Der Blaue Engel |
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Studio |
UFA (1929) |
Verleih |
BMG Video (2001) | |
Laufzeit |
102:20 min. (FSK 12) | |
Regie |
Josef von Sternberg | |
Darsteller |
Marlene Dietrich, Emil Jannings, Hans Albers | |
DVD-Typ |
DVD-9 | |
Fernsehnorm |
PAL | |
Bildformat |
1,19:1 | |
Audiokanäle |
1. Deutsch, Mono | |
Untertitel |
deutsch | |
Regionalcode |
2 | |
Verpackung |
Amaray-Case | |
Preis |
ca. 25-30 € |
Film
Als Gymnasialprofessor Rath (Emil Jannings) bei seinen Schülern Bilder einer nur mangelhaft mit Textilien bedeckten Frau entdeckt, ist er um das sittliche Wohl seiner Schutzbefohlenen ernsthaft besorgt. Seine Nachforschungen führen ihn in einen Sündenpfuhl mit Namen "Der Blaue Engel". Die Attraktion dieses Nachtclubs ist die mit ihren weiblichen Reizen wenig zurückhaltende Sängerin Lola Lola (Marlene Dietrich). Doch seine Absicht, dem unsittlichen Treiben einen festen moralischen Riegel vorzuschieben, verkehrt sich in ihr Gegenteil, denn der hochangesehene Pädagoge verguckt sich in die junge Dame und ist schon bald wieder im "Blauen Engel" zufinden, diesmal jedoch in überaus privater Mission. So fügt sich eins zum anderen und überrascht willigt Lola schließlich in die Heirat ein. Zu diesem Zeitpunkt ist Rath in den Augen seiner Kollegen und auch der Schüler schon längst zu einem gar nicht mehr wohl beleumdeten Professor Unrat geworden. Darob aus dem Schuldienst entlassen, bleibt dem Verliebten nichts anderes, als die kommenden Jahre mit seiner Braut und den anderen Schaustellern durch die Lande zu tingeln. Der soziale Abstieg wird lange durch die Freuden der Leidenschaft und auch der Liebