Die purpurnen Flüsse (Les Rivieres Pourpres)

VÖ: 06.05.2002

Studio

Gaumont (2000)

Verleih

BMG Video (2002)

Laufzeit

101:30 min. (FSK 16)

Regie

Mathieu Kassovitz

Darsteller

Jean Reno, Vincent Cassel, Nadia Fares

DVD-Typ

DVD-9

Fernsehnorm

PAL

Bildformat

2,35:1 (anamorph)

Audiokanäle

1. Deutsch, Dolby Digital 5.1
2. Französisch, Dolby Digital 5.1

Untertitel

Deutsch

Regionalcode

2

Verpackung

Amaray-Case

Preis

ca. 20 EURO
Film 

Zwei Polizisten, zwei scheinbar vollkommen unterschiedliche Fälle. Pierre Niémans (Jean Reno) hat dabei eindeutig die schlechteren Karten erwischt, denn er muss sich in den französischen Alpen mit einer grässlich verstümmelten Leiche beschäftigen, während Max Kerkerian (Vincent Cassel) es lediglich mit einem Fall von Vandalismus auf einem Friedhof, sowie dem Einbruch in eine Schule zu tun hat. Die Ermittlungen in diesen Fällen von scheinbarer Kleinkriminalität führen ihn jedoch bald über den Unfalltod eines kleinen Mädchens, der allerdings schon über zwanzig Jahre zurückliegt, ebenfalls in die verschneiten Berge. Dort ist Niémans mit seinen Ermittlungen zwar schon ein gutes Stück weiter gekommen, was allerdings nicht bedeutet, dass damit auch eine Lösung des Falles in Sicht wäre, eher im Gegenteil. Irgendetwas scheint faul zu sein mit der Eliteuniversität, an der das Mordopfer eingeschrieben war, aber was genau der dunkle Punkt im Betrieb der Fakultät ist, wird dem Kriminalbeamten erst nach und nach klar. Unterstützung erhält er wenigstens von der Gletscherforscherin Fanny Ferreira (Nadia Fares), die auch schon die erste Leiche entdeckt hatte (bei der es allerdings nicht geblieben ist) und die ebenfalls Mitglied der Studentenschaft ist, allerdings zu ihren dünkelhaften Kommilitonen einen gewissen Abstand hält. Als schließlich Kerkerian vor Ort eintrifft, sind gewisse Reibungen mit seinem Kollegen zwar unübersehbar, immerhin sind beide die geborenen Einzelkämpfer, trotzdem erweist sich ihre Zusammenarbeit als durchaus fruchtbar, denn erst gemeinsam kommen sie den überaus dunklen Geheimnissen, die den mörderischen Ereignissen der letzten Zeit zugrunde liegen schließlich doch noch nahe, sogar so gefährlich nahe, dass sie sogar um ihr eigenes Leben fürchten müssen.

Dass Psychothriller von der sorgfältigen Gestaltung einer düster-bedrohlichen Atmosphäre nur profitieren können, ist spätestens seit "Seven" filmisches Allgemeingut. "Les Rivieres Pourpres" (Die purpurnen Flüsse) stellt sich allerdings noch einer größeren Herausforderung als die meisten seiner Genrekollegen und meistert sie mit Bravour. Statt, wie zum Beispiel auch "Seven", lediglich durch die entsprechenden Bilder die Stimmung über die Story dominieren zu lassen, ist hier die Inszenierung in den Dienst seiner Geschichte gestellt, was für Regisseur Kassovitz bedeutete, dass er es nicht einfach bei einer überwältigenden Bilderpracht bewenden lassen durfte, sondern stets die Auswirkungen auf den Fortlauf der wendungsreichen Handlung ins Kalkül einbeziehen war, um jeder Szene den richtigen Gefühlston zu verpassen. Dass dies durchweg gelungen ist, grenzt schon an Genialität und macht den Film zu einem echten Erlebnis. Und es stimmt wirklich jedes Detail, von dem beeindruckenden visuellen Eindruck, den das Werk hinterlässt, über ein Drehbuch, dem es gelingt, nicht nur hundertprozentige Nervenspannung hervorzurufen, sondern nebenbei immer wieder kleine amüsante oder actiongeladene Ruhepausen einwerfen kann, ohne dadurch dem Gesamtgefüge eine Unwucht zu verpassen; im Gegenteil, auf diese Weise bekommen die Hauptfiguren viel mehr Profil und gefühlsmäßige Tiefe, ohne dass insofern lange Erklärungen oder bedeutungsschwere Einschübe erforderlich sind. Selbst die fast schon unscheinbaren romantischen Einschübe der Story erweisen sich später als wichtiger Baustein für die Entwicklung des Geschehens. Die beiden Hauptdarsteller Jean Reno und Vincent Cassel erweisen sich dabei als würdige Nachfolger einer ruhmreichen "Ahnenreihe" französischer Schauspielgrößen, von Belmondo bis Ventura, die Filme mit Krimi-Hintergrund dadurch bereicherten, dass sie ihre Rollen in einer perfekten Mischung aus ernsthaft-realistischer Schauspielkunst und unterhaltender Lockerheit interpretierten.
Hinzu kommt eine genau auf die Wirkung der bildlichen Umsetzung abgestimmte Musik, eine Kombination, die ohne Umwege unter die Haut geht; sowie ein ungemein effektiver Einsatz der hochklassigen Actionsequenzen. Und selbst die nicht mit blutigen Details sparenden Momente, in denen die Mordopfer entdeckt und untersucht werden, sind zwar beeindruckend, in ihrer Wirkung aber weit weniger ekelerregend oder zynisch-gedankenlos, wie bei vielen anderen (billigen) Genreprodukten; dies dürfte vor allem daran liegen, dass die Regie hier konsequent auf eine Entfaltung der verwickelten Geschichte setzt und eindeutig nicht darauf angewiesen ist, sinnlose Schockeffekte einzuflechten, um den Zuschauer bei der Stange zu halten.
Als einziger und insofern auch ausgesprochen typischer Schwachpunkt bleibt die Auflösung der Mordserie, die einmal mehr zu viel des Guten will und sich in verworrene Konstruktionen flüchtet, die noch nicht einmal den Bonus des Mysteriösen für sich in Anspruch nehmen können, was zumindest den Vorteil gehabt hätte, einiges einfach im Dunklen zu lassen.

 

Bild 

Das Bild ist prinzipiell ganz in Ordnung, andererseits für einen noch recht neuen Film aber nicht das, was man erwarten kann. Mit der Schärfe kann man zufrieden sein. Allerdings tritt gelegentlich ein gewisses Maß an Hintergrundrauschtätigkeit auf, auch ist die DVD nicht frei von Nachzieheffekten. Der Kontrastumfang ist leider wieder einmal zu steil, zum Glück aber nicht ganz so problematisch wie bei vielen anderen DVDs aus dem Hause BMG. Was die Farben angeht, ist eine gewisse düstere Grundstimmung gewollt, allerdings erscheinen häufig auch Aufnahmen zu dunkel, bei denen objektiv betrachtet keine stimmungsfördernde Eindunklung gewollt war. Die Kompression ist bis auf ein geringfügiges Blockrauschen in Ordnung.

 

Ton 

Die schlechte Nachricht zuerst, das letzte Quäntchen fehlt noch zur vollen Überzeugungskraft. Im Vergleich zu echten Spitzenprodukten fehlt eine Spur Volumen und an der Dynamik wären auch noch Nachbesserungen möglich gewesen. Ansonsten aber macht es durchweg Freude, dem Film zuzuhören. Der Schwerpunkt liegt zunächst auf den Dialogen und der ausgesucht passend eingespielten Musikbegleitung, was jeweils ohne Fehl und Tadel und vor allem sehr natürlich aus den Boxen dringt. Die Kür sind dann zum Aufwärmen kleinere Nebengeräusche, sowie eine überzeugende Ausnutzung der gesamten Breite der vorderen Kanäle. Und schließlich vor allem die ungemein effektiv eingesetzten besonderen Toneffekte, von direktionalen Elementen wie diversen Hubschraubern, die sich quer durch den Raum bewegen oder den bassdominierten Schockelementen, wie in der Szene, wo Jean Reno zur Zielscheibe wird oder der Lawine am Ende; dann bekommt die Tonanlage genügend zu tun, um ihre Fähigkeiten voll unter Beweis zu stellen.

 

Special Features 

Viele von den Zugaben sind auch auf anderen DVDs zu finden, hier allerdings zeigen selbst Standardprogramme besondere Qualitäten. So ist das "Making Of" zum einen über 50 Minuten lang und zudem sehr wortlastig, was allerdings ein Vorteil ist, da es sich nicht um die üblichen Lobhudeleien, sondern vertiefende Aussagen der Mitwirkenden handelt.
Fast eine halbe Stunde wird schließlich einem weiteren "Making Of" zur Herstellung der Szene in der Pathologie gewidmet, die durch den Blick auf den Entstehungsvorgang vielleicht ein wenig von ihrem Schrecken verliert.
Das Interview mit Jean Reno ist mit 10 Minuten auch ausgedehnt genug, um ein paar echte Erkenntnisse liefern zu können.
Außerdem gibt es noch die üblichen Daten zu den Mitwirkenden, sowie fünf Szenen in ihrer Storyboardversion; eine Storyboardsequenz kann im direkten Vergleich mit dem gedrehten Filmausschnitt betrachtet werden, wobei jedoch beide recht kleinformatig geraten sind.

02.05.2002

Review von Tobias Wrany

Test-Equipment

TV: Panasonic TX-28PK1F
DVD-Player: Pioneer DV-343
Dolby Digital / DTS Receiver: Sony STR-DA50ES