TEST: Standlautsprecher Klipsch Reference RF-62 MkII - Dynamisch und kraftvoll

26.07.2011 (cr/sw)

Klipsch-typischer Auftritt, klassisches Reference-Design

Einführung

Für einen Stückpreis von 550 EUR (Paarpreis 1100 EUR) wechselt die Standbox Klipsch Reference RF-62 MkII den Besitzer. Der Lautsprecher setzt mit einer kurzzeitig möglichen Belastungsspitze von 500 Watt (Dauerbelastbarkeit 125 Watt RMS) und einer Empfindlichkeit von 97 dB (2,83 V @ 1 m) Maßstäbe und ist als Bassreflex-Konstruktion mit zwei rückwärtig untergebrachten Bassreflex-Ports konzipiert. Typisch für Klipsch nutzt auch die RF-62 ein Hornkonstruktion für eine effektive Hochtonwiedergabe - basierend auf einem 2,54 Titantreiber befindet  sich das von Klipsch "Tractix" genannte Horn davor. Natürlich darf auch die andere Seite des Frequenzspektrums nicht vergessen werden, zwei 16,5 cm Basstreiber mit Cerametallic-Membran sorgen für einen enormen Nachdruck und einen ansprechenden Tiefgang. Jede Box wiegt 22,3 kg und ist mit einer Höhe (mit Füßen) von 102 cm, einer Breite von 21,6 cm und einer Tiefe (mit Grill) von 39 cm im größeren Wohnzimmer noch ohne größere Probleme aufzustellen. 

Video - Überblick 

 

Verarbeitung und Technik

Gut eingepasstes Bi-Amping-Terminal, die Lautsprecherkabel-Schraubanschlüsse wirken recht schlicht

Nicht direkt an der Wand aufstellen: Zwei Bassreflexrohre "schießen" nach hinten 

Hochwertige Standfüße

Passung im Detail

Gute Oberflächenqualität, aber scharfe Kanten und keine Rundungen an den Gehäusekanten

Zwei 16,5 cm Tieftöner für satten Bass

Hochtöner mit Hornvorsatz

Ausgebauter Hochöner

Tieftöner - Anschlüsse

Ausgebauter Tieftöner im Querschnitt

Lautsprecher-Abdeckgitter im Detail

Frequenzweiche

Im Detail

Dickes Gehäuse, innen mit Querverstrebung für mehr Steifigkeit

Die RF-62 präsentiert sich als "richtige" Lautsprecherbox, der Design-Spielereien und Skulpturen-Style so fremd sind wie einem US-Bürger das Dreiliterauto. Das Design wurde im Vergleich zur Vorgängerbaureihe kaum verändert, die kupferfarbenen Lautsprechermembranen aus Cerametallic sehen auf jeden Fall gut aus und gehen eine tadellose Synthese mit der anthrazitfarbenen Schallwand ein. Mitgeliefert wird ein relativ leichtes, magnetisch haltendes Lautsprecherschutzgitter mit Stoffbespannung. Besonders edel oder hochwertig wirkt es nicht, aber es erfüllt seinen Zweck und ist einfach zu befestigen. Gut gefällt uns der Sockel unter der Box, die Standfüße erscheinen hochwertig und garantieren, dass die RF-62 "kippfrei" bleibt. Die Oberflächenqualität ist gut, was leider nach wie vor nicht optimal gelöst ist, sind die etwas spitzen Gehäusekanten. Die RF-62 verfügt über ein Bi-Amping-fähige Terminals, die bezüglich ihrer Ausführung gängigem Standard entsprechen. Die Treiber sind hinter der Schallwand montiert, die Schallwand selber ist über solide Schrauben mit dem Korpus verbunden. Das Innenleben ist ordentlich verarbeitet, der Aufbau der Frequenzweiche erscheint relativ schlicht. Querverstrebungen sorgen innen für eine erhöhte Steifigkeit.  

