XXL Test: Piega TC70x (Seite 1 von 2)
(10. April 2007 - LM )
Der Kauf eines hochwertigen Paar Stereolautsprecher stellt weit mehr
dar, als eine bloße Investition in zwei technische
Gerätschaften, um das Trommelfell zu stimulieren. Fast könnte
man sogar dazu neigen, von einer Beziehung zu sprechen: mit seinem
eigenem Charme (Klang und Optik) spricht der Lautsprecher verschiedene
Gefühlswahrnehmungen an, und oftmals ist man auch über viele
Jahre miteinander verbunden, so dass in diesem Fall durchaus eine
größere emotionale Verbindung zwischen Mensch und Technik
besteht, als beispielsweise bei einem Flachbildfernseher. Damit
Investitionswillige bei dieser komplexen Entscheidungsfindung nicht
völlig im Regen stehen, haben wir bereits in den letzten Monaten
schon sehr viele interessante Lautsprecher vorgestellt und möchten
im Rahmen dieses Testberichts einen ganz besonders delikaten Vertreter
seiner Gattung unter die Lupe nehmen.
Technisch Versierte würden angesichts der Zutaten mit der Zunge
schnalzen: aufwändig konstruierte, neuartige Bass-Chassis, eine
Frequenzweiche allererste Güteklasse sowie ein koaxiales
Bändchensystem als Mittel-/Hochtöner stellen nur einige
Eckpunkte dieses Ausnahme-Schallwandlers dar.
Die Rede ist vom Modell
TC70x - einem High-End Standlautsprecher von Piega. Die Eidgenossen
sind schon seit Jahren nicht nur im Allgemeinen als herausragender
Konstruktuer bekannt, sondern haben sich ganz speziell mit der
Entwicklung von Bändchensystemen viele Lorbeeren innerhalb der
Branche verdient und können auf eine umfangreiche Erfahrung bei
Entwicklung, Herstellung sowie klanglicher Abstimmung
zurückgreifen. Während einem Teil der Kundschaft angesichts der technischen Daten
das Wasser im Munde zusammenhäuft, dürften andere
Käuferschichten erst einmal am Preis zu schlucken haben. Stolze
5500 Euro wechseln (pro Lautsprecher wohlgemerkt) den stolzen Besitzer
und machen die TC70x zu einem Produkt, welches hauptsächlich gut
situierte Stereoliebhaber anspricht. Mit unserem Test möchten wir
uns hingegen weder von der Technik blenden, noch vom Preis abschrecken
lassen: die Piega Lautsprecher werden unter rein klanglichen Aspekten
zeigen müssen, was in Ihnen steckt und wie sie sich gegen die
ebenfalls sehr gut aufgestellten Mitbewerber-Offerten behaupten
können.
Verarbeitung:
Auf uns wirkte die Optik zunächst etwas
gewöhnungsbedürftig. Dies liegt primär an der besonderen
Chassisbestückung und der daraus resultierenden
"anderen" Optik gegenüber Lautsprechern mit konventionellerem
Aufbau. Der Bändchenmittelhochtöner sorgt optisch für
eine gänzlich andere Note, als die bekannten Textil- oder
Metallkomponenten. Gegenüber dem Trend zum momentanen
Lautsprecherdesign unterscheidet sich die TC70x zudem noch durch ihre
etwas bullig wirkenden Gehäuseproportionen. Sie ist weniger hoch,
dafür aber deutlich breiter als viele vergleichbare
Modelle. Last but not least: die augenscheinlichste Besonderheit
der schweizer Schallwandler liegt selbstverständlich im
verwendeten Gehäusematerial, welches komplett(!) aus feinstem,
poliertem Aluminium besteht und eine sehr edel-technokratische Flair im
Hörraum verströmt.
So gut, dass sie hinter Gitter muss ? Nun - das wird der
Hörtest zeigen. Wenn im Hörraum Tiere, Kinder oder
putzwütige Ehefrauen ihr Unwesen treiben, empfiehlt sich der
Einsatz der mitgelieferten Schutzgitter. Diese sind wahlweise in
aluminium natur, oder der hier gezeigten schwarzen Variante lieferbar
und bestechen mit einer hochwertigen, stabilen Machart. Die Halterungen
werden kurzerhand in die seitlich verlaufenden Nuten eingeklippst.
Angesichts des hochsensiblen Koax-Bändchens sollte man dem Schutz des Lautsprechers große Wichtigkit zuweisen. Allerdings ist es etwas schade, dass Piega keine Lösung parat hat, um mit einem kleinem, eleganten Schutzgitter lediglich eine partitielle Abdeckung des oberen Bereiches vorzunehmen, wie es beispielsweise Monitor Audio mit einem vergittertem Hochtöner vormacht.
Das koaxiale Bändchen im Detail. Leider müssen wir an
dieser Stelle bezüglich der Verarbeitungsqualität etwas Kritk
anbringen, denn sowohl die Einpassung, als auch die Entgratung
könnten durchaus noch etwas mehr Feinschliff vertragen.
Anscheinend ist dies kein Einzelfall, denn beide Lautsprechern weisen
diebezüglich diesselben Probleme auf.
Auch die Passgenauigkeit der Tieftöner gewinnt keine
Goldmedaille. Auf dem obigen Bild erkennen Sie, dass die Aussparung im
rechten Bereich ein paar Millimeter zu groß ist. Dieser kleine
Makel ist mit Sicherheit nicht als grober Schnitzer anzusehen - doch
angesichts der Preisdimension sind wir von anderen Modellen schlichtweg
ein höheres Niveau gewohnt.
Auf dem ersten Blick sichtlich unspektakulär - so sehr können die Lautsprecherterminals im täglichen Betrieb überzeugen. Auf extrem opulente Optik wurde bewusst verzichtet, doch die Leichtgängigkeit sowie Kontaktsicherheit sorgen für Begeisterung. Die Verbindung der Bi-Amping/Wiring Terminals erfolgt nicht mit simplen Metallbrücken, sondern mit einem hochwertigem und geschirmtem Lautsprecherkabel.
In die eingelassenen M8 Gewinde verbaut Piega kleine Tellerfüsse aus Kunststoff, welche man unbedingt gegen hochwertige Spikes austauschen sollte. Zum Einen gewinnen die TC70x durch eine exponierte Bodenankopplung an optischer Präsenz, desweiteren ist diese Aufstellungstechnik in vielen Fällen gegenüber dem mitgelieferten Zubehör auch klanglich von Vorteil.
Die einzelnen Gehäuseteile bestechen mit einer sehr
perfektionistischen Verarbeitungsqualität, zumal auch das
verwendete Aluminium einen extrem gediegenen Eindruck macht.
Fazit Verarbeitung:
Abgesehen von verbesserungswürdigen Details hinsichtlich der Chassiseinpassung zeigen sich die Piega Lautsprecher von ihrer besten Seite und bieten ein hohes handwerkliches Niveau. Besonders hervorheben möchten wir die (fast) beispiellos edle Oberfläche aus poliertem Aluminium, sowie die generelle Qualität des Gehäuses in Bezug auf Kanten- und Detailverarbeitung. Auch wenn eine größere Farbauswahl sehr zu begrüßen wäre, so passen die TC70x in ein modern eingerichtetes Ambiente ganz hervorragend, wenngleich die kühle, sachliche und nüchterne Ausstrahlung dieser Boxen selbstverständlich auch sehr polarisierend wirkt und nicht automatisch Jedermanns Geschmack entspricht. Uns jedenfalls hat der Flair dieser Boxen (nach kurzer Eingewöhnungszeit) in ihren Bann gezogen, und empfinden das Design als willkommene Abwechslung zu klassischen Konstruktionen.
technischer Aufbau:
Beginnen wir die technische Auseinandersetzung mit dem Piega Duett bei einem ganz grundsätzlichem Aspekt, dem Gehäuse. So extravagant die Materialauswahl einer TC70x auch wirken mag - einen guten Ruf haben Metallgehäuse noch nie gehabt. Beispielsweise eignet sich Holz grundsätzlich deutlich besser, um Gehäusevibrationen bzw. -Resonanzen zu minimieren, zumal die Verarbeitung/Zusammensetzung der einzelnen Bauteile einfacher vonstatten geht. Glücklicherweise gehört die TC70x nicht zu den Konstruktionen, die einfach nur schön aussehen wollen, sondern bietet auch verborgene innere Werte. Chefentwickler Kurt Scheuch achtete bei der Konzeption der TC70x penibel genau auf eine möglichst neutrale und resonanzhemmende Bauweise, da die hochwertigen Chassis (mehr dazu im weiteren Verlauf dieser Rubrik) nur optimalen Arbeitsbedingungen ihre Qualitäten voll ausspielen können. Herausgekommen ist ein komplexer Mix aus verschiedenen MDF-Verstrebungen, einzelnen Kammern sowie individuell selektierten Dämm-/Füllstoffen. Damit später die gesamte Box wie aus einem Guss spielt, werden die Aluminiumelemente mit einem Druck von über 3000 Tonnen zusammengepresst. Klappern oder schalldurchlässige Stellen im Gehäuse sind somit so gut wie ausgeschlossen.
Direkt nach der Einspeisung der Musiksignale über die Lautsprecherterminals liegt es an der Frequenzweiche, jedes einzelne Chassis sowohl in Bezug auf Übertragungsbereich als auch Zeitrichtigkeit richtig anzusteuern. Besonders kritisch ist bei der TC70x der Übergang zwischen Mittel/Hochtonsektion und den beiden Bass-Chassis, da sich Ungenauigkeiten sofort im Klang bemerkbar machen und den Hörspaß beeinträchtigen würden. Damit dieser Fall nicht eintritt, haben die Piega-Entwickler auch der Frequenzweiche große Aufmerksamkeit geschenkt. Erwähnenswert ist hierbei, dass sie gleichzeitig eine zuverlässige Verteilung der Signale erreicht haben, ohne dabei durch zu viele Bauteile einen geringen Wirkungsgrad in Kauf zu nehmen. Die Piega TC70x liegt mit einem Wirkungsgrad von 92db ganze 6db (also doppelte Schallenergie) höher, als eine Isophon EuropaII. Was sich zunächst recht unscheinbar anhört, macht in der Praxis bei vielen Endstufen enorme Unterschiede, da schon bei höheren Pegeln mit einer EuropaII die Leistungsgrenze mancher Verstärker erreicht wird und die Elektronik anfängt unsauber zu spielen.
Die beiden 18cm Tieftöner deuten mit ihren Verstrebungen schon rein äußerlich an, dass sie über ganz besondere Eigenschaften verfügen. Unter dem schlichten Kürzel "MOM" (für „Magnetic Optimized Motor") verbirgt sich eine spezielle Technik um die Eigenschaften des Chassis in Bezug auf Zeitrichtigkeit und Linearität deutlich zu verbessern. Die Piega TC70x arbeitet nach dem 3 Wege Verfahren und wird im Bass mit Bassreflextechnik unterstützt. Da die beiden Tieftöner keine Mitteltonanteile wiedergeben müssen, sondern sich rein um die tieffrequente Arbeit kümmern, versprechen sie saubere und tiefreichende Bässe.
Last nut not least - das Sahnehäubchen der TC70x: die koaxiale Mittel-/Hochtoneinheit. Doch bevor wir uns der verbauten Einheit innerhalb der TC70x widmen, noch ein paar allgemeine Information zu Vor- und Nachteilen von Bändchensystemen. Während ein "traditioneller" Kalottenhochtöner Schall erzeugt, indem er kolbenförmig schwingt, arbeitet ein Bändchenhochtöner mit einer Biegeschwingmembran. Der entscheidende Unterschied dieser beiden Techniken liegt in der größeren Luftmasse, die eine Kalotte bewegen muss, damit ein Ton zu hören ist. Ein Bändchen ist daher rein theoretisch in der Lage, deutlich schneller/impulstreuer zu spielen. Dem gegenüber steht wiederum die physikalische Gegebenheit, dass ein Bändchen keine großen Membranauslenkungen erlaubt, bei zunehmender Größe Probleme mit der Abstrahlcharakteristik bekommt (bei planer Konstruktion) und zu guter letzt einen kleineren Frequenzbereich abdeckt.
Piega ist nicht nur einer der Pioneere von Bändchensystemen, sondern zählt auch heute noch zu den Innovatoren in diesem Gebiet. Selbstverständlich profitiert auch die TC70x von dem riesigen Wissensfundus und darf auf aktuellste Technik zurückgreifen. Ein Großteil der Entwicklungszeit dürfte die ausgefeilte Bändchenkonstruktion beansprucht haben: Piega verbaut in einer Einheit nicht nur einen Bändchenhochtöner, sondern zugleich auch enen Mitteltöner mit gleichem Konstruktionsprinzip. Doch damit nicht genug: um eine möglichst perfekte Zeitrichtigkeit zwischen den beiden Membranen zu erreichen, befindet sich der Hochtöner inmitten des Mitteltöners - daher auch die Bezeichnung als koaxiales System.
Bezüglich des technischen Aufbaus eines Lautsprechers verfolgen wir bei AREADVD schon seit jeher die Strategie, dass es zwar interessant ist zu wissen, wie ein Lautsprecher funktioniert, doch letztenendes entscheidet ausschließlich der klangliche Eindruck über Sinn oder Unsinn von einzelnen technischen Lösungen. Ein Lautsprecher muss als Ganzes überzeugen, so dass (beispielsweise) ein gutes Gehäuse alleine noch kein Garant für herausragende Klangeigenschaften sein kann. Bitte verstehen Sie uns nicht falsch: dies ist gegenüber der Piega TC70x keineswegs negativ oder vorverurteilend gemeint. Ganz im Gegenteil: die uns bekannten technischen Eigenschaften machen großen Apetitt auf den Hörtest.
Die technischen Daten der Piega TC70x in der Übersicht:
Modell | Piega TC70x |
Bauprinzip | 3 Wege Standlautsprecher mit Bassreflexsystem |
max. Belastbarkeit | 250 Watt |
Wirkungsgrad | 92 db (1 Watt bei 1 Meter) |
Impedanz | 4 Ohm |
Chassisbestückung | 2x 18cm MOM Basstreiber 1x Cx Koax-Bändchen (Mittel + Hochton) |
Abmessungen | 102 x 26 x 29cm (B,H,T) |
Gewicht | 35 Kg |
Kombinationsempfehlung, Klangeindrücke, Konkurrenzvergleich, Fazit auf Seite 2 |