TEST: Quadral Aurum Orkan 9 - edler und leistungsstarker Standlautsprecher
Für einen Paarpreis von 4.000 EUR tritt die Quadral Aurum Orkan 9 in einer stark umkämpften Preisklasse an. Die Dreiwege-Bassreflex-Konstruktion weist 200 Watt Dauerbelastbarkeit und 350 Watt kurzzeitige Spitzenbelastbarkeit auf. Die Orkan 9 eignet sich für 4-Ohm-Verstärker und bringt durchschnittliche 87 dB Wirkungsgrad (1W/1m) mit. Daher sollte man schon einen kraftvollen Verstärker verwenden. Bestückt ist die Orkan 9 mit dem in Hannover gefertigten Quadral quSENSE-Bändchen. Frequenzen zwischen erstaunlich tiefen 29 Hz und 55 kHz können, dank des quSENSE-Bändchens, wiedergegeben werden.
Das quSENSE-Bändchen
Bändchenhochtöner sind ein traditionelles Merkmal von Quadral Aurum-Lautsprechern, verändert hat sich bei der neunten Aurum-Generation allerdings, dass die Produktion des quSENSE-Bändchens seit 2016 in Hannover vonstatten geht. Quadral verspricht sich von dieser In-House Produktion den Vorzug lediglich minimaler Fertigungstoleranzen, da es bei einem Bändchen in hohem Maße auf enorme Präzision bei der Herstellung ankommt. Ein Bändchenhochtöner hat den Vorzug des extrem geringen Gewichts der gesamten Konstruktion.
Das hat eine erstklassige Impulstreue auch bei sehr kleinen und kurzen Impulsen zur Folge. Allerdings stellt die Technologie, wie schon erwähnt, höchste Anforderungen an Konzeption, Realisierung und Fertigung, und auch an die Materialauswahl. Zudem besteht bei einem Bändchen prinzipiell das Problem, dass die Anbindung an den Mitteltöner schwieriger ist als bei einem Kalottenhochtöner.
Darum verwendet Konkurrent Dali in zahlreichen Modellreihen eine Hybrid-Konstruktion aus Kalottenhochtöner für eine optimale Ankopplung an den Mitteltonbereich und aus einem Bändchen für exzellente Impulstreue bei sehr hohen Frequenzen und kleinen Impulsen. Doch der quSENSE von Quadral ist offenbar mit solcher Sorgfalt konzipiert und abgestimmt, dass es hier bei der Anbindung an den Mitteltonbereich in keiner Testreihe bislang Schwierigkeiten gab, und, als kleinen Vorgeschmack auf die später folgenden Klangtest-Reihen, auch bei der Orkan 9 gibt es keinen Grund zur Beanstandung.
155 mm Mitteltöner
Einer beiden 180 mm Mitteltöner
Für den Mittel- und Tieftonbereich setzt Quadral Aurum auf einen 155 mm messenden Mitteltöner und auf zwei jeweils 180 mm messende Tieftöner.
Als Membran-Material kommt, wie wir es von Quadral kennen, ALTIMA zum Einsatz. „ALTIMA“ steht für „Aluminium, Titan, Magnesium“ und bezeichnet die Materialien, aus denen die enorm leichte und belastbare Membran besteht. Neu bei der neunten Aurum-Generation ist das Layout ohne Dustcap. Hinzu kommen besonders leistungsstarke, neu entwickelte Schwingspulen, die höchste Souveränität auch bei hohem Pegel garantieren. Klar, dass Quadral bei der Orkan 9 auch auf außerordentlich leistungsstarke Magnet-Systeme setzt.
Spange in silber mit Namensschriftzug
Eher schmucklos tritt die Bassreflex-Öffnung auf
Interessant sind die absolut wohnraumkompatiblen Abmessungen der Orkan 9: 103 cm hoch, 22 cm breit und 36 cm tief. Die Verarbeitung ist, wie wir es von Aurum-Lautsprechern kennen, exzellent. Unter der Box brachte man einen hochwertig wirkenden Sockel an, das Gehäuse ist im Unibody-Design gehalten und besitzt keine separate Schallwand. Typisch für Aurum-Lautsprecher sind die angeschrägten Kanten, die absolut sauber gearbeitet sind. Die i unserem Falle hochglanzschwarze Lackierung überzeugt durch eine hohe optische Tiefenwirkung und praktisch perfekte Reinheit. Die magentisch haftenden Stoff-Abdeckungen für die beiden Lautsprecher
Terminals
Rückansicht
Die Lautsprecherkabel-Anschlussterminals, das gibt leichte Punktabzüge, bieten keine Bi-Wiring/Bi-Amping-Option. Insgesamt setzt sich die Orkan 9 bislang als aufwändig und sorgsam konstruierter Standlautsprecher in Szene, der durch die vertretbaren Abmessungen auch im eleganten Wohnraum hervorragend aufgehoben ist. Nun stellen wir die Frage, ob auch die Akustik hohen Ansprüchen genügt.