Testequipment
Klang

Die Klipsch RF-62 MkII ist nach wie vor ein äußerst dynamischer und nachdrücklicher Vertreter der Bauart Standboxen. Sehr gut eignet sich der Tiesto-Remix des Goldfrapp-Titels "Rocket", um dies zu untermauern. Es dürfte in der Preisklasse kaum eine andere Konstruktion geben, die im Bassbereich so sehr begeistert - und im Gegensatz zu manch früherem Modell macht die Reference RF-62 MkII weit mehr als nur einen "dicken" Bass: Sie kokettiert mit Tiefgang, Substanz, Räumlichkeit, Struktur und Schnelligkeit. Die im Song enthaltenen Bassanteile werden sauber auseinander differenziert und komplett dargestellt. Der Bass kommt stets genau auf den Punkt und schwingt nicht nach, hier haben die Klipsch-Entwickler ganze Arbeit geleistet. 

Die RF-62 MkII präsentiert sich als schnell im Antritt und als pegelhungrig

Wer schon bei "niedrigen Drehzahlen" - will heißen bei nachbarnverträglichen Pegeln - ordentlich Punch im tieffrequenten Bereich und eine lebhafte Hochtonwiedergabe realisieren möchte, kann durchaus die Loudness-Schaltung, falls vorhanden, am AVR oder am Stereoverstärker aktivieren. Die räumliche Wirkung ist ebenfalls ausgezeichnet, der Klang löst sich hervorragend vom Lautsprecher. Bei "Close My Eyes" (Sander van Dorn vs. Robbie Williams" sind die Stimmen zwar leicht zurückgenommen und "faden" etwas aus dem Fokus, der mächtige Bass aber wird gleichermaßen wuchtig wie schnell übertragen. Der Effektaufbau kommt sehr gut zur Geltung, ebenso wie bei "Time Out" (Dream Dance Alliance). Durch den sehr hohen Wirkungsgrad wird nicht einmal ein übermäßig leistungsstarker Verstärker für einen dynamischen Betrieb benötigt - noch mehr Freude bereitet die RF-62 MkII allerdings, wenn ordentlich Input in die US-Box geschoben wird - die Real Booty Babes Version des Lady Gaga Superhits "Pokerface" kommt dann mit beinahe unbändiger akustischer Energie zum Hörer. 

Doch auch mit anderen Musikrichtungen kommt die RF-62 sehr gut klar, wenn man einen sehr intensiven und kraftvollen Klang schätzt. So bei Bryan Ferrys Hit "It's All Over Now, Baby Blue" - hier geht aus grobdynamischer Sicht wiederum "die Post ab", während die feindynamischen Qualitäten im Vergleich zu älteren Modellen zugenommen haben, was sich auch in einer besseren Trennung von Stimmen und Instrumenten zeigt. Die Mundharmonika kommt ebenfalls gut heraus, der Rhythmus ist allzeit klar erkennbar. Der Hochtonbereicht ist sehr dynamisch, wer sehr laute Pegel fährt, stellt eine gewisse Überbetonung im Vergleich zum Mitteltonbereich fest. Der eher sensible Start von "The Howling" (Within Temptation) steht im krassen Gegensatz zu dem, was nach den ersten 20 Sekunden passiert, die beiden RF-62 managen den plötzlichen Dynamiksprung hervorragend. Die Aggressivität des Stücks wird nahezu ungefiltert übertragen. Die RF-62 macht einen solchen Druck, dass viele eine deutlich ausladendere Box als Beschallungsmittel erwarten würden. Die Differenzierung der musikalischen Ebenen nimmt bei sehr hohem Pegel allerdings deutlich ab. Hier können größere Modelle aus dem Hause Klipsch nochmals hörbar mehr und behalten beinahe das volle Ausmaß an Differenzierungsvermögen bei. 

Der Tieftöner ist auf hohe Belastung und nachdrücklichen Antritt ausgelegt

Es war eigentlich bereits klar, dass auch bei "Breathe" von The Prodigy ein großes Spektakel geboten wird - und die RF-62 enttäuscht nicht. Der Bass ist schnell und sehr nachdrücklich - die Effekte schießen mit Höchstgeschwindigkeit durch den Raum - klar wird hier erneut, dass die RF-62 für empfindsame Naturen, die eher zurückhaltend veranlagt sind, nicht unbedingt der richtige Partner ist. Wer es gern fetzig, intensiv und raumfüllend mag, liegt hingegen genau richtig. 

