TEST: Das Duell der Dolby Atmos AV-Receiver-Giganten - Onkyo TX-NR3030 versus Pioneer SC-LX88
Onkyo und Pioneer - die beiden Firmen gehen in Zukunft gemeinsame Wege. Doch in der 2014er Generation haben beide noch unabhängig voneinander beeindruckende AVR-Flaggschiffe auf die soliden Standfüße gestellt: Der Pioneer SC-LX88 ist mit 2.599 EUR 100 EUR teurer als der Onkyo TX-NR3030. Beide Spitzen-Mehrkanalreceiver sind wahlweise in silberner oder schwarzer Version erhältlich. Welcher von beiden die bessere Wahl ist, haben wir untersucht.
Verarbeitung
Pioneer SC-LX88 von hinten
Display
Drehregler für die Quellwahl
Fernbedienung des SC-LX88
Beide AV-Receiver sind ungemein solide und hochwertig. Sie überzeugen durch ihre aufgeräumte Frontblende - welche Optik man bevorzugt, ist Geschmackssache, das Design des Pioneer mit den beiden großen Drehreglern für Quellwahl und Lautstärke, oder den Onkyo, der sauber integrierte Quellwahltasten und einen großen Lautstärkedrehregler aufweist. Hervorragende Standfüße und sauber verarbeitete Geräte-Rückseiten sind in beiden Fällen selbstverständlich. Das Innenleben zeigt einen noch etwas aufwändigeren Aufbau beim SC-LX88, nach Arbeitsbereichen getrennte Stromversorgungen sind bei beiden Kennzeichen der Hochwertigkeit.
Lautstärkedrehregler
Display und Bedienelemente unter der Klappe
Fernbedienung
Ausstattung
Aufwändiger Aufbau beim Pioneer SC-LX88
Onkyo TX-NR3030 mit 11 Endstufen
Der Onkyo bietet gleich 11 Endstufen mit 185 Watt/Kanal (6 Ohm, 1 kHz, 1 % THD, 1 Kanal ausgesteuert, IEC).
Der Pioneer weist nur 9 Endstufen aus, die allerdings im Gegensatz zum Onkyo digital arbeiten und mit 260 Watt/Kanal (1 kHz, 1 % Klirr, 4 Ohm, bei 6 Ohm verbleiben 220 Watt) auf dem Papier deutlich mehr Leistung aufweisen.
An Decodern offerieren beide AV-Receiver als Highlight Dolby Atmos. Natürlich sind DTS-HD Master Audio/High Resolution Audio, und Dolby True HD vorhanden. Auch verfügen beide AV-Receiver über DTS Neo:X und über jeweils selbst entwickelte Algorithmen, die stark komprimierte Dateiformate wirkungsvoll aufpolieren.
Der Onkyo TX-NR3030 ist THX Select2-zertifiziert, der Pioneer bietet die Optimierung des Klangs durch die renommierten Londoner Air-Studios.
Viele Dienste beim Onkyo
HiRes-Wiedergabe
Der TX-NR3030 gibt MP3, WMA, WMA Lossless, FLAC, WAV, Ogg Vorbis, AAC, Apple Lossless, DSD 5,6 MHz, LPCM und Dolby® TrueHD über das lokale Netzwerk wieder. An internetbasierten Musikdiensten werden Spotify (nicht Spotify Connect!), Deezer, AUPEO!, TuneIn und Pandora unterstützt. Das kostenlose Internetradio vTuner ist mit dabei. Was nach wie vor bei Onkyo fehlt, ist Apple AirPlay.
HiRes-Wiedergabe ist beim SC-LX88 selbstverständlich
vTuner Internetradio beim SC-LX88
Beim SC-LX88 gibt es vTuner als kostenloses Internetradio, dazu kommen Spotify Connect. AirPlay und HTC Connect sind beides Features des Pioneer-Topmodells. Er spielt MP3, WAV, AAC, WMA, FLAC, AIFF, DSD und Apple Lossless ab.
Onkyo verbaut Bluetooth- und WiFi-Modul gleich im TX-NR3030, während Pioneer Bluetooth als Modul einbaut, die WiFi-Option aber als USB-Dongle mitliefert. Damit möchte Pioneer high-fidele Anwender ansprechen, denen es gegen den Strich geht, ein WiFi-Modul als Quelle potentieller Störungen sozusagen zwingend integriert zu haben.
