Blu-ray Disc & HD-DVD-Special: Alles über Technik, Player und Filme in HDTV

06.11.2006 Autor: Karsten Serck

Nachdem wir in Teil 1 dieses Specails bereits die Technik und in Teil 2 die geplanten Abspielgeräte und Filme für Blu-ray Disc und HD-DVD vorgestellt haben, wissen Sie zwar, was beide Systeme bieten, dürften aber wahrscheinlich immer noch nicht mit hundertprozentiger Sicherheit wissen, ob Sie nun auf Blu-ray Disc oder HD-DVD setzen sollen. Deswegen fassen wir die einzelnen angesprochenen Punkte hier in einer Pro & Contra-Liste zusammen und wagen zum Abschluss einen Blick in unsere magische Glaskugel, um Perspektiven aus der Sackgasse aufzuzeigen, in die sich die Industrie mit ihrem Systemstreit manövriert hat.

Pro & Contra Blu-ray Disc & HD-DVD

 

Vorteile Blu-ray Disc
  • Große Unterstützung aus der Unterhaltungselektronik-Industrie
  • Größere Unterstützung aus der Film-Industrie
  • Filme von Sony & MGM, Fox und Buena Vista exklusiv auf Blu-ray Disc
  • Mehr Speicher (25 GB und 50 GB) und höhere Datentransferrate
  • Mittelfristig große Verbreitung durch die Playstation 3
  • Player der ersten Generation mit 1080p/24-Bildausgabe (Pioneer)
Nachteile Blu-ray Disc
  • Teurere Abspielgeräte zu Preisen von über 1000 EUR - Playstation 3: Günstigstes Abspielgerät (ab 500 EUR) erst ab Frühjahr 2007 in Europa
  • Regionalcode
  • Keine Unterstützung durch Universal
  • Abspielgeräte der ersten Generation ohne Netzwerk-Verbindung
Vorteile HD-DVD
  • Günstigere Abspielgeräte ab 600 EUR
  • HD-DVD-Laufwerk für die Xbox 360 für 200 EUR
  • Kein Regionalcode
  • Exklusive Unterstützung durch Universal
  • Vorgeschrieben: Persistent Storage und Netzwerkanschluß
  • Günstigere industrielle Produktionskosten für HD-DVDs gegenüber Blu-ray Discs
Nachteile HD-DVD
  • Geringe Auswahl an Abspielgeräten (bislang nur Toshiba & Xbox 360 HD-DVD-Laufwerk)
  • Keine Unterstützung durch Sony & MGM, Fox und Buena Vista
  • Weniger Speicher (15 GB und 30 GB)
Fazit:

Blu-ray und HD-DVD werden es nicht einfach haben, den Massenmarkt ähnlich schnell zu erobern wie seinerzeit die DVD. Denn selbst bei vielen "Early Adoptern", die normalerweise sofort Geld in eine neue Technik investieren würden, erkennt man noch ein Zögern angesichts der Unsicherheit mit zwei verschiedenen Formaten. Schon einmal hat die Industrie vor einigen Jahren versucht, mit DVD-Audio und SACD gleich zwei neue Audio-Systeme einzuführen, die neben einer besseren Qualität auch den für die Industrie mindestens ebenso wichtigen höheren Kopierschutz bieten sollten. Doch weder DVD-Audio noch SACD konnten sich durchsetzen, was zeigt, dass ein Systemwettstreit nicht immer einen Sieger haben muss, sondern auch zwei Verlierer haben kann, wenn zu hoch gepokert wird. Insbesondere die großen Studios Buena Vista, Fox und Universal sollten sich ernsthaft überlegen, ob sie ihren Kunden und nicht zuletzt sich selbst einen Bärendienst erweisen, indem sie nur Filme in einem der beiden Formate veröffentlichen. Dies gilt natürlich auch für Sony, wo man solche Weitsicht allerdings nicht erwarten kann, da dieser Konzern wohl in einem Umfang wie keine andere Firma finanzielle Interessen mit der Einführung der Blu-ray Disc verfolgt.

Die Filmindustrie hat in den letzten Jahren leider auch ihren Teil dazu beigetragen, dass ihr viele treue Kunden, die sich in den letzten Jahren für viel Geld eine große DVD-Sammlung erkauft haben, inzwischen ebenso wenig über den Weg trauen als die Filmindustrie selbst, die dem Verbraucher immer stärkere Fesseln anlegt. Aus Sicht des ehrlichen Verbrauchers wurden aufgrund der gewachsenen Kopierschutzanforderungen immer mehr Hürden aufgebaut und Probleme verursacht. Der Kopierschutz schützt ausschließlich die Interessen der Filmstudios. Der Kunde erhält aus dem Kopierschutz keinen Vorteil, muss aber im Zweifelsfall die Probleme ausbaden. Man nehme z.B. die HDMI-Schnittstelle, die an sich ein sinnvoller Nachfolger der alten "SCART"-Buchse ist, deren HDCP-Kopierschutz aber schon die Nerven vieler Konsumenten gekostet hat. Wer sich schon zu Frühzeiten HDTV-Equipment angeschafft hat, dass nur über einen YUV-Komponenteneingang verfügt oder eine DVI-Schnittstelle, die den HDCP-Kopierschutz nicht unterstützt, ist der Gnade der Hollywood-Studios ausgeliefert, dass diese bei HD-DVD und Blu-ray Disc wirklich eine Wiedergabe über solch "ungeschützte" Schnittstellen erlauben werden. Besitzer eines DVD-Players mit HDMI-Schnittstelle und Premiere HD-Abonnenten können ein Lied davon singen, dass selbst "HD ready" noch lange nicht heißen muss, dass man auch wirklich ein HDTV-Bild zu sehen bekommt. Angesichts von Kopierschutzsystemen, die so restriktiv funktionieren, dass im Zweifelsfall der Nutzer selbst von der bestimmungsgemäßen Nutzung ausgeschlossen wird, ist es nicht verwunderlich, dass Abspielgeräte mit Internet-Verbindung und Kopierschutz-Maßnahmen wie die Player-"Revocation" in erster Linie mit Argwohn betrachtet werden.

Einen eindeutigen Rat, für welches der beiden Systeme man sich entscheiden sollte, kann man derzeit nicht abgeben. Dazu ist die Lage zu verzwickt und angesichts der auf beiden Seiten recht starken Unterstützergruppen ist zu erwarten, dass Blu-ray Disc und HD-DVD parallel für längere Zeit am Markt vorhanden sein werden. Früher oder später wird es mit Sicherheit Kombi-Player geben, die beide Formate abspielen können. Aber das hilft in der jetzigen Situation erst einmal nicht weiter. Wer jetzt bereits Interesse an HDTV hat, aber nicht weiß, für welches Format er sich entscheiden soll, steht vor allem vor der Unsicherheit, nicht auf das falsche Pferd setzen zu wollen und irgendwann vor dem Problem zu stehen, ein Abspielgerät zu besitzen, für dass es keinen Nachschub mehr gibt. Dieses Risiko besteht sowohl beim Endverbraucher als auch bei den Herstellern, die an der Entwicklung beider Systeme beteiligt gewesen sind. Die einzige in diesem System-Wettbewerb involvierte Partei, für die es bei genauer Betrachtung keine Rolle spielt, welches der beiden Formate sich durchsetzt, sind die Filmstudios. Diese wollen ihre Filme verkaufen und wenn sie die Filme in einem Format anbieten, welches nicht die Akzeptanz des Kunden findet, werden sie diese eben zwangsläufig im Konkurrenz-Format verkaufen müssen. Das sind die Regeln des Marktes, bei denen die Hollywood-Studios aber einen Vorteil haben: Sie können eigentlich nicht verlieren, sondern werden immer noch Geld verdienen, egal ob das Geschäft mit Blu-ray Discs oder HD-DVDs gemacht wird. Das alles ist nur eine Frage der Zeit. Auch Sony hat sich ungeachtet der hohen Qualität des Betamax-Systems eines Tages dafür entscheiden müssen, Video-Recorder mit VHS-Technik zu verkaufen. 

Daher stellt sich die pragmatische Frage an die Hollywood-Studios, was eigentlich überhaupt gegen zwei Formate spricht? Man betrachte einmal den Markt der Spielkonsolen: Dort haben sich die Playstation 2, die Xbox und der GameCube mehr oder weniger stark etabliert und jeder dieser Anbieter hat bereits Geräte der nächsten Generation angekündigt oder sogar schon auf den Markt gebracht (Xbox 360). Auch die meisten Spiele sind für viele dieser Plattformen gleichzeitig erhältlich. Wieso sollte solch ein Modell nicht auch für die Filmindustrie funktionieren, die mit Sicherheit nicht daran zugrunde gehen wird, wenn sie jeden Film in zwei Formaten veröffentlichen muss? Schließlich werden mit der Produktion von fragwürdigen Millionen-Flops ganz andere Summen versenkt. 

Würden Filme in beiden Formaten veröffentlicht, so gäbe es keinen Grund mehr zur Kauf-Zurückhaltung, weil der Film-Nachschub gesichert wäre. Und auch die Doppel-Produktion wäre nur eine Frage der Zeit, weil auch bei Blu-ray Disc- und HD-DVD-Playern einmal ein Preisverfall einsetzen wird und Kombi-Player irgendwann kommen werden, so dass die Anschaffung eines neuen Players für beide Systeme in ein paar Jahren auch kein Problem mehr darstellen sollte. Wenn diese dann ohnehin Blu-ray und HD-DVD unterstützen, könnten die Studios in ein paar Jahren den System-Wettbewerb sogar zu ihrem Vorteil ausnutzen, indem sie ihre Filme in dem Format veröffentlichen, welches die geringsten Lizenzierungs- und Produktionskosten verursacht. 

Die Beschränkung der Film-Veröffentlichungen auf bestimmte Systeme hat für alle Seiten, ob es nun die Film-Industrie, die Hersteller aus der Unterhaltungs-Elektronik oder der zahlende Konsument ist, überwiegend Nachteile. Zumindest sorgt der Wettbewerb aber dafür. dass die Hollywood-Studios aus beiden Lagern den Early Adopter nicht nur mit dem üblichen Start-Aufgebot an alten Kamellen versorgen, sondern auch Top-Titel wie "Ice Age 2" oder "Mission: Impossible 3" recht zeitnah zum DVD-Release auf den Markt kommen. So werden Blu-ray Disc und HD-DVD zwar noch nicht unbedingt in diesem Jahr den Massenmarkt erobern, aber zumindest denjenigen, die wirklich von Anfang an dabei sein wollen, bereits vom Start an einige Blockbuster in HDTV bieten.