TEST: Standlautsprecher Klipsch Reference Base R-820F - "Viel Holz für wenig Geld"?

Für einen schmalen Stückpreis von 549 EUR bietet Klipsch in der Farbvariante Schwarz (heißt bei Klipsch "Ebony") die R-820F als großen Zweiwege-Standlautsprecher der "Reference Base" Serie an. Optisch gibt sich die R-820F sofort als klassischer Lautsprecher zu erkennen: Traditionelle Formensprache trifft auf robuste Verarbeitung. Unter der Box ist ein Sockel befestigt, der gut aussieht und für sicheren Stand sorgt. Die Schallwand in anthrazitfarbener Ausführung ist vom Gehäuse eingefasst, was zu einer unserer Meinung nach recht attraktiven Optik führt.

Kantenverarbeitung vorne

Chassis solide verschraubt

Akkurat foliert

Blick von oben

Anschlussterminals

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Klar darf man bei 549 EUR Stückpreis keine opulente Verarbeitung erwarten, richtig falsch macht die R-820F aber nichts. Die Folierung ist sauber aufgetragen, und die Chassis - mit sichtbaren Schrauben befestigt - sitzen präzise. Die kuperfarbenen Membrane sorgen dafür, dass die Box auch ohne das magnetisch haltende Lautsprecher-Schutzgitter gut aussieht. Die Lautsprecherkabel-Anschlussterminals entsprechen gängigem Standard, die Bassreflex-Öffnung ist nicht rund, sondern rechteckig und Klipsch-spezifisch konstruiert.

Klipsch-typischer Hochtöner mit Hornvorsatz

20,32 cm Doppelbass

Die R-820F gibt Frequenzen zwischen 35 Hz und 21 kHz bei +/- 3dB wieder und bringt einen enorm hohen  Wirkungsgrad von 97dB (2,83V/1m) mit. Sie ist dauerhaft mit 150 und kurzzeitig mit 600 Watt belastbar. Sie ist 8-Ohm-kompatibel. Ein 2,54 cm Alu LTS-Hochtöner und der typische Tractrix-Hornvorsatz sowie zwei 20,32 cm Basstreiber mit Injektion Molded Graphite (IMG) Konus stellen die Bestückung dar. Die Box wiegt pro Stück 24,5 kg und ist 1093 mm hoch, 277 mm breit und 443 mm tief. Rückseitig verbaut ist ein spezieller Tractrix-Bassreflex-Port, der praktisch keine Strömungsgeräusche verursacht.

Klang

Hybridverstärker Musical Fidelity Nu-Vista 600

Als Zuspieler setzen wir auf den hochwertigen Musical Fidelity Nu-Vista 600 Vollverstärker als Zuspieler (6.500 EUR) mit zwei soliden Ringkern-Trafos und Hybrid-Technik (Röhren-Vorverstärker, Transistor-Endstufe) und 2 x 200 Watt an 8 Ohm.

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Zahlreiche akustische Beispiele haben wir von TIDAL zugespielt.

Für einen so preiswerten Standlautsprecher schlägt sich die Klipsch R-820F ohne Zweifel überzeugend. Sogar bei der legendären Arie "Nessun Dorma" aus Puccinis Turandot kann der US-Lautsprecher Punkte sammeln. Schon in günstigen Preisregionen demonstriert Klipsch, dass die Zeiten vorbei sind, in denen es nur dicken Bass und enorme Dynamik gegeben hat. Vokale Konturen werden prima betont, und sogar der Chorgesang präsentiert sich ordentlich eingearbeitet. Die Trennung von Stimme und Instrumenten ist tadellos, erst bei sehr hohem Pegel nimmt die Trennschärfe ab, ebenso das Auflösungsvermögen im Hochtonbereich. Instrumente klingen wenige synthetisch als bei früheren günstigen Klipsch-Konstruktionen, deutlich mehr Kontur und Charisma sprechen für die R-820F.

Und wir setzen fort mit einem Stück, das ebenfalls nicht dem typischen "Klipsch-Profil" entspricht: "The Good Life" von Till Brönner. Hier schlägt sich der Lautsprecher wacker und stellt die Trompete mit guter Dynamik dar, die Auflösung entspricht dem, was man in dieser Preisliga erwarten kann, auf jeden Fall. Die ordentliche Räumlichkeit und das solide, auch bei hohem Pegel standhafte Fundament tun ihr Übriges dazu. Sensationelle Leistungen kann man gerade bei diesem Stück aber nicht erwarten, da muss man tiefer in die Tasche greifen, um noch mehr Gesamtstruktur und Feindynamik serviert zu bekommen.

