TEST: Stereo-Röhrenverstärker Magnat RV2 - Tradition, Qualität und klangliche Harmonie 

14.02.2011 (cr)

Mit Abdeckung über den Röhren

Ohne Abdeckung

Einführung

Schon auf der letzten IFA konnte er bewundert werden – der für 1999 EUR erhältliche Magnat Röhrenverstärker RV2. Für Stereo-Liebhaber, die den speziellen, leicht warmen und sehr angenehmen Sound der Röhre lieben, ist hier zum vertretbaren Preis ein hochwertiges Stück Verstärkerbau entstanden. Bei 20 Hz bis 20 kHz bei einem Gesamtklirrfaktor von weniger als 1 Prozent werden an 4 Ohm und an 8 Ohm 2 x 50 Watt an Leistung abgegeben. Das satte 23 kg wiegende Gerät besitzt ein stabiles Vollmetallgehäuse mit 8 mm dicker Frontplatte. Wie leistungsfähig der Nachfolger des RV-1 ist, haben wir überprüft. 

Video - Überblick 

 

Verarbeitung und Technik 

Anschlüsse

Gesamtansicht hinten

Hochwertige Speakerterminals

Lautstärkedrehregler, zentral untergebracht

Regler für Balance und Eingangswahl

Produktbezeichnung

Röhre im Detail

Speziell selektierte Röhren kommen zum Einsatz

Aus russischer Produktion

Röhren erzeugen ein angenehmes Klangbild

Hochwertiger Gesamtaufbau

Vollmetallfernbedienung

Schwer und sauber verarbeitet

Edle Technik und beste Verarbeitung

Unterseite im Gesamten

Standfüße

Der üppige 23 kg wiegende RV2 erscheint wie aus dem Vollen gefräst. Nur wenige Regler zieren - ganz im Sinne des puristisch-akustischen Grundgedankens - die Frontplatte aus 8 mm dickem Aluminium. Kleiner Schönheitsfehler: Der sonst griffgünstige und edel wirkende Lautstärkedrehregler ist nicht gerastert. Dafür sorgt ein präzises ALPS-Motor-Potentiometer für eine exakte Lautstärkereglung. Die Umschaltung des Eingangs erfolgt über Reed-Relais. Der zugehörige Regler macht einen sehr soliden Eindruck, ebenso der für die Balance. Klangregler sind keine vorhanden. Die Rückseite des RV2 beeindruckt durch die stabilen und optisch schönen Lautsprecherkabelanschlussbuchsen, die auch hochwertige Bananenstecker aufnehmen. Die Cinchbuchsen sind weit genug voneinander entfernt, um auch edle Kabel problemlos anzuschließen. Selbstverständlich sind stabilen Halt gebende Standfüße unter dem Gerät. Mitgeliefert wird auch eine Fernbedienung, die komplett aus Metall besteht und lediglich für die Reglung der Lautstärke zuständig ist. Eine Mute-Taste findet sich noch - das war dann die komplette Bestückung. Um übrigens die Batterien einlegen zu können, muss die hochsolide Rückseite mittels des mitgelieferten Schraubenziehers geöffnet werden. Die MM/MC Phone-Vorstufe soll ihre Leistungsfähigkeit durch rauscharme Operationsverstärker unter Beweis stellen. Die Class AB-Endstufe, bestückt mit selektierten russischen und bereits eingebrannten (60 Stunden) Röhren des Typs 6550, liefert an 4 und an 8 Ohm (20 Hz bis 20 kHz) 2 x 50 Watt Leistung ab. Der Gesamtklirrfaktor liegt bei unter 1 Prozent. Damit stets eine optimale Stromlieferfähigkeit garantiert ist, verbaut Magnat ein leistungsfähiges Netzteil mit separat stabilisierten Spannungen für die einzelnen Schaltkreise. Auf der Rückseite finden sich analoge Eingänge für Phono MM, Phono MC, CD, Tuner, AUX sowie Tape. Zur Verfügung steht ferner ein analoger REC-Ausgang. 

Testequipment
Klang

Corey Hart - Sunglasses at Night: Der Kultsong aus den 80er Jahren wurde akustisch frisch renoviert und befindet sich auf dem Sampler "SoEighties 2". Mit Kraft und einer überraschenden Authentizität macht sich der RV2 hier an die Wiedergabe. Das träge Wesen vieler Röhren-Kollegen ist dem RV2 nicht eigen. Sicherlich, er bringt keine überbordende Grobdynamik mit, die die Maßstäbe des Vorstellbaren sprengt, aber mit dem Gebotenen kann man sehr zufrieden sein. Dynamikwechsel werden gut erkannt, die Loslösung des Klangs von den Boxen ist, hochwertige Lautsprecher vorausgesetzt, sehr gelungen. 

Der RV2 bietet überragende Klangeigenschaften

Das Klangbild ist sehr angenehm

Howard Jones - What is Love: Auch hier beweist der RV2 seine Tauglichkeit für Discohymnen der 80er Jahre. Vor allem der homogene, in sich schlüssige Grundtonbereich mit solider, Röhren-typischer, aber nie störende Wärme gefällt sehr gut. Bedingt durch  das Arbeitsprinzip mit hohem Verlustwärmeanteil ist der RV2 kein Pegelwunder, man kann aber sehr gepflegt deutlich über normaler Zimmerlautstärke hören und die hervorragende Arbeit des RV2 im Bassbereich genießen. Wer braucht da noch Klangregler, wenn die Grundauslegung mit überragendem Tiefgang, Substanz und Präzision schon so überzeugt. Und nur akustische Narren füttern eine "klangliche Eliteeinheit" wie den RV2 mit übelster Software, die nur aus dröhnenden Mitten, keinem Bass und schreienden Höhen besteht und somit dringend nach DSP-Nachbearbeitung verlangt. 

Brian Ferry, It's all over Baby Blue: Klar gestaffelt und mit gut gezeichneten vokalen Konturen wird dieser Song aus Ferry Album "Frantic" wiedergegeben. Verbunden mit einem Lautsprecher, der über einen Bändchenhochtöner verfügt wie unsere Aurum Vulkan VIII, kann im Hochtonbereich eine überragende Räumlichkeit erbracht werden. Der Hochtonbereich ist beim RV2 im Vergleich zum RV1 frischer und lebendiger sowie detaillierter geworden. Für einen Röhrenverstärker kann man hier nur den Hut ziehen. Sehr gut gelingt auch die Stimm- und Instrumentaltrennung. Der Rhythmus wird prima erkannt und recht impulstreu umgesetzt, wenngleich hier transistorbasierte Verstärkereinheiten noch eine Idee schwungvoller agieren.

Wolfgang Amadeus Mozart, Sonate für 2 Klaviere, Allegro: Das teils sehr schnelle Spiel bereitet dem RV2 überraschend geringe Schwierigkeiten. Die Temperatur der Pianos wird ausgezeichnet getroffen, durch das sehr gute Auflösungsvermögen kommt die Anschlagdynamik stimmig heraus. Die klaren Konturen sorgen für ein plastisches und emotionales Klangbild, welches sich in hervorragender Weise gleichmäßig im Hörraum ausbreitet. Durch die Selektion hochwertiger Bauteile konnte auch das Rauschen des RV2 auf ein so geringes Maß reduziert werden, dass man es auch bei hohem Pegel nicht wahrnimmt. 

Antonio Vivaldi, Rezitativ und Arie aus der Kantate RV679: Wir haben selten in unserem Testraum eine so gelungene Wiedergabe des diffizil darstellbaren Cembalo vernehmen dürfen. So angenehm, aber gleichzeitig so gut durchhörbar - dies sorgt für Freude und Erstaunen. Doch auch die Frauenstimme gefällt. Es mag zwar im Detail noch eine Idee brillanter gehen, dafür aber ist die Tonalität von so angenehmer Art und Weise, dass man ohne aggressive oder schrille Beimengungen auch bei höherem Pegel entspannt lauschen kann. Die gleichberechtigte Darstellung von Instrumenten weiß ebenfalls Akzente zu setzen. Homogen, mit feiner, kultivierter Note, geht der RV2 seiner Arbeit nach und kann seinen Vorläufer hörbar übertreffen. Dieser klang etwas weicher und holte nicht so viele Details ans Tageslicht. 

Within Temptation, "The Howling": Aus dem Album "The Heart of Everything" entnommen, legt dieser Titel nach kurzem Intro mit massiver Wucht los. Dieser Dynamiksprung wird nicht in erstklassiger Güte erfasst, aber in für einen Röhrenverstärker sehr gekonnter Form. Was uns ungemein gefällt, man kann es kaum oft genug erwähnen: Die lässige, stets angenehme, nie drückende Art der Wiedergabe. Man setzt sich einfach auf die Couch und hört zu - nichts trübt oder stört den Hörspaß. Toll ist der Tiefgang, in Zusammenarbeit mit großen Standlautsprechern werden hier auch hochwertige aktive Subwoofer gnadenlos zu Statisten degradiert. Die E-Gitarre ertönt energiegeladen, die Frauenstimme weist klar erkennbare Konturen auf. 

Jan Hammer Project featuring TQ, Crockett's Theme: Der kräftige, dabei gar nicht unpräzise oder verwaschene Bass reicht bis tief in den Frequenzkeller und bringt ein sehr gutes Volumen mit. Die Stimme wird gut, aber minimal zurückversetzt wiedergegeben. Die E-Gitarren-Parts klingen nachdrücklich und beeindrucken ebenfalls durch Räumlichkeit. Der Klang löst sich auch bei diesem Beispiel exzellent von den Lautsprechern. 

Andrea Bocelli, L'Attesa: Aus dem Album "Andrea" stammt dieser wie gewohnt sehr emotionale Titel. Mit viel Gefühl, das sich in einer imposanten Tiefe und Breite der Wiedergabe ausdrückt, setzt sich der RV2 hier blendend in Szene. Wunderschön "smooth", klar und fein eingebunden präsentieren sich die Streicher. Ganz oben fehlt es Andreas Stimme zwar etwas an Strahlkraft, dafür aber bleibt die Auslegung stets angenehm und rund. Die Übergänge zwischen den einzelnen Frequenzspektren werden sanft und beinahe unmerklich ausgestaltet, so dass als Ergebnis der Vorstellung ein ganzheitliches, lückenloses klangliches Erlebnis genossen werden kann. 

Faithless, Insomnia, Album-Version von "The Best of Faithless": Der Stück-für-Stück-Aufbau des Tranceklassikers aus den 90er Jahren kommt sehr gut zum Ausdruck. Jeder Effekt, der hinzukommt, wird vom RV2 exakt präsentiert. Dem harten Kickbass fehlt es etwas an Ausprägung und Geschwindigkeit. Die Räumlichkeit ist wiederum überragend. Der Klang löst sich ausgezeichnet vom Lautsprecher und verteilt sich wie ein fein gewobener akustischer Teppich im Hörraum. Die verschiedenen klanglichen Ebenen können bis ganz nach hinten unterschieden werden - der RV2 vergisst praktisch nichts. 

Generelle Charakteristik

Der Magnat RV2 präsentiert sich als Stereo-Röhrenverstärker für akustische Genießer. Wer es gern üppig, leicht warm und kultiviert mag, zudem aber nicht auf eine gewisse Dynamik verzichten möchte, sollte hier zuschlagen. Der RV2 macht sich bestens im Musikzimmer und harmoniert sehr gut mit Lautsprechern, die einen räumlich weitläufigen Hochtonbereich realisieren können. Auch Tiefgang und Bassstärke sollte die Box mitbringen, die Anschluss am RV2 findet. Zu schlank und analytisch vorgehende Schallwandler hingegen verderben den Spaß am RV2 beinahe gänzlich. Hier sollte man auf eine stimmige Kombination achten und das ins Auge gefasste auf jeden Fall vor Erwerb Probe hören. Die Pegelfestigkeit ist gut, aber nicht exzellent. Ideal macht sich der RV2 in Räumen zwischen 15 und 30 Quadratmeter. Vorsicht bei der Unterbringung: Aufgrund der sehr deutlichen Erhitzung (Arbeitsprinzip!) empfiehlt es sich, den Verstärker frei stehend zu positionieren, z.B. auf einem Tisch o.ä. Die Unterbringung in einem Regal oder ähnlichem ist nicht ratsam. 

Gesamtnote Klang in Relation zum Kaufpreis: Ausgezeichnet - hervorragend. 

Fazit

Der Magnat RV2 kann seinen Vorgänger akustisch übertreffen: Er klingt detailreicher, weist einen noch besseren Tiefgang und mehr Räumlichkeit auf. Gleichzeitig klingt der Hochtonbereich freier und verfügt über mehr Auflösung. Die sehr hochwertige Verarbeitung bis ins Detail spricht ebenso für den RV2 wie der fürs Gebotene faire Kaufpreis. 

Handwerklich überzeugend gemachter, kultiviert-kraftvoll und schön klingender Stereo-Röhrenverstärker

Stereo-Verstärker Oberklasse
Test 14. Februar 2011

+ Erstklassige akustische Homogenität
+ Sehr guter Tiefgang
+ Ausgezeichnete Räumlichkeit
+ Exzellente Verarbeitung

- Durch puristische Auslegung nur Grundfunktionen vorhanden

Hier geht es zu den technischen Daten: http://www.magnat.de

Test: Carsten Rampacher
Datum: 14.02.2011