Spezielles Feature des Pioneer sind die 192 kHz/32-Bit ESS Ultra DAC High-End D/A-Konverter und der USB-D/A-Konverter. Das hat den Vorteil, dass man den SC-LX88 sozusagen als "externe Soundkarte" in Verbindung mit einem PC/Notebook verwenden kann. Es ist möglich, direkt von PC oder Mac HiRes-Dateien mittels USB-Verbindung in erstklassiger Güte wiederzugeben. Der 3030 setzt auf 192 kHz/32-Bit Burr Brown (TI) D/A-Konverter, einen USB-DAC bringt er nicht mit.
Flaches Einmessmikrofon beim Onkyo
AccuEQ Einmesssystem beim 3030
Kalibrierung
Einmessmikrofon des SC-LX88
Enorm umfangreiche Einstellmöglichkeiten bei MCACC
Man kann sich die Ergebnisse genau anschauen
Einmesssysteme sind natürlich in beiden Fällen an Bord, und in beiden Fällen funktionieren sie einwandfrei. Hat Onkyo früher auf zugekaufte Systeme des renommierten Anbieters Odyssey gesetzt, hat man nun mit "AccuEQ" etwas selbst Entwickeltes am Start. AccuEQ arbeitet wirklich gut - aber Pioneers MCACC ist hier ungeschlagen. Nicht nur, dass es insgesamt 6 Speicherplätze für individuelle Justagen gibt (so kann man sich z.B. für Filme, Musik und TV-Sendungen jeweils ein eigenes MCACC-Setting erstellen), auch der Umfang der Einstellmöglichkeiten ist gigantisch - sehr versierte Anwender können sich hier richtig "austoben".
Pioneers AV-Navigator-App ist sehr umfangreich
Einrichtungsassistent beim TX-NR3030
Unterschiede gibt es auch bei der Ersteinrichtung. Während Onkyo einen GUI-basierten Einrichtungsassistenten mitbringt, geht Pioneer einen anderen Weg und offeriert die "AV Navigator" App, mittels Smartphone/Tablet lässt sich der SC-LX88 in sehr gründlicher und durchdachter Form betriebsfertig einrichten.
Pioneer iControl AV-App
Onkyos Smartphone-App
Natürlich offerieren beide Hersteller moderne, zuverlässig arbeitende Apps für Smartphones und Tablets (Android und iOS).
Home Menu des SC-LX88
Grundmenü des TX-NR3030
Das GUI des Onkyo wirkt einen Hauch moderner, die Pioneer-GUIs sind sehr zurückhaltend und elegant gestaltet.
Rückansicht des TX-NR3030
Onkyo: HDMI-Terminals
Anschlussseitig bietet der TX-NR3030 insgesamt 8 HDMI-Eingänge, einen vorn und sieben hinten, und gleich drei HDMI-Ausgänge. Der Front HDMI-Eingang ist MHL-tauglich. Natürlich entsprechen die HDMI-Terminals des Onkyo, ebenso wie die des Pioneer, dem aktuellen Standard 2.0 und sind in der Lage, 2160p/50 und 2160p/60 zu verarbeiten. HDCP 2.2 ist ebenfalls mit an Bord. Besonderheit beim Onkyo und Zeichen der Hochwertigkeit sind symmetrische XLR-Ausgangsbuchsen (Stereo). Ebenfalls sind gleich vier Pre-Outs zum Anschluss aktiver Subwoofer vorhanden. Der Onkyo unterstützt bis zu 3 Hörzonen und bietet flexibel konfigurierbare Endstufen.
Pioneer: 3 x HDMI-Out
Pioneer: 7 x HDMI-In
Der Pioneer SC-LX88 hat ebenfalls sieben HDMI-Terminals hinten und eines vorn. Auch drei HDMI-Ausgänge sind beim LX88 Standard. Anders als beim Onkyo befindet sich das MHL-fähige HDMI-Terminal auf der Rückseite. Der Pioneer hat ebenso einen USB 2.0 Eingang auf der Front, rückseitig weist er einen weiteren USB-Eingang fürs WLAN-Dongle auf. Für den USB-DAC steht ein Typ B USB-Terminal bereit. Pre-Outs für aktive Subwoofer sind beim SC-LX88 ganz klassisch zwei zu finden.
Klang
Hier brillieren beide Kontrahenten auf ganzer Linie. Es gibt keinen, der den anderen vorführt, jeder weiß aber in speziellen Wertungen ganz besonders zu überzeugen. Von der Auslegung her prescht der SC-LX88 mit seiner überbordenden Dynamik vor. Es ist schier unglaublich, mit welcher Wucht und welcher Kraft sowie in welcher Geschwindigkeit er bei der Atmos-Tonspur des aktuellen "Transformers - Ära des Untergangs" alle Arten von Effekten in den Hörraum geschleudert werden. Sensationell. Im direkten Vergleich lässt es der TX-NR3030 etwas verhaltener angehen. Dafür schafft der Onkyo eine ungemein dichte Räumlichkeit, die auch subtile Elemente auf faszinierende Art mit einbezieht. Daher schaffen es beide auf ihre Art und Weise, den Zuhörer völlig in ihren Bann zu ziehen. Der eine mit "leiseren", der andere mit "lauteren" Tönen. Filigranarbeit in den hinteren Ebenen bei Filmtonspuren, das können beide sehr gut, wie man z.B. beim 007-Film "Ein Quantum Trost" heraushören kann. Das Subtile, Unterschwellige, gleich zu Filmbeginn, arbeiten beide AV-Receiver extrem gut heraus. Das Gefühl eines ausgeprägten Tiefgangs vermittelt besonders der SC-LX88 sehr gut. Der Onkyo schält dafür feine Strukturen noch besser heraus. Während der ersten sehr actionreichen Sequenz liefern erneut beide Boliden eine tolle Vorstellung ab. Mit enormer Wucht werden die Schüsse aus den Automatikwaffen der Killerbrigade im Alfa Romeo 159 wiedergegeben. Der Aufprall des einen Wagens der Gangster, die 007 mit der wertvollen Geisel im Kofferraum seines Aston Martin DBS erbittert jagen, auf einen LKW kommt sehr gut heraus. Der SC-LX88 liefert noch etwas mehr Druck, während der Onkyo kleinen Strukturen noch eine Idee mehr Gestalt verleiht. Beide Endstufeneinheiten liefert ungemein hohe Pegel souverän ab, ganz oben zieht der SC-LX88 etwas davon. Mit schier unerschöpflichen Leistungsreserven, die sonst nur von reinen Vor/Endstufenkombinationen geboten werden, regiert er hier das Feld.
Bei mehrkanaliger Musik lässt es der SCLX88 beim "Alten Karmuffel" von Paul Kalkbrenner richtig krachen. Das, was bei dieser Art von Musik gefordert wird, kann der Pioneer in einer unnachahmlichen Manier. Bassgewalt, Bassstrukturen, alternierende Effekte - das liegt dem Topmodell. Wegen der unbändigen Kraft kann der SC-LX88 auch zwei große Standboxen, ohne zusätzlichen Support durch einen aktiven Subwoofer, bedienen, ohne dass er sich verausgabt. Das kann auch der ebenfalls souveräne TX-NR3030 problemlos. Er wuchtet nicht so brachial extreme Kraft auf die Boxen, gibt sich aber auch nachdrücklich und lebendig. "Figaros Hochzeit" in DTS-HD High Resolution Audio liegt dem 3030 besonders gut. Der orchestrale Anfang wird von ihm sehr nuancenreich wiedergegeben. Beide AV-Receiver arbeiten die Streicher überragend, nie aggressiv, sondern brillant und doch samtig, heraus. Feine Zwischentöne im orchestralen Hintergrund sind eher das Metier des Onkyo. Bei der ersten Arie von Figaro und Susanna beweisen uns die zwei "Muskeltiere", dass eine exakt ausbalancierte Stimmwiedergabe auch zu ihrem Repertoire gehört. Sowohl die Stimme der von Anna Netrebko gesungenen Susanna als auch die Stimme des von Ildebrando D'Arcangelo gesungenen Figaro werden charismatisch erfasst, was man von AV-Receivern dieser Preisklasse auch erwarten darf. Der Pioneer verleiht der männlichen Stimme noch etwas mehr Volumen, während der Onkyo beide Stimmen noch exakter auf der Bühne platziert. Auch hier trumpfen beide AVRs mit weit überdurchschnittlichen Tugenden auf. Jeder punktet in einzelnen Disziplinen voll und beweist, dass extrem talentierte AVRs keinesfalls mehr als 3.000 EUR kosten müssen.
Bei der zweikanaligen HiRes-Audiowiedergabe trumpfen beide mit der Fähigkeit auf, FLAC und DSD (2,8 und 5,6 MHz) wiederzugeben. Das gelingt auch in beiden Fällen vortrefflich. "moon Is Shining" von Keith Greeninger, Chris Kee & Brain ist ein sensibler, emotionaler Song, bei dem es auf die Wiedergabe feiner Zwischentöne ankommt. Er liegt in DSD 5,6 vor und wiederum können wir festhalten, dass beide Devices überzeugen: Der Pioneer kann hier plötzlich mit einer extrem guten Feindynamik aufwarten und bietet gleichzeitig einen runden, angenehmen, kräftigen Klang. Der TX-NR3030 bietet eine noch minimal bessere Loslösung der Stimme, allerdings klingt er etwas schlanker als der SC-LX88. Bei "Garden In The Rain" (Diana Krall, FLAC, 96 kHz) brilliert der Pioneer mit einer absolut direkten, ungefilterten, gleichzeitig ungemein gefälligen Wiedergabe. Der Onkyo kommt nicht ganz dran, wirkt etwas zurückhaltender, nicht ganz so intensiv. Bei "Diamante" (FLAC, 96 kHz) von Sandra & Tony Alessi schiebt sich dafür der 3030 knapp in Front - hier differenziert er die Stimmen noch sauberer, bringt noch einen Hauch Brillanz mehr in den Hochtonbereich, ohne aggressiv zu werden.
Videosektion
Die Videosektion der beiden Konkurrenten ist in beiden Fällen überragend. Das Upscaling von 1.080p auf 4K-Auflösung wird souverän erledigt. Im Detail ermöglicht der SC-LX88 den noch solideren Bildstand. Hier zittert nichts, hier wackelt nichts. Herausragend, so gut war noch nie ein Pioneer AVR in dieser Disziplin. Auch Bewegungen aller Art managt der SC-LX88 ohne jede Kritik - der Onkyo in der Regel auch, aber manchmal sieht man kleine Ruckler, die allerdings nur dem versierten Anwender überhaupt auffallen dürften. Der TX-NR3030 kontert den SC-LX88 mit seiner exzellenten Bildschärfe aus - messerscharfe Konturen, aber kein Ringing, genau so geht es. Beide AVRs bieten ein absolut farbechtes Bild. Daher lohnt es sich, ein entsprechend hochwertiges Display wie unseren Panasonic WT600 zu verwenden, um die enormen Fähigkeiten beider AVRs auch nutzen zu können. Wie man im wahrsten Sinne des Wortes sieht, geben sich die Spitzenmodelle keine Blöße und schränken mögliche Optimierungen tatsächlich auf ein Minimum ein. Unterschiede finden sich dennoch im Detail. Der Pioneer produziert das noch etwas sattere Schwarz, der Onkyo bietet noch etwas mehr visuelle Gesamtdynamik. Beide AVRs haben einen sehr gut ausgestatteten Video-EQ, der Pioneer bietet zahlreiche Rauschfilter als Option, die einzeln und unabhängig voneinander geschaltet werden können. Der Onkyo offeriert zwei ISF-Bildmodi für Tag und Nacht.
Fazit
Einen Sieger gibt es nicht im Duell der Giganten, dafür aber zwei Gewinner: Denn die zwei Kandidaten markieren beide die absolute Spitze des AV-Receiverbaus. Zwei Modelle teilen sich unsere "Masterpiece" Auszeichnung, und das völlig zurecht. Der Onkyo beeindruckt mit elf (!) eingebauten Endstufen, vier Pre-Outs zum Anschluss aktiver Subwoofer, jeder Menge onlinebasierter Musikdienste und mit einem sehr feinen, dennoch kräftigen Klang, der auch räumlich subtile Nuancen berücksichtigt. Der Pioneer SC-LX88 besticht mit seiner unbändigen, massiven Kraft, die er aber enorm kultiviert einsetzt, mit dem weltbesten Einmesssystem und mit dem asynchronen USB-DAC. Beide AV-Receiver offerieren eine erstklassige Videosektion mit umfangreichen Einstellmöglichkeiten und sind überragend verarbeitet.
Pioneer SC-LX88:
Extrem kraftvolle, pegelfeste und faszinierende 9.2 Maschine mit dem weltbesten Einmesssystem

AV-Receiver
20. Januar 2015
Onkyo TX-NR3030:
Enorm flexibler, kraftvoll-kultiviert aufspielender AV-Receiver mit modernster Technik

AV-Receiver
20. Januar 2015
Test: Carsten Rampacher
Fotos: Sven Wunderlich
Datum: 20. Januar 2015
Tags: AV-Receiver • AVR • Dolby Atmos • HDMI • HDMI 2.0 • Onkyo • Pioneer • Ultra HD