Bei Carl Orffs legendärer "Carmina Burana" wird auch einiges geboten - Dynamik, die Fähigkeit, räumlich darzustellen, und ordentlich Nachdruck in der Gesamtwiedergabe sind auch hier gefragt. Die Klipsch RF-62 spielt ihre bereits zur Genüge geschilderten Vorzüge auch hier voll aus. Die Detaillierung des Chors zu Beginn ist gut und deutlich besser als bei den Vorgängern, Dynamiksprünge werden unvermittelt übertragen. Sofort werden kräftige Impulse mit tadelloser Räumlichkeit in den Hörraum getragen. Die Übergänge zwischen den Teilen des Frequenzspektrums sind relativ fließend, hier gibt es aber Konkurrenten, die noch harmonischer agieren. Trotz dieses kleinen Defizits kann man mit der Darstellung des Frühlings von Antonio Vivaldis "Vier Jahreszeiten" sehr zufrieden sein: Das erste Allegro wirkt frisch, dynamisch und bietet zudem eine gute Durchhörbarkeit. Arbeitet das gesamte große Orchester, kann die Klipsch wieder ihr schnelles Ansprechverhalten und die raumfüllende Wiedergabe als Vorzüge anführen. Die Detailarbeit zeigt sich auch hier als verbessert, was man besonders an der Wiedergabe der Streicher merkt, die weniger synthetisch und hörbar natürlicher zur Geltung kommen. 

Im Bassbereich rangiert die RF-62 MkII weit vorn im Klassenumfeld

Im Vergleich mit der Reference RF-63, die deutlich kostspieliger ist,  beweist die neue RF-62, wie gut sie geworden ist. Bei der Pegelfestigkeit sind die Unterschiede gar nicht so groß, die Räumlichkeit ist bei der größeren RF-63 aber doch besser. Was die Detaillierung angeht, merkt man, wie deutlich der Sprung bei den MkII-Modellen ist, die RF-62 MkII spielt hier beinahe auf dem Level der RF-63. Die Nubert nuVero 3 profiliert sich als sehr basskräftige und Platz sparende Alternative - so viel Wucht wie die RF-62 MkII kann sie natürlich nicht bereit stellen, dafür agiert sie tonal neutral und detailliert stimmig durch. Die Teufel T 500 ist ebenfalls neutral abgestimmt und im Bassbereich schlanker als die sehr kräftig agierende Klipsch RF-62. Räumlich sensibel und auch gern einmal filigran, wendet sich die preisgünstige T 500 eher an den Feingeist - trotzdem kann sie sehr gut hohe Pegel an, wenngleich hier der Schlussstrich früher gezogen wird als bei der Klipsch RF-62 MkII. 

Fazit

Die Klipsch RF-62 MkII fühlt sich der Klipsch-typischen Tradition verpflichtet und punktet mit hervorragendem Tiefgang, ausgezeichneter Grobdynamik und überragender Pegelfestigkeit. Im Vergleich zur Vorgängergeneration konnte die RF-62 in anderen wichtigen Eigenschaften merklich zulegen. So besitzt das Klangbild insgesamt mehr Kontur und Struktur, die Raumausleuchtung im Hochtonbereich wurde ebenfalls verbessert. Nach wie vor allerdings präsentiert sich die Klipsch als "echte Männerbox" mit hohem Spaßfaktor. Gerade für kraftvolle Rockmusik oder für Techno-/Trance-Hymnen eignet sich die RF-62 exzellent, und auch als Basis für ein leistungsstarkes Mehrkanal-Lautsprechersystem stellt der US-amerikanische Schallwandler eine sehr empfehlenswerte Basis dar. Passend zum klanglichen Auftreten ist auch die optische Präsenz markant, männlich und stellt keine Sekunde die eigentliche Bestimmung in Frage. 

Enorm pegelfeste, grobdynamisch exzellente Standbox, die zudem über einen hohen Wirkungsgrad verfügt

Standlautsprecher Mittelklasse
Test 26. Juli 2011

+ Hervorragender Antritt
+ Enorm pegelfreudig
+ Sehr guter Tiefgang
+ Deutlich bessere Detaillierung als Vorgängerserie
+ Hoher Wirkungsgrad

- in manchem Detail einfache Verarbeitung

Test: Carsten Rampacher
Fotos: Sven Wunderlich
Datum: 26.07.2011