Klang
Wir starten mit verschiedenen Stücken in "Tidal Master Quality".
Bei "I Don't Care" von Justin Bieber und Ed Sheeran beweisen die Orkan 9 umgehend, dass sie auch den Vergleich mit teureren und von den Gehäuse-Abmessungen her größeren Konkurrenten nicht fürchten müssen. Klar, zupackend, und bei Bedarf auch filigran: So sorgen die beiden Standlautsprecher für eine fundierte, lebendige Wiedergabe, die auch dem versierten Musikfreund ein Lächeln entlocken dürfte: Die vokalen Konturen bilden die beiden Quadral Aurum-Schallwandler mit viel Sinn fürs Detail ab, und die Instrumente werden überaus impulstreu präsentiert. Die Trennung der vokalen von den instrumentalen Elementen gelingt absolut überzeugend. Der Bassbereich gefällt uns extrem gut, denn er verbindet den nötigen Nachdruck mit einer hohen Präzision. Die Mitten schließen sich nahtlos an, und wiederum nahtlos erfolgt die extrem kultivierte, brillante Hochtonwiedergabe - die Folge: Ein in sich schlüssiges, differenziertes Klangbild.
Weiter geht es mit Creedance Clearwater Revival (Live at Woodstock) und "Bad Moon Rising". Mit einem kräftigen und raumfüllenden Bass tun sich die Aurum Orkan 9 hier ebenso hervor wie mit einer richtig guten Stimmwiedergabe, obwohl das Quellmaterial schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat. Sehr genau auf den Punkt werden Stimme und Bass getroffen, auch beim nun folgenden Song ""Proud Mary" der selben Rockband aus Berkeley. Das Flair von 1969 kommt hier intensiv und dicht heraus, die Box vermittelt viel Emotionen und holt auch beim zweiten Titel jede Menge aus dem Quellmaterial heraus. Die Trennung von Stimme und Instrumenten gelingt auch hier wieder überzeugend.
Können es die Orkan 9 auch "hart" angehen lassen? Aber sicher, bei "No More" von Disturbed schieben sie mächtig an und bieten erneut einen druckvollen Bassbereich, die heftigen Stakkatos im Rhythmus werden exakt auf den Punkt gebracht. So homogen und kultiviert die Aurum-Box sonst auftritt, hier zeigt sie ihre "wilde Seite". Mit Substanz und dem nötigen Schuss Aggressivität lässt die Orkan 9 keine Zweifel daran aufkommen, dass sie sich auch hier musikalisch zuhause fühlt.
Bei "Paradise" von Bazzi stellt die Orkan 9 die Stimme mit fein gezeichneten Konturen mitten in den virtuellen Raum - grandios, wie sich die instrumentalen Anteile darum gruppieren. Als dann der tiefe, nachdrückliche Bass einsetzt, zeigen die beiden Standlautsprecher ihre bislang beste Leistung: Satter, reiner, tief nach unten reichender Bass, die Stimme wird fokussiert, trotzdem kommen alle instrumentalen Anteile exzellent heraus. Die Räumlichkeit ist weitläufig und zugleich dicht, wirkt aber nie unnatürlich übertrieben. Die Wechsel im Rhythmus arbeiten die Schallwandler zuverlässig heraus.
