INFO: Akustische Grundlagen - der Schall 

24. August 2006
Gastautor: Dr. Hermann Rampacher

Der Schall

Ohne Schall könnten wir weder sprechen, noch hören. Unser Mund sendet Schallwellen aus, etwa indem wir sprechen oder singen. Unser Ohr empfängt Schallwellen und weil wir, sind wir gesund, zwei vollwertige Ohren in einem gewissen Abstand haben, können wir die Schallquelle, eine Person oder etwa ein vorbeifahrendes Auto, jeweils als Schallsender orten.

Auch wenn wir elektronische Geräte einsetzen, können wir den Schall nicht ersetzen. Spätestens dann, wenn Informationen, z. B. Sprache oder Musik, etwa vermittels eines Kopfhörers oder Lautsprechers unser Ohr erreichen, müssen sie in Schallwellen umgesetzt werden. Denn nur diese kann unser Ohr aufgrund seiner Bauart hören.

Was Wellen sind, kennen wir von den Wasserwellen. Also betrachten wir erst einmal Wasserwellen als Beispiel für die wellenförmige Ausbreitung in einem Medium, in diesem Fall im Medium Wasser. Als Kinder haben wir oft in einen Teich mit ganz glatter Wasseroberfläche einen Stein geworfen und dabei beobachtet, wie sich Wasserwellen vom Einwurf weg kreisförmig ausbreiten. Was breitet sich nun aus, das Wasser oder die Welle? 

Um das zu entscheiden, brauchen wir nur einen Korken ins Wasser zu werfen. Und siehe da, er tanzt nur lebhaft auf und ab, bleibt aber ungefähr an seiner ursprünglichen Stelle. Folglich breitet sich die Welle kreisförmig aus, nicht etwa das Wasser als das Medium, in dem sich die Welle durch Verformung der ursprünglich glatten Wasseroberfläche ausbreitet. Und noch etwas können wir beim Wasser beobachten: Die Eigenbewegung des Wassers erfolgt senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Wellen. Das sagt uns auch der tanzende Korken. Fachleute bezeichnen Wellen, die das Medium, in dem sie sich ausbreiten, senkrecht zur Fortpflanzungsrichtung aus der Ruhe bringen, als transversale Wellen.

Übrigens hat sich herausgestellt, dass elektromagnetische Wellen, also z. B. Radiowellen, Licht oder Röntgenstrahlen transversale Wellen sind; ihr Medium ist das schwingende elektromagnetische Feld. Früher konnte sich niemand so richtig ein Feld im leeren Raum, im Vakuum, vorstellen. Deshalb nahmen Forscher an, die Radio- oder Lichtwellen bewegten sich nicht im leeren Raum, sondern in einem ganz "leichten Stoff" namens Äther. Deshalb sagen wir heute noch manchmal: Die Radiowellen kommen aus dem Äther!

Zurück zum Schall. Dieser breitet sich im Medium Luft aus. Im leeren Raum existiert kein Schall! Im Unterschied zu den Oberflächenwellen des Wassers und den Radiowellen schwingt aber die Luft beim Schall in Richtung der Schallausbreitung. Und zwar wird die Luft periodisch zusammengepresst und ausgedehnt. Wellen, die in Richtung ihrer Ausbreitung schwingen, heißen allgemein Longitudinalwellen.

Alle Wellen, ob Transversal- oder Longitudinalwellen, haben eine ganze Reihe gemeinsamer Eigenschaften. Alle Wellen haben bestimmte Wellenlängen und Amplituden. Die Amplitude misst die Höhe der Wellenberge im Medium, die Wellenlänge den Abstand zwischen zwei Wellenbergen. Je kleiner dieser Abstand ist, desto höher ist die Frequenz der Welle.

Manch einer erinnert sich an den Physikunterricht. Dort wurde eine solche Welle durch die mathematische Sinusfunktion beschrieben. Man spricht deshalb auch von einer Sinuswelle, ihrer Frequenz und ihrer Amplitude.

Bei Schallwellen beschreibt die Frequenz einer Sinuswelle die Höhe eines Tones, die Amplitude misst dagegen die Lautstärke. Je größer die zu übertragende Lautstärke ist, desto mehr müssen unsere Lautsprecher durch entsprechend heftige Bewegung ihrer Membrane leisten. 

Die tiefsten Wellen haben eine ganz unangenehme Nebenwirkung: Sie können, wenn z. B. unser Subwoofer nicht richtig aufgestellt ist oder auch zu stark aufgedreht wird, den Boden unseres Zimmers, im Extremfall die ganze Zwischendecke zum Mitschwingen bringen. Diese dafür aufgebrachte Schwingungsenergie wird dann erstens denn Schallwellen in der Luft entzogen und kann zweitens in Extremfällen zu Beschädigungen am Wohngebäude führen. Wir sprechen in diesem Fall von nicht gewollten Resonanzen: Andere Gegenstände im Zimmer schwingen im Takt mit bestimmten hohen oder tiefen Tönen.

Die vielleicht wichtigste qualitative Welleneigenschaft ist die der Interferenz. Auch diesen Vorgang können wir am einfachsten beim Wasser bebachten. Werfen wir gleichzeitig zwei etwa gleichschwere Steine in nicht zu großem Abstand der Einschlagstellen in unseren Teich mit absolut glatter Oberfläche, dann breiten sich gleichzeitig zwei Wasserwellen etwa gleicher Wellenlänge und Amplitude kreisförmig aus. Und nun passiert etwas Spannendes: An bestimmten Stellen kommen ein Wellenberg und ein Wellental zusammen und das Wasser bleibt glatt und eben wie vor dem Einwurf der Steine. An anderen Stellen kommen Berg und Berg zusammen und verstärken sich gegenseitig. Das bedeutet: In den Richtungen, wo die Berge zusammenfallen, breitet sich besonders viel von der Energie aus, die wir durch die Wurfbewegung, die Bewegungsenergie der Steine, ins Wasser gebracht haben.

Dieses Phänomen der Interferenz macht man sich bei der Konstruktion von ganzen Lautsprechersystemen, von Boxen, zu Nutze. Man erreicht dadurch, dass der Schall sich nicht energetisch verzettelt, sondern seine Energie vornehmlich in bestimmte, vom Konstrukteur gewünschte Richtungen abstrahlt. Also z. B. dahin, wo wir bequem im Wohnzimmersessel sitzen. 

Bei geeigneter Aufzeichnung durch an unterschiedlichen Stellen aufgehängte Mikrophone, kann der Schall, der z. B. von einem Symphonieorchester in einer großen Konzerthalle ausgeht, durch unsere Lausprechersysteme auch räumlich weitgehend treu rekonstruiert werden. Besonders schön können wir diese Raumwirkung bei Beifallsbekundungen erleben. Denn dabei wirkt auch noch der Zuschauerraum bei der Beschallung mit.

Die Schallwellen, die als Sinuswellen unser Ohr erreichen, haben aber nicht nur eine Frequenz, bestehen nicht nur aus einem Ton. Sie bestehen vielmehr, wenn wir z.B. Musik hören, aus einer Fülle von hohen, mittleren und tiefen Tönen. In modernen, höherwertigen Anlagen haben wir eigene Lautsprechersysteme für hohe, mittlere und tiefe Töne, die Hoch-, Mittel- oder Tieftöner.

Nun hören wir aber nicht nur Melodien als eine Abfolge von Tönen unterschiedlicher Frequenz. Sondern wir hören auch, ob diese Melodien von einer menschlichen Stimme, z. B. einem Tenor, gesungen werden, von einem Klavier erzeugt oder gar von einem ganzen Orchester wiedergegeben werden. Die Klangfarbe, durch die wir den Sender, also etwa die Geige, erkennen, kommt von den sogenannten Obertönen. Das sind Vielfache der Sinusfrequenzen der einzelnen Töne, deren Abfolge die Melodie ausmacht. Durch Überlagerung, durch Superposition der Sinuswellen, deren Frequenz Vielfache der Töne sind, die unser Ohr erreichen, können wir die unterschiedlichen Sender identifizieren.

Nun haben sowohl Verstärker als auch Tonträger bestimmte Grenzen bei den Frequenzen, die sie verstärken oder speichern können. Und zwar Grenzen nach unten und nach oben. Eine CD kann z. B. Frequenzen, die höher als 20 kHz sind, nicht mehr speichern. Damit fallen also bei der Wiedergabe solche Obertöne der Musikinstrumente weg, die noch höhere Frequenzen haben. Dies war bei der klassischen Schallplatte z.B. nicht der Fall. Deshalb schwärmen noch heute manche Fans von ihren alten Schellack- oder Venylschallplatten; gibt man sie mit heutigen Verstärkern wieder, verstärken diese z.B. noch Frequenzen bis 100 kHz. Die ganz modernen DVD-Audio- oder SACD-Tonträger haben inzwischen ebenfalls die Eigenschaft, dass sie Frequenzen bis 100.000 Hz  bzw. 100 kHz (SACD) speichern können, wodurch die Klangtreue der Wiedergabe durch entsprechend leistungsfähige Verstärker und Lautsprechersysteme noch besser wird.

Die klassische Schallplatte gab indessen nicht nur Töne und Obertöne, sondern auch Geräusche wieder, z. B. wenn der Bogen eines Geigers krächzend nicht nur Saiten berührt. Geräusche bestehen nicht aus Superpositionen reiner Sinuswellen, die jeweils ein Vielfaches eines Tones sind, sondern aus beliebigen Überlagerungen unterschiedlichster Töne zur gleichen Zeit. Diese Superpositionen empfinden wir als Geräusche. Sender von Geräuschen können wir durch die Mischungen der Obertöne der gleichzeitig erzeugten unterschiedlichsten Töne, z.B. als knisterndes Papier, als Auto- oder Eisenbahngeräusch identifizieren. Denn mathematisch kann man letztlich jede, auch noch so deformierte, Schallausbreitung durch entsprechend viele - im Extremfall unendlich viele - Sinuswellen unterschiedlichster Amplituden und Frequenzen darstellen. 

Oben haben wir davon gesprochen, dass bei hochwertigen Anlagen Hoch-, Mittel- und Tieftöner eingesetzt werden. Damit kann man - wenn man zugleich entsprechend gute Verstärker verfügt - besser erreichen, dass Sinuswellen wieder in Sinuswellen transformiert werden, ihre symmetrische Form nicht gestört, nicht verzerrt wird, was unsere Ohren als sehr störend empfinden. Das Gleiche kann, wie schon angedeutet, passieren, wenn Verstärker leistungsmäßig überfordert werden und nicht mehr linear verstärken, also Sinuswellen nicht wieder in Sinuswellen überführen können.

Vielleicht verstehen Sie jetzt ein wenig besser, was und wie Sie hören, wenn Sie, bequem im Wohnzimmer sitzend, den Tönen Ihrer Anlage lauschen.

Text: Dr. Hermann Rampacher
24. August 2006