SPECIAL: Welche Merkmale beim AV-Receiver/Verstärker sind in Zukunft noch notwendig, welche gewinnen und welche verlieren an Bedeutung?

Die Art, wie wir Musik und Filme konsumieren, ist einem großen Wandel unterworfen. Video- und Musikstreaming, 3D-Audio, Multiroom: Was ist denn in Zukunft wichtig beim AV-Receiver? Wir haben eine Übersicht erstellt.

Eine der ersten Dolby Atmos-Vorführungen 2014 bei Onkyo

Erklärung der Auro-3D-Engine aus Oktober 2014

Endstufen und Decoder: Schon seit 2014/2015 ist 3D Audio, zunächst nur Dolby Atmos und bei selektierten Denon/Marantz-Modellen (anfänglich, mittlerweile gibt es Auro-3D auch noch bei anderen Herstellern wie Trinnov oder auch Arcam) Auro-3D verfügbar. Später kommt noch DTS:X hinzu. Das bringt mit sich, dass unter 7 Endstufen kein vollwertiges Setup mehr möglich ist, wünscht man sich einen "echten" Surroundeindruck. Klar kann man mit einem 5-Kanal-Receiver ein klassisches 5.1 oder aber ein rein frontbasiertes 3.1.2 Setup bedienen. Keines dieser Setups aber kommt echtem Mehrkanal-Vergnügen nahe.  

Denon AVR-X3600H mit 9 Endstufen

Richtige "Freaks" werden sich auf 9-Kanal-AVRs "stürzen", mit denen man auch ein 5.1.5 Setup betreiben kann. Wer es dann wirklich wissen möchte, nimmt ein Modell mit 11 Endstufen, dann ist 7.1.4 möglich.

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Absolute Profis setzen auf die Trinnov Altitude-Vorstufe, für die es auch bereits ein DTS X:Pro Update gibt

Prinzipiell gibt es auch noch größere Setups, z.B. mit 13 oder gar 15 erforderlichen Endstufen, das wird aber nur ein sehr kleiner Anteil von allen Konfigurationen sein, die sich in der Praxis finden. Wer den TV als Entertainment-Zentrale verwenden möchte und kaum oder gar nicht mehr auf Discs zurückgreift, für den ist das Wichtigste der Dolby Atmos-Decoder. Denn Dolby hat hier einen gigantischen Vorsprung, DTS:X oder Auro-3D findet sich bei VoD-Dienstleistern derzeit nicht. Die Kombination aus Dolby Vision und Dolby Atmos gewinnt hier aktuell weiter an Bedeutung. DTS:X wird eher etwas für diejenigen, die nach wie vor mit Ultra HD-BDs arbeiten - für besonders Anspruchsvolle, die ein großes LS-Setup betreiben, gab es auch kürzlich den Launch von DTS:X Pro. Auro-3D hat einen riesigen Vorteil: Nämlich Auro-Matic als genialen Surround-Aufpolierer. Man kann sehr gut Stereo-Material oder klassisches Material z.B. in Dolby Digital/DTS 5.1 authentisch hochrechnen für die 3D-Audiowiedergabe. Auro-Matic ist Dolby Surround beziehungsweise DTS Neural:X unserer Meinung nach deutlich überlegen. 

Braucht man in Zukunft noch so viele HDMI-Eingänge?

Nur noch derjenige, der nach wie vor Disc-Player und Game-Konsolen sowie externe Seetop-Boxen (Sky, Telekom etc.) verwendet, wird noch Wert auf eine zumindest relativ umfangreiche HDMI-Bestückung des AV-Receivers oder AV-Verstärkers legen. Acht HDMI-Eingänge wird zukünftig kaum jemand brauchen. Sehr viele werden zukünftig auch allein den Smart TV mit VoD-Streaming als Entertainment-Zentrale verwenden. Klar, bei denjenigen, die anstatt eines Soundbar-Systems oder der Verwendung des TVs auch für akustische Aufgaben noch einen dedizierten AVR einsetzen, werden zu einem, so schätzen wir, recht großen Anteil auch noch externe Komponenten, die über HDMI eingespeist werden, verwenden. Aber trotz allem - 8 HDMI-Eingänge wird kaum noch jemand brauchen. An Bedeutung wird HDMI eARC gewinnen. Denn über ein einziges HDMI-Kabel wird sichergestellt, dass der AVVerstärker/Receiver die Wiedergabe anstatt des TV-Soundsystems übernimmt. Und über eARC kann man auch Dolby Atmos-Ton z.B. von Netflix-Filmen/Serien übertragen. 

Canton Smart Amp 5.1

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Canton Smart Vento 3

Die Möglichkeit, über den AV-Receiver oder den AV-Verstärker auch drahtlos ansteuerbare Lautsprecher zu bedienen, wird wichtiger. Gerade Normen wie die herstellerübergreifende WiSA-Norm werden, so unsere Prognose, an Bedeutung gewinnen. Mit einem WiSA-kompatiblen AVR könnte man alle WiSA-kompatiblen Wireless Rear-Lautsprecher ansteuern. Wir gehen davon aus, dass proprietäre Systeme mehr und mehr aussortiert werden, wenn auch noch nicht sofort. Denn viele Hersteller haben diesen Trend noch gar nicht begriffen. Ganz anders z.B. Canton: Mit dem 699 EUR kostenden Smart Amp 5.1 setzt man zwar auf ein hauseigenes System, aber schon jetzt kann der Smart Amp 5.1 klassische kabelgebundene Lautsprecher ebenso managen wie aktive, drahtlose Boxen aus der Canton Smart-Serie. 

Und wir gehen davon aus, dass Flexibilität hier Trumpf ist. Zum Beispiel werden für vorn, Rechts, Links, Center, Atmos-Module, die eingebauten Endstufen des AVRs verwendet, während für die Rears dann drahtlose aktive Lautsprecher zum Einsatz kommen. Daher wird es doch wieder 5-Kanal-AVRs geben, die dann eine 7.2 oder gar 9.2 Kanal-Vorstufe besitzen, um z.B. Wireless Rears mit einzubeziehen.

Einrichtungsassistent bei Pioneer

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Einrichtungsassistent bei Denon

Was die Bedienkonzepte angeht, so wird es, so schätzen wir, auch zukünftig hochwertige, mit Grafiken versehen Assistenten geben, die bei der ersten Einrichtung helfen. Denon&Marantz hat dies schon bislang sehr überzeugend vorgeführt. Auch Onkyo&Pioneer arbeiten mit derartigen Hilfen. Yamaha hat sich entschlossen, einen anderen Weg zu gehen, und bietet Apps an, die bei der Erstinstallation hilfreich zur Seite stehen. In Zukunft werden diese Assistenten vermutlich noch leistungsfähiger. Zu wünschen wäre, dass automatische Lautsprechereinmesssysteme in Zukunft weniger Fehler machen, präziser einmessen - demnach ist hier noch einiges zu tun. Derzeit kommt es noch relativ häufig vor, dass Lautsprecher zu leise eingepegelt werden, und dass man daher manuell noch nachjustieren muss. 

Bluesound ist derzeit eine der besten Streaming-Plattformen, die auch MQA unterstützt

Der NAD T758 V3 besitzt ein BluOS-Modul

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Streaming-technisch sieht es so aus, dass nahezu jeder AV-Receiver außerhalb der absoluten Einsteigerklasse mittlerweile ein Streaming-Modul an Bord hat. Meist werden FLAC, WAV, ALAC und AIFF bis 192 kHz/24-Bit verarbeitet, dazu DSD 2,8/5,6 MHz. Immer mehr AV-Receiver/Verstärker verarbeiten auch DSD 11,2 (Quad-DSD). Alles gut und schön, Quad-DSD braucht aktuell kaum jemand in der Praxis. Dafür aber MQA. Kurz gesagt, mittels MQA kann man echte HiRes-Audioqualität so geschickt "packen" dass man bei gestiegener Klanggüte nicht mehr Datenübertragung-Rate als bei der Übertragung in normaler CD-Qualität (16-Bit, 44,1 MHz) benötigt.

Heos: Tolle Streaming-Plattform, der aber nich MQA fehlt

Aktuelles Problem ist: Weder Heos noch MusicCast unterstützen MQA. Das hat dann z.B. als unerfreuliche Folge in der Praxis, dass derjenige, der für viel Geld ein Tidal-Abonnement mit "Master Quality" abgeschlossen hat, nichts davon hat. Denn die Tracks in "Master Quality", also in HiRes-Audio, sind allesamt MQA-Dateien. Besser im Griff hat das Bluesound, respektive auch die NAD-AV-Receiver, die Bluesound-Module verwenden. Hier wird MQA decodiert, was einen nicht unerheblichen Vorteil mit sich bringt. Und es gibt noch weitere vielversprechende neue Formate: Prinzipiell können AV-Verstärker/Receiver auch das neue Dolby Atmos Music wiedergeben. Es ist davon auszugehen, dass immer mehr Streaminganbieter Dolby Atmos Music auch unterstützen werden. Das Konkurrenzformat von Sony, 360 Reality Audio, ist ebenfalls schon draußen auf dem Markt. 

Teure, luxuriöse AV-Verstärker wie der Denon AVC-X6500H werden wohl auch zukünftig noch analoge und/oder ältere digitale Anschlüsse mitbringen

Analoge Anschlüsse sowie klassische koaxiale/optische Digitaleingänge werden zukünftig weiter an Bedeutung verlieren, aber gerade bei teuren AV-Receivern/Verstärkern nicht völlig aussterben. Auch klassisches Multiroom, realisiert über Cinchbuchsen, wird weiter abnehmen. Das hat sich hierzulande ohnehin nie richtig durchgesetzt. Wer modern Multiroom betreibt, verwendet das eingebaute Streaming-Modul und baut den AV-Receiver oder AV-Verstärker in ein drahtloses Multiroom-Setup ein. 

Bluetooth und WLAN gehören in der Zukunft natürlich noch immer mit dazu

Absolute Selbstverständlichkeiten auch in der Zukunft: Schnelles Dualband-WLAN-Modul, Bluetooth (zukünftig wohl Version 5.0) am besten mit aptX HD - all das wird aus jedem AV-Receiver/Verstärker kaum noch wegzudenken sein.

Fazit

Das Bild des AV-Receivers wandelt sich, verändert sich aber nicht völlig. Leistungsstarke Endstufen, moderne Decoder, Streaming-Möglichkeiten - all das ist auch zukünftig wichtig. Die Möglichkeit, dass aktive drahtlose und passive kabelgebundene Lautsprecher innerhalb eines Setups zusammenarbeiten, wird dagegen immer wichtiger. Auch das Format MQA wird, so unsere Prognose, weiter an Bedeutung gewinnen. 

Special: Carsten Rampacher
Datum: 02.05.2020

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