Weiter geht es "klassisch": Mit Wolfgang Amadeus Mozarts Klavierkonzer Nummer 20, erstes Allegro (Münchner Philharmoniker, Friedrich Gulda). Feingefühl, ein sehr gutes Management der Dynamiksprünge und eine luftige, realistische Räumlichkeit sind hier gefragt. Die beiden Orkan 9 Standlautsprecher bieten eine hervorragende Möglichkeit, die unterschiedlichen Ebenen im Orchester heraushören zu können - was die Präzision im virtuellen Raum angeht, sind diese Boxen ganz weit vorne zu finden. Die Streicher, hier bewährt sich der quSENSE-Hochtöner erneut, kommen sensibel und mit hervorragender Strahlkraft, aber ohne jede Aggressivität und ohne jeden metallischen Unterton heraus. Übergänge laufen nathlos ab, und als das Piano sich zu Wort meldet, nimmt der erfahrene Hörer sofort wahr, dass die Orkan 9 auch in der Lage ist, die Anschlagdynamik der Tasten sauber herauszuarbeiten. Auch die Temperatur ist authentisch, was zu einem wirklichen Hörgenuss führt. Die virtuose Arbeit an den Tasten gibt die Aurum-Konstruktion erneut mit überragender Impulstreue wieder, die Wechsel im Tempo managt der Lautsprecher außerordentlich souverän.
Nun spielen wir verschiedene Tracks von Spotify ab und drehen uns musikalisch um 180 Grad: Der knallharte Techno-Trance-Klassiker "Fire Wire" von Cosmic Gate im Remix von Cosmic Gate steht an. Hier toben die Bässe extrem, und die Pegelfestigkeit jeder Komponente wird auf eine harte Probe gestellt. Die Orkan 9 schieben mit einer Präzision und einer Wucht selbst bei hoher Lautstärke an (Zuspieler: Denon AVC-X8500H im Stereo-Modus) - eine Anmerkung sei aber erlaubt: Trotz der extremen Güte der beiden Orkan 9, der Denon AVC-8500H könnte noch mehr. Hier wären Pegel möglich, welche die beiden für ihre Größe enorm pegelfesten Orkan 9 nicht mehr vertragen würden.
Weiter geht es mit "When Music Matters" von den "Friends Of Mayday" - und wieder laufen die beiden Langhub-Tieftöner mit 180 mm Altima-Membran zu höchster Form auf. Mit fast schon traumwandlerischer Sicherheit wird der Kickbass getroffen, und die darunter liegenden Bassanteile geben die beiden Orkan 9 dank des hervorragenden Tiefgangs gelassen wieder. Mit der uns schon bekannten Dynamik wird der Track aufgebaut, dabei wird, wie selbstverständlich, eine breite und zugleich enorm präzise Raumwirkung erzielt.
Was die Orkan 9 bezüglich Tiefgang und Bass-Präzision leistet, verdeutlicht sie bei Harold Faltermeyers "Axel F." Theme aus "Beverly Hills Cop". Dass das mittlerweile nicht mehr ganz frische Ausgangsmaterial so gut herausgearbeitet wird, und das auch noch bei einem Spotify-Titel mit eher geringer Datenübertragungsrate, das verblüfft uns wirklich. So souverän, gelassen und sauber haben wir diesen Track bislang sehr selten gehört.
Es wird wieder klassisch - nicht im Sinne von Mozart oder Beethoven, aber Shirley Basseys "Moonraker" ist auch ein Klassiker - aus dem gleichnamigen 007-Film. Die charakteristische Stimme von Shirley arbeiten die beiden Standlautsprecher ohne Probleme in exzellenter Güte heraus. Der teils leicht verzerrte Hochtonbereich mit metallischem Einschlag ist dem Alter des Quellmaterials zuzuschreiben. Trotz dieser kleinen Defizite haben wir den emotionalen Song noch nicht oft so homogen, kultiviert und zugleich dynamisch gehört. Eine weitere Spitzenleistung der Orkan 9, ohne Zweifel.
Wir sind voll des Lobes für die Orkan 9 - wo liegen die Grenzen? feinste Ausprägungen an der Violine, noch prägnanteres Herausschälen der Anschlagdynamik beim Klavier, noch mehr Tiefgang und Pegelfestigkeit (irgendwann sind auch 2 x 180 mm Tieftöner und ein relativ kompaktes Gehäuse am Ende) - natürlich bleibt auch bei einem Boxenpaar, das 4.000 EUR kostet, noch gehörig Luft nach oben, das möchten wir gar nicht verschweigen. Nur - oberhalb der 4.000 EUR können und wollen die meisten potentiellen Käufer nicht mehr investieren. Darum ist es faszinierend, was an Räumlichkeit, Grob- und Feindynamik, vokaler Präsenz und an Tiefgang geboten wird. Nicht nur von der Orkan 9, in der Liga von rund 2.500 bis rund 4.500 EUR tummeln sich viele verheißungsvolle Kandidaten, einige davon folgen nun im Konkurrenzvergleich.
