TEST: Huawei P Smart - Android zum Letzten?

Dass Huawei ein beeindruckend ausgestattetes Smartphone für unter 200 Euro in den Handel brachte, geriet angesichts der aktuellen politischen Situation in den Hintergrund. 

Huawei ist der Überflieger schlechthin im Smartphone-Sektor, denn es gelang ihnen trotz Marktsättigung einen weltweiten Zuwachs im 1. Quartal 2019 gegenüber 2018 von sagenhaften 50%. Auch das könnte ein Grund sein, warum Trump das Unternehmen auf die Schwarze Liste setzte und ein Android-Verbot erhob. Konsequenz: Huawei hat bei künftigen Modellen keinen Zugriff mehr auf die Android-Bibliothek abseits der Freeware – sprich auf alle Apps. Mit dem Rücken zur Wand könnte sich diese Strategie allerdings als ein Bumerang erweisen, denn Huawei arbeitet nun mit noch mehr Hochdruck an einer Android-Alternative namens ARK OS, was auch eine Kettenreaktion auslösen könnte. Da Huawei zudem über die größten 5G-Kompetenzen verfügt, dürfte durch die Blockade auch der flächendeckende Netzausbau in den USA leiden. Mit anderen Worten: So lange Donald Trump an der Macht ist bleibt die Situation unübersichtlich und spannend.

Rückseite

Seien wir ehrlich: Es wird immer schwieriger, Smartphones optisch auseinander zu halten, da es in der Natur der Sache liegt, dass Smartphones wenig Spielraum für optische Finessen bietet – vor allem wenn man auf die obligate Farbe Midnight Black setzt. Allerdings bietet das Huawei P Smart in dieser günstigen Preisklasse doch eine Besonderheit: Ein nahezu flächendeckendes Display, das Huawei „Dewdrop Display“ (Tautropfen-Bildschirm) taufte. Grund: Der winzige Notch hat eben diese Form. Es ist daher nur noch eine Frage der Zeit, bis der Touchscreen allgemein ohne Aussparungen auskommt – siehe Samsung Galaxy S10.

Dass an anderer Stelle gespart wird, ist logisch. Die Macher setzen nämlich allein auf Hartplastik statt auf wertigeres Aluminium wie beim gleichnamigen Vorgängermodell. Auch einen IP-zertifizierten Staub- und Wasserschutz gibt es nicht. Zwar ist die Verarbeitung professionell umgesetzt, richtig hochwertig wirkt der Funker aber nicht. Die Farbvariante Aurora Blue empfiehlt sich daher für Käufer, die etwas mehr optische Finesse wünschen.

Detailansicht

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Bautiefe

Für ein Smartphone unter 200 Euro muss man allerdings dem Display maximal Respekt zollen. Es streckt sich als 6,3-Zöller mit Full-HD-Plus-Auflösung (2.340 x 1.080 Pixel) über die Frontfläche und kann auch qualitativ durchaus überzeugen. Allein die maximale Helligkeit könnte besser sein, doch wenn man den preislichen Hintergrund berücksichtigt, darf man nicht meckern – im Gegenteil: In dieser Preisklasse ist der Touchscreen wirklich ausgezeichnet!

Um es auf den Punkt zu bringen: Bei der Kamera-Qualität müssen Nutzer Abstriche machen. Eine Dual-Kamera mit 13-Megapixel und Bokeh-Effekt klingt zwar durchaus potent, doch qualitativ sind klare Schwächen erkennbar. So gibt es keinen optischen Zoom und leider auch keinen Bildstabilisator. Richtig gute Fotos erfordern daher stets eine sehr ruhig Hand und gute Lichtverhältnisse. Sobald schwächeres Umgebungslicht einsetzt saufen die Fotos schnell ab und die Motive werden unscharf.

Aufgenommen mit dem Huawei P Smart

Aufnahme 2 mit dem Huawei P Smart

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Der Camcorder liefert ordentliche Videos, allerdings nicht in 4K, was mittlerweile eigentlich Standard sein sollte. Die Front-Kamera ist mit 8 Megapixel eigentlich ganz gut aufgestellt, hat aber auch das grundsätzliche Problem, dass Selfies schnell matschig aussehen. Bei der Ausstattung werden alle Standards, wie Panorama-, HDR- oder Pro-Modus geboten. Fotos lassen sich darüber hinaus auch mit Filtern, Stickern oder einer Lichtmalerei aufpeppen. Beim Camcorder wird zudem eine Zeitraffer-Funktion angeboten, aber keine Zeitlupe.

