Offiziell: RTL & MTV via Satellit ab 2007 verschlüsselt

02.08.2006 (ks)

Die TV-Programme von RTL & MTV Networks sollen ab 2007 via Satellit verschlüsselt ausgestrahlt werden. Dies geht aus einer Pressemitteilung des Satellitenbetreibers SES Astra vor. Damit nehmen die Planungen für die umstrittene "Dolphin"-Plattform auf Astra und der Wechsel der Sender vom "Free TV" zum "Fee TV" konkrete Formen an. Via Astra verschlüsselt ausgestrahlt werden sollen die RTL-Senderfamilie, bestehend aus RTL, VOX, RTL II, Super RTL, n-tv, RTL Shop und Traumpartner TV sowie von MTV Networks die Programme MTV, VIVA, NICK und Comedy Central. Zusätzlich zu den bestehenden TV-Programmen plant RTL zukünftig auch die Ausstrahlung neuer verschlüsselter Angebote.

Der Start der Verschlüsselung ist für die erste Hälfte des nächsten Jahres geplant. Die Verträge mit den Sendern liegen dem Bundeskartellamt zur Prüfung vor, welches unter dem Verdacht von Absprachen der Sender ermittelt. Laut Medienberichten soll ProSiebenSat.1-Chef Guillaume de Posch auf der heutigen Pressekonferenz gesagt haben, dass man erst noch die Entscheidung des Kartellamts abwarte, bevor eine Entscheidung über die Verschlüsselung der ProSiebenSat.1-Programme getroffen werden.

Für den Empfang der zukünftig verschlüsselten Sender werden laut Astra eine Smartcard sowie die Zahlung einer "Monatspauschale" von "bis zu 3,50 EUR" erforderlich sein. Gleichzeitig werden Sat-Zuschauern in der Zukunft aber noch weitere Steine in den Weg gelegt: Astra hat bereits angekündigt, als Verschlüsselungssystem Nagravision zu nutzen. Für dieses Verschlüsselungssystem gibt es aber bislang keine frei erhältlichen Entschlüsselungs-Module, die sich in beliebigen Sat-Receivern mit CI-Slot einsetzen lassen. Stattdessen sind spezielle, von Astra zu zertifizierende Sat-Receiver für die "Dolphin"-Plattform geplant. Ab wann es Module für bereits vorhandene CI-Receiver geben wird, ist noch offen. Ähnlich wie bereits bei Premiere gibt ein Zertifizierungsprogramm dem Plattform-Betreiber die Möglichkeit, bestimmte Funktionen wie z.B. die Möglichkeit von TV-Aufnahmen auszuschließen oder einzuschränken, was nicht im Sinne des Verbrauchers ist. Astra hat bislang noch nicht öffentlich gemacht, wie die genauen Spezifikationen für die "Dolphin"-Plattform aussehen sollen. Ein Satz aus der Pressemitteilung gibt allerdings bereits einen Ausblick darauf, was die Zuschauer erwarten können: "Mit dem Aufbau der neuen Infrastruktur bietet SES ASTRA den Sendern die Möglichkeit, maßgeschneiderte Digitalprogramme und Programmpakete und -dienste wie zum Beispiel Pay-per-View und Near-Video-on-Demand über Satellit auszustrahlen. Außerdem können die Sender ihre digitalen Programme mit einem kodierten Signal vor Missbrauch schützen." Aus der Mitteilung geht nicht genau hervor, ob damit konkret auch die Verhinderung von Aufnahmen oder Kopien gemeint sind. 

SES ASTRA will die digitalen Sendesignale bestimmter Sender für eine Übergangszeit gleichzeitig verschlüsselt und unverschlüsselt ausstrahlen. Offen ist, ob die betroffenen Programme auch zunächst noch analog via Astra ausgestrahlt werden. Von einer Abschaltung wären nicht nur viele Privathaushalte betroffen, sondern auch Kabelnetzbetreiber, die die Privat-Programme derzeit noch über den analogen Verbreitungsweg in ihre Netze einspeisen.

Bei den Landesmedienanstalten stoßen die Verschlüsselungspläne bereits auf Kritik: Ein großes Augenmerk wollen die Medienwächter auf die technische und unternehmerische Zugangsoffenheit der ASTRA-Plattform zu legen. Diese sei laut einer Mitteilung der "Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten" nur dann gegeben, "wenn bei den Empfangsgeräten ein offener Standard herrscht, damit auch andere Vermarktungsplattformen Zugang zu den Satellitenhaushalten haben" Außerdem wird auch überlegt, die Privatsender selbst in die Pflicht zu nehmen: "Wenn auch noch auf dem digitalen terrestrischen Weg eine Mautstelle errichtet werden soll, dann drängt sich“, so der stellvertretende DLM-Vorsitzende Dr. Victor Henle, „die Überlegung auf, für bestimmte reichweitenstarke Programme eine Must-free-Offer-Regelung einzuführen“.

Ob sich die Privatsender mit ihren Verschlüsselungsplänen durchsetzen, wird davon abhängig sein, ob die TV-Zuschauer bereit sind, zukünftig für Programme von RTL & MTV wie "Gute Zeiten, Schlechte Zeiten" oder "Jackass" zu zahlen. MTV konnte sich bereits in den Neunziger Jahren mit der Verschlüsselung in Deutschland nicht durchsetzen und sorgte durch die Verschlüsselung dafür, dass der Konkurrenzsender VIVA Marktanteile gewinnen konnte. Und sinkende Reichweiten, von denen eventuell sogar kleinere Sender profitieren können, sorgen in der Konsequenz auch für sinkende Werbeeinnahmen. Der Zuschauer hat es also indirekt selbst in der Hand, wie die TV-Landschaft von Morgen aussehen wird.

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