Konkurrenzvergleich
Magnat Signature 1105: Ein hochwertig daherkommender, mit High Tech gefüllter und enorm klangstarker Lautsprecher - und das Ganze zu fairen 2.600 EUR (UVP) Paarpreis: gerade, wer einen brillanten, relativ prägnanten Hochtonbereich schätzt, ist bei der Hi-Res-Audio-tauglichen Signature 1105 sehr gut aufgehoben. Die authentische Räumlichkeit und die ausgeprägte Differenzierung unterschiedlicher akustischer Ebenen sprechen ebenfalls für die Signature. Dass die teurere Orkan noch homogener und in sich geschlossener Klingt und insgesamt eine Idee harmonischer wirkt, rechtfertigt den Mehrpreis.
Nubert nuVero 140: Deutlich größer als die Orkan 9 und mit 22,35 EUR/Stück etwas teurer, begeistert der Schallwandler von der Ostalb nach wie vor. Die Orkan 9 klingt minimal wärmer, die nuVero 140 klingt neutral, aber gleichzeitig enorm dynamisch und keinesgalls langweilig. Der Hochtöner der nuVero 140 beweist eindrucksvoll, wie gut auch sorgfältig konstruierte Kalotten agieren können. Die Verarbeitung ist hervorragend, zudem gibt es praktische Kippschalter, mit denen die Klangcharakteristik der nuVero 140 wirksam angepasst werden kann.
Dali Rubicon 6: 1.849 EUR/Stück kostet die im klassischen Layout gehaltene, sehr souverän auftretende Rubicon 6. Mit der Hybrid-Hochtöner-Konstruktion, die aus einer Kalotte und einem Bändchen besteht, erfüllt sie hohe Ansprüche an Homogenität und Impulstreue bei der Hochtonwiedergabe. Die Dali klingt über den gesamten Frequenzbereich sehr kultiviert und schafft eine allzeit glaubwürdige Räumlichkeit.
Canton macht es der Orkan 9 auch nicht leicht, denn für sehr faire 3.000 EUR Paarpreis gibt es - ausschließlich online - die Canton A 45. Diese gleichermaßen elegante wie ausgewachsene 3-Wege-Standbox wurde 2017 auf der High End zum 45-jährigen Canton Firmen-Jubiläum präsentiert. Top verarbeitet und mit hochwertigen Chassis bestückt, bietet sie extrem viel für ihren Kaufpreis. Die Orkan kostet, bezogen aufs Paar, 1.000 EUR mehr, was sich in noch feinerer Auflösung bei kleinen Hochtondetails und einem noch etwas geschlosseneren akustischen Gesamtauftritt niederschlägt.
Fazit
Quadrals Aurum-Lautsprecher stehen schon traditionell für erstklassige Testergebnisse. Natürlich vorrangig die "großen Schiffe" wie Titan oder Vulkan, aber auch mehrere Nummern kleiner agieren die Hannoveraner sehr gekonnt, wie in diesem Test die Orkan 9 unter Beweis stellt. Eigentlich recht kompakt, erzielt sie erstklassige Werte bei Pegelfestigkeit und Räumlichkeit. Sie kann extrem kultiviert auftreten und eignet sich brillant für Jazz oder Klassik, gleichzeitig aber bei Club- oder Trance-Musik begeistern. Ein echtes Universaltalent, nicht wirklich günstig, aber jeden Cent Wert. Dafür spricht auch die gewohnt noble Verarbeitung mit feinster Lackierung. Die aufwändige Chassis-Bestückung mit dem in Hannover entwickelten und gebauten quSENSE-Bändchen spricht ebenfalls für die Orkan 9.
Kultiviert und zugleich dynamisch, pegelfest, dabei optisch vergleichsweise kompakt - die Quadral Aurum Orkan 9 begeistert

Standlautsprecher Oberklasse
Test 09. August 2019
Test: Carsten Rampacher
Fotos: Sven Wunderlich
Datum: 09. August 2019
Tags: Aurum • Lautsprecher • Quadral