Sehr gut gefällt uns die R-820F bei der 2016 neu gemasterten Version des Phil Collins-Klassikers "Against All Odds". Hier zeigt die Standbox ihr Gehäusevolumen überdeutlich: Durch eine als dicht und konsquent weitläufige Räumlichkeit zum Beispiel. Der Bassbereich hat eine enorme Ausdruckskraft, und Phils Stimme löst sich gut von den Lautsprecher-Chassis. Man kann gern, das ist seit jeher typisch für Klipsch-Schallwandler, mit höherem Pegel hören. Zu schrill oder metallisch wird der Hochtonbereich übrigens selbst dann nicht. Faszinierend ist immer wieder der große Wirkungsgrad, so ist es keinesfalls nötig, mit extrem leistungsstarken Verstärkern anzutreten. Schon aus Stereo-Verstärkern der Liga 300 bis 400 EUR holen die R-820F eine Menge heraus.

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Richtig nachdrücklich und kraftvoll tritt die R-820F bei der Disturbed-Variante des Genesis-Evergreens "Land Of Confusion" auf. Die gewollte Aggressivität in den Vocals und in der E-Gitarre kommt hervorragend zum Ausdruck, trotzdem aber bleibt die R-820F stets sehr kontrolliert, auch bei hohem Pegel. Die Grobdynamik ist überragend, und das Auflösungsvermögen gerade bei der Stimme erstaunlich gut. Impulstreue und Feindynamik sind ebenfalls kaum zu kritisieren - viel Lautsprecher fürs Geld, bei diesem Track wird das sehr treffend verdeutlicht.

Wie sieht es bei "Get Up" aus? Ursprünglich von Technotronic, haben wir uns das Remix der Global Deejays angehört. Der harte Kickbass schafft einen immensen Erlebnisfaktor, auch im größeren Hörraum bis rund 30 Quadratmeter ist die R-820F nicht deplatziert, ganz im Gegenteil. Sie drückt und schiebt bis in die Magengrube, tut dies aber nicht nur mit der nötigen Wucht, sondern auch mit ordentlicher Kontrolle. Die großen Basschassis zeigen ein präzises Ein- und Ausschwingverhalten auch bei hoher Lautstärke. Die elektronischen Effekte trägt die R-820F bis weit in den Hörraum, schnelle, trockene Rhythmus-Wechsel und Breaks stellen für den Lautsprecher kein Problem dar. So schafft es die R-820F, zum günstigen Kaufpreis schon richtige Club-Atmophäre zu verbreiten.

Bei "In My Mind" von Dynoro und Gigi D'Agostino schiebt die R-820F erneut mächtig an: Kraftvoll, mit Substanz und Volumen, kann man sich zudem noch bei hohen Lautstärken über einen exakten, harten Bass freuen. Vokale Anteile werden gut hervorgehoben, ohne dass die Wucht der Basskraft leidet. Die Übergänge zwischen den einzelnen Frequenzbereichen gelingen gut, so dass man den Eindruck eines einheitlichen sowie homogenen, räumlich überzeugenden Klangbildes gewinnen kann.

Nun möchten wir noch zwei völlig unterschiedliche Alternativen zur R-820F präsentieren.

Weniger Platz vorhanden, aber trotzdem sauberer und kräftiger Klang gesucht? Unser Tipp wäre hier die tadellos verarbeitete und preislich sehr faire B&W 606. Akustisch homogen ausgelegt, eignet sich der britische Regallautsprecher für praktisch jeden Musikstil, und durch den überraschend kräftigen Bassbereich braucht man keinesfalls zwingend einen seperaten aktiven Subwoofer.

Was kann man für das Doppelte erwarten? Zum Beispiel, wie die Quadral Chromium Style 8 zeigt, eine deutlich höhere Auflösung, Transparenz und Strahlkraft im Hochtonbereich sowie noch deutlicher ausgeprägte Konturen und eine feinere Verarbeitung des Lautsprechers. Aber: was Dynamik, Pegelfestigkeit und Basskraft angeht, braucht sich die preiswerte R-820F nicht zu verstecken. Unseren Respekt dafür.

Fazit

Die Klipsch R-820F bietet für vergleichsweise wenig Geld einen exzellenten Gegenwert. Solide verarbeitet und robust, kann man schon direkt nach dem Auspacken nur wenig Nachteiliges finden. Sicherlich, bedingt durch die klassisch-schlichte Anmutung ist die R-820F schon eher der Lautsprecher für "ganze Kerle", aber dies ist durchaus prägend für Klipsch-Boxen und daher auch so gewollt. Akustisch präsentiert sich die R-820F als sehr dynamisch, gleichzeitig aber ist der Standlautsprecher viel ausgewogener als frühere Klipsch-Schallwandler gerade günstiger Preisklassen. Trotzdem sind die typischen Klipsch-Tugenden wie hervorragende Grobdynamik und sehr gute Pegelfestigkeit auch bei der R-820F sehr ausgeprägt.

Kraftvoll und lebendig aufspielender großer Standlautsprecher zum sehr günstigen Kaufpreis

Standlautsprecher bis 1.500 EUR Paarpreis
Test 08. November 2018

Test: Carsten Rampacher
Datum: 08. November 2018

 

 

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