Bei den Datenschnittstellen wurde ebenfalls der Rotstift angesetzt, denn es gibt nur eine Micro-USB-Schnittstelle statt dem flotteren USB-Typ-C und Bluetooth funkt nur im älteren 4.2-Standard. Die LTE-Geschwindigkeit erlaubt zudem real nur bis zu 300 Mbit/s. Dafür ist aber NFC an Bord und das aktuelle WLAN ac wird unterstützt. 64 GB interner Speicherplatz sind für diese Preisklasse sind zudem ein sehr fairer Deal.

In dieser Preisklasse durchaus überraschend: Als Betriebssystem ist das neue Android 9.0 vorinstalliert. Im Zusammenspiel mit Huaweis Benutzeroberfläche präsentiert sich das UI somit sehr modern, aufgeräumt und variabel bedienbar. Ein App Drawer wird zwar nicht per Fingerwisch aufgerufen, doch dafür werden alle installierten Apps automatisch im Startbildschirm aufgelistet – die nicht ganz so elegante Lösung also. Der linke Startbildschirm ist für Google reserviert und zeigt unter anderem individuell festlegbare Nachrichten oder das regionale Wetter. Hier wählte Huawei also die klassische Variante.

Um das Gerät zu entsperren, gibt es zwei Möglichkeiten: Per rückseitigem Fingerprintscanner und über eine Gesichtserkennung. Der Fingersensor ist gut erreichbar und leistet auch dann einen schnellen Dienst, wenn sich das Gerät noch im Tiefschlaf befindet. Die Gesichtserkennung arbeitet ebenfalls sehr flott, allerdings muss der Nutzer zur Entsperrung nach oben Wischen.

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Huawei P Smart

Insgesamt ist alles sehr straff und übersichtlich gehalten, was aber für den täglichen Umgang absolut ausreichend ist. Für Menschen mit Seh- oder Hörschwächen gibt es überdies noch eine ganze Reihe von Bedienungshilfen.

Der Achtkern-Prozessor HiSilicon Kirin 710 mag zwar kein Hochleistung-CPU sein, doch in dieser Preisklasse geht er völlig in Ordnung. Für tägliche Routinen ist der Chinese daher auch gut gerüstet. Nur bei anspruchsvollen 3D-Games und Multitasking gerät der Funker etwas ins Schwitzen, was auch daran liegen mag, dass 3 GB RAM heutzutage nicht mehr ganz zeitgemäß sind. Dennoch: Eine beachtliche Performance für ein Smartphone der unteren Mittelklasse.

Screenshot

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Screenshot 2

Exzellent ist es beim P Smart um die Akkuleistung bestellt. Selbst bei höherem Telefonaufkommen war während des Testzeitzeitraumes eine Rufbereitschaft von (knapp) einer Woche möglich. Das Netzteil bekommt somit eine komplette Auszeit am Wochenende, selbst wenn man viel surft. Der 3.400-mAh-Akku knackt überdies die 10 Stunden Laufzeit bei intensiver Dauerbelastung. Auch gut: Obwohl USB-C nicht unterstützt wird, lädt sich dank Schnelllade-Funktion der Akkublock in gut zwei Stunden wieder voll auf. Induktives Laden wird hingegen weiterhin in dieser Preisklasse nicht unterstützt.

Der Mono-Speaker befindet sich wie so oft im unteren Rahmenabschnitt und ist kein Spitzenkandidat. Er ist zwar dezibelstark und klingt lebendig, sobald das Klangbild aber komplexer wird, verschwimmt der Sound ab einer gewissen Lautstärke deutlich – glatter Durchschnitt. Das kann man auch über die Sprachqualität sagen, denn Telefonate sind in beide Senderichtungen weit entfernt vom Festnetz-Niveau. Immerhin ist dafür die Lautstärke ausreichend und die Nebengeräusche halten sich stark in Grenzen.

Fazit

Die beste Nachricht vorweg: Dieses Smartphone bekommt noch volle Android Unterstützung – das P Smart ist also nicht per se ein Fehlkauf. Die Macher haben einen ungewöhnlichen Weg bestritten, um dieses Smartphone für die Käufer schmackhaft zu machen, denn anstatt viel Energie in die Kamera zu stecken, stimmt vor allem das gesamte Drumherum. Es lässt sich toll bedienen, hat eine insgesamt sehr gute Performance und auch das Display überzeugt. Wer also nicht so viel Wert auf die Kameraqualität und Optik legt, kann sich das P Smart durchaus genauer ansehen.

Allrounder mit gutem Preis-/Leistungsverhältnis mit Abstrichen bei der Kamera

30.06.2019

Test: Ulf Schneider
Datum: 30.06.2019

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