen. Die komische Haptik und relativ einfache Verarbeitung des Cases sowie die durchschnittlichen Akkulaufzeiten setzen keine Glanzpunkte. Der bequeme Sitz, auch bedingt durchs federleichte Gewicht, hingegen schon. Auf durchschnittlichem Niveau bewegt sich die Freisprecheinrichtung - das kann Sony besser. Dadurch, dass es sich bei den LinkBuds ganz bewusst nicht um klassische In-Ear-TWS-Hörer mit aktiver Geräuschunterdrückung handelt, nimmt man natürlich Außengeräusche stärker wahr, was hier aber konzeptionell absolut erwünscht ist - hier ist es demnach eine Geschmacksfrage, ob das Konzept zusagt oder nicht. Die App, mit deren Hilfe die Kopfhörer gesteuert werden, präsentiert sich üppig bestückt. Wer auch die 360 Reality Audio-Option mit entsprechend kompatiblen Titeln (z.B. von Tidal oder Deezer) verwenden möchte, muss seine Ohren fotografieren. Zudem finden sich zahlreiche DSP-Programme, von denen einige recht gut gelungen, andere schlichtweg komplett ünberflüssig sind. Prinzipiell, im "puren" Modus mit deaktivierter EQ-Bearbeitung, sind die LinkBuds klanglich prima ausgelegt, mit guter Dynamik und einer ordentlichen Räumlichkeit. Hat man Material, das in erstklassiger Manier in 360 Reality Audio vorliegt, verblüffen die LinkBuds zudem mit einer luftigen, vielschichtigen Wiedergabe. Nicht ganz ausgereift zeigt sich hingegen das Bedienkonzept. Das Tippen nah am Ohr funktioniert nicht immer, und die individuelle Belegung der Ohrstöpsel mit verschiedenen Funktionen durch Tippen ist nicht optimal gelöst.
Innovatives Gesamtkonzept mit vielen Pluspunkten, das aber insgesamt noch nicht ganz ausgereift wirkt

TWS In-Ears bis 200 EUR
Test 09. Mai 2022
Test: Carsten Rampacher
Fotos: Sven Wunderlich
Datum: 09. Mai 2022
Tags: In-Ears • Sony • TWS • TWS In-Ears