The Man Who Wasn't There

Studio

USA Films (2001)

Verleih

BMG Video (2002)

Laufzeit

111:07 min. (FSK 12)

Regie

Joel Coen

Darsteller

Billy Bob Thornton, Frances McDormand, James Gandolfini

DVD-Typ

DVD-9

Fernsehnorm

PAL

Bildformat

1,85:1 (anamorph)

Audiokanäle

1. Deutsch, Dolby Digital 5.1
2. Englisch, Dolby Digital 5.1

Untertitel

deutsch

Regionalcode

2

Verpackung

Amaray-Case

Preis

ca. 20 EURO
Film 

Im Haarschneidesalon seines Schwagers spielt Ed Crane (Billy Bob Thornton) nur die stumme zweite Geige, was ihm aber eigentlich ganz recht ist, immerhin ist er in seinen Job eher  beiläufig gerutscht und übt ihn mit Routine, aber alles andere als Herzblut aus. Eine ähnliche Einstellung hat sich Ed in seinem Verhältnis zu seiner Ehefrau Doris (Frances McDormand) angewöhnt, was eine gewisse Erklärung dafür darstellen könnte, warum sich diese auf eine Affäre mit ihrem Boss Big Dave (James Gandolfini) eingelassen hat. Ed, der die außerehelichen Aktivitäten seiner Frau zwar ahnt, aber bislang aufgrund seiner schon erwähnten Gleichgültigkeit weitgehend ignoriert hat, sieht eines Tages die Möglichkeit, seine Vermutung unter Umständen doch gewinnbringend einzusetzen. Grund ist ein Kunde, Creighton Tolliver (Jon Polito), der Ed von einer bestechenden Geschäftsidee in der Branche der chemischen Reinigung vorschwärmt, allerdings einen gewissen Mangel an Wagniskapital beklagt. Irgendetwas in Ed hat geklickt, weshalb er auch großzügig über die windige Art seines potentiellen Geschäftspartners hinwegsieht, als er verspricht gegen eine stille Beteiligung die fehlenden monetären Mittel aufzutreiben.
Und zunächst läuft auch alles wie am Schnürchen. Eds Plan, Big Dave anonym zu erpressen, mit der Drohung sein Verhältnis zu Doris aufzudecken hat Erfolg und so wechseln 10.000 $ den Besitzer. Doch ab dann läuft auch schon alles schief, was nur schief laufen kann. Tolliver macht sich spurlos vom Acker und Big Dave erfährt die Identität seines Erpressers. Als er Ed zur Rede stellt und seinen Argumenten mit körperlicher Gewalt Nachdruck verleihen will, gelingt es Ed, seinem Gegner zuvor zu kommen und bringt Big Ed um. Da er sich keinerlei Mühe beim Verwischen seiner Spuren gemacht hatte, ist er auch zunächst in keiner Weise verblüfft, als kurz darauf die Polizei vor seiner Tür steht. Das ändert sich jedoch, als er erfahren muss, dass nicht er, sondern Doris verhaftet und unter Mordanklage gestellt wurde. Und da selbst der umgehend engagierte Staranwalt Riedenschneider (Tony Shalhoub) ihm seine Schilderung der wahren Umstände nicht abnimmt, sondern lediglich als zum Scheitern verurteilten Versuch eines liebenden Ehemannes zur Entlastung seiner Angetrauten interpretiert, kommt es schließlich zu Prozess und Urteil. Doris verzweifelte Reaktion auf den Richterspruch ist allerdings noch nicht das Ende von der Geschichte, denn auch auf Ed wartet noch eine gerichtliche Verhandlung, die ebenfalls von unerwarteter Seite auf ihn losgelassen wird, der er aber schon keinen nennenswerten Widerstand mehr entgegensetzen will und kann.

Die wesentlichen Merkmale des "Film Noir" der 40er Jahre finden sich auch bei "The Man Who Wasn't There" wieder. Das Thema von Täuschung und Intrige, die Spiegelung der dunklen Seite des amerikanischen Traums vom Erfolgsstreben (fast) um jeden Preis, die mitleidlose Fügungskraft des Schicksals, das den unschuldig schuldigen Helden seinem Untergang entgegentaumeln lässt. Hinzu kommen die perfekt im altmodischen Stil ausgestatteten und stilvoll arrangierten Bilder, die den Film geradezu zu einer Essenz des Genres machen. Fast könnte man vergessen, es mit einem Werk der Coen-Brüder zu tun zu haben, die doch gemeinhin in skurrilem und bitterem Humor schwelgen und in ihren Filmen sonst kaum einen Moment auslassen, um nicht ihren persönlichen Fingerabdruck in der Inszenierung zu hinterlassen.
Aber dann wiederum blitzen auch in "The Man Who Wasn't There" immer wieder einmal kleine typisch "coensche" witzige Gemeinheiten auf und es darf auch nicht vergessen werden, dass die Brüder auch in ihren bisherigen Arbeiten häufig einen ausgesprochenen Stilwillen zeigten, zu erinnern sei nur an die spürbar frostige Atmosphäre von "Fargo" oder die betonte Farbgestaltung von "O Brother, Where Art Thou". Und auch die "schwarze Serie" Hollywoods war schon ihr filmisches Thema, in Ansätzen bei "Miller's Crossing" und zeitlich in die Gegenwart versetzt bei "The Big Lebowski", der in direkter Nachfolge zu der etwas optimistischeren Variante des Krimigenres der düsteren 40er Jahrewerke, wie "The Big Sleep" stand.
So gesehen fügt sich also auch "The Man Who Wasn't There" nahtlos in das Oeuvre des Coen-Kosmos ein. Dass es auch den fast schon gewohnten Qualitätsstandard erreicht, verdankt der Film allerdings vor allem seinem Hauptdarsteller. Denn es gehört schon viel dazu, auf der einen Seite den Vorgaben des Titels vollkommen gerecht zu werden und seine Figur mit einem solchen Maß an Unauffälligkeit auszustatten, das dazu führt, dass Ed Crane wohl selbst bei der Betrachtung seines Lebens wahrscheinlich Mühe hätte, die eigene Person auszumachen, so sehr verblasst er in körperlicher und seelischer Regungslosigkeit; auf der anderen Seite hat Thornton in jedem seiner Auftritte eine unglaubliche Präsenz, mit welcher er die Erzählung von Anfang bis Ende mühelos trägt, ohne auch für einen Moment in Gefahr zu laufen, dass ihm nicht die uneingeschränkte Aufmerksamkeit des Publikums zuteil werden könnte.
Jedermanns Sache dürfte der Film trotzdem nicht sein; insbesondere ist er nichts für Zuschauer, die sich auf Happy Ends freuen, ja er kann noch nicht einmal jenen eine echte Erleichterung verschaffen, die auf einen offenen Schluss hoffen oder sogar noch mit dem Schlupfloch eines Lichtblicks in einem randständigen Erzählstrang zufrieden sind. Allerdings ist "The Man Who Wasn't There" trotz seiner ganz und gar nicht optimistischen Grundstimmung in keiner Weise trist oder deprimierend geraten, was auch wieder einiges über seine erzählerische Qualität aussagt.

 

Bild 

Glücklicherweise beschränkt sich die Annäherung des "Looks" des Films an die Genre-Klassiker der 40er Jahre auf das schwarz-weiße Filmmaterial sowie den geschickten Einsatz von Licht und Schatten, die Bildkomposition und die  Schnitttechnik; Alterserscheinungen wie Störungen durch Verschmutzungen oder Unschärfen bleiben außen vor und zwar völlig, so dass der Film seine ganze Pracht entfalten kann. Einen gewissen Minuspunkt stellt jedoch der Umstand dar, dass das Bild ein wenig zu unruhig ist und vor allem an scharfen Kanten sogar zum Zittern neigt. Wie so häufig bei Schwarz-Weiß-Werken fangen kleinteilige Muster außerdem häufig an zu flimmern. Ansonsten kann die Qualität in allen Belangen überzeugen.

 

Ton 

Die Tonqualität zeigt keine Schwächen, ein großartiges Raumgefühl will sich zwar nicht einstellen, da die hinteren Kanäle eher vernachlässigt werden und die Dialogtonspuren das Geschehen eindeutig dominieren. Jedoch schieben sich immer wieder unscheinbare Geräusche am Rande des Geschehens, sowie musikalische Begleitungstöne dazwischen, dabei erweist sich der Klang der DVD als überaus nuanciert und zeigt eine bemerkenswerte Dynamik.

 

Special Features 

Die Zugaben gehen in gewissen Bereichen über das Übliche hinaus. Das 16minütige "Making Of" besteht in seinem ersten Teil aus Interviewausschnitten mit den Beteiligten, im zweiten Teil aus unkommentierten Aufnahmen der B-Roll.
Dagegen kommt der Kameramann Roger Deakin mit außergewöhnlicher Ausführlichkeit zu Wort, immerhin dauert das Interview mit ihm über 45 Minuten und bietet auch inhaltlich für den Interessierten einiges an Substanz.
Der Audiokommentar von Joel und Ethan Coen, zusammen mit ihrem Hauptdarsteller Billy Bob Thornton ist ganz in Ordnung, was die Mischung aus Unterhaltung und Information angeht.
Außerdem kann die DVD mit 5 geschnittenen Szenen aufwarten, von denen vier allerdings nur wenige Sekunden dauern, da es sich um Aufzählungen von Haarschnitten bzw. das wenig spektakuläre Auftischen einer Vorspeise handelt.
Schließlich sind noch die "üblichen Verdächtigen" im Angebot, in Form von Filmografien, einer Fotogalerie, dem Trailer und zwei TV-Spots.

30.05.2002

Review von Tobias Wrany

Test-Equipment

TV: Panasonic TX-28PK1F
DVD-Player: Pioneer DV-343
Dolby Digital / DTS Receiver: Sony STR-DA50ES