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Filmkritik: "The Hateful Eight"

Mehrere Jahre nach dem amerikanischen Bürgerkrieg ist der Kopfgeldjäger Major Marquis Warren (Samuel L. Jackson) mit drei getöteten Verbrechern im Winter auf dem Weg nach Red Rock und steigt in die vorbeikommende Kutsche des Kopfgeldjägers John Ruth (Kurt Russell) ein, der die des Mordes beschuldigte Daisy Domergue (Jennifer Jason Leigh) ebenfalls nach Red Rock bringen soll. Auf der Weiterfahrt sammeln die Reisenden später noch einen weiteren Passagier (Walter Goggins) ein, der einsam durch den Schnee stampft. Doch die Weiterfahrt nach Red Rock wird durch einen aufziehenden Schneesturm immer schwieriger, weswegen man auf dem Weg durch die Einöde in einem Kurzwarenladen (Minnie's Haberdashery) Halt macht. Dort warten bereits vier weitere Gestalten (gespielt von Michael Madsen, Tim Roth, Demián Bichir und Bruce Dern) auf die neuen Gäste und die eisige Stimmung verfestigt sich zunehmend. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das gegenseitige Mißtrauen in handgreifliche Konflikte ausartet und in der einsamen Kälte ein Kampf um Leben und Tod seinen Lauf nimmt ...

Nachdem Quentin Tarantino in den letzten zehn Jahren in erster Linie mehr oder weniger stark überdreht inszenierte Filme ablieferte, die sich als Hommage bei vielen Genre-Klassikern aus den Sechziger und Siebziger Jahren bedienten, geht Tarantino mit "The Hateful 8" wieder einen Schritt zurück.

Auch wenn hier eigentlich epische Breitbild-Western als Vorbild dienen sollten und Tarantino im Vorfeld eine Menge Wirbel um seine Dreharbeiten auf 70 mm-Film gemacht hat, erinnert "The Hateful Eight" vor allem an Tarantinos ersten Kinofilm "Reservoir Dogs". Denn nicht nur die Geschichte ist sehr ähnlich und mit Tim Roth und Michael Madsen auch gleich zwei Darsteller aus "Reservoir Dogs" dabei, sondern auch die primär auf einen Ort konzentrierte Inszenierung weist deutliche Parallelen auf.

Trotzdem ist "The Hateful Eight" nicht einfach ein Tarantino-Remake eines Tarantino-Films vor anderer Kulisse sondern legt dieses Kammerspiel mit 167 Minuten Laufzeit weitaus größer an. Dabei gibt es auch wieder wechselnde Zeitebenen oder Szenen, die sich aus einer anderen Perspektive wiederholen.

Der Film ist vor allem ein großes Rätselspiel in Hercule Poirot-Manier, bei dem der Zuschauer erst nach und nach erfährt, wer die Figuren auf dem Bildschirm eigentlich sein sollen und in der zweiten Hälfte sich dann auch einige Selbstdarstellungen als Lügengeschichten herausstellen. "The Hateful Eight" ist wieder in verschiedene Kapitel eingeteilt aber auch dazwischen wirken die Momente immer wieder recht episodenhaft, weil Tarantino sich oft nur mit zwei oder drei Personen gleichzeitig in einer Szene befasst und den Rest der Gesellschaft in der Holzhütte einfach ausblendet.

"The Hateful Eight" wurde in einem recht gemächlichen Erzähltempo inszeniert und hält sich Tarantino-typisch oft mit Nebensächlichkeiten auf, die an den Witz der großen Filme wie "Pulp Fiction" oder "Jackie Brown" aber nicht immer herankommen. "The Hateful Eight" wirkt schon stellenweise etwas langatmig - und das wohl auch gewollt, da Tarantino die 70 mm-Fassung sogar noch etwas mehr in die Länge gezogen hat. Auch wenn die Straffung einiger Szenen sicherlich gut gewesen wäre, bekommt es Tarantino aber meist gerade noch hin, durch Szenenwechsel wieder etwas Abwechslung zu bieten, bevor der Film anfängt, zu langweilen.

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In einigen Szenen wie z.B. bereits dem Vorspann, der minutenlang die Kamera nur in mikroskopischer Geschwindigkeit weiter bewegt, übertreibt es Tarantino allerdings doch etwas. Und zwischendurch kommt auch immer wieder etwas Budenkoller auf, weil "Minnie's Haberdashery" auf Dauer eine etwas eintönige Kulisse darstellt, die auch nur wenig Western-Flair bietet. Auch die von dem Ennio Morricone Music Score begleitete 70 mm-Optik mit ihrem breiten Panorama kommt leider nach den Landschaftsaufnahmen am Anfang nur noch selten richtig zur Geltung.

Tarantino legt an einigen Stellen bereits frühzeitig Spuren, die kleine Hinweise darauf geben, wenn etwas nicht stimmt, aber nach dieser cleveren Vorbereitung macht er sich die Auflösung oft zu einfach. Die meist sehr überraschenden Gewaltexzesse werden zum Ende des Films immer heftiger - und sie nehmen auch unnötig Spannung aus dem Film heraus, wenn statt eines cleveren Twists plötzlich Blut und herumfliegende Gehirnmasse weitere Diskussionen abrupt beenden.

"The Hateful Eight" wurde von Quentin Tarantino mit 65 mm Ultra Panavision-Kameras und Objektiven gedreht, die bereits seit Jahrzehnten nicht mehr zum Einsatz kamen. Im Unterschied zur heute üblichen digitalen Nachbearbeitung von Kinofilmen (Digital Intermediate), die oft ein künstlich wirkendes Bild mit verfremdeten Kontrast und reduzierter Farbpalette zum Ergebnis hat, wurde "The Hateful Eight" im ganz klassischen Stil rein fotochemisch behandelt und hat dadurch eine sehr plastische Optik mit hohem Kontrast und sehr natürlich wirkenden Farben, wie man sie im heutigen Kino nur selten sieht. Zwar wird die 70 mm-Fassung nur in wenigen Kinos gezeigt. Aber auch in der digitalen 4k-Fassung, die viele Kinos zeigen, bietet "The Hateful Eight" ein sehr detailscharfes und sauberes Bild, welches in den vielen Nahaufnahmen so gestochen scharf wirkt wie man es nur selten erlebt.

"The Hateful Eight" läuft seit dem 28.01.2016 in den deutschen Kinos und erscheint voraussichtlich im Mai/Juni auf Blu-ray Disc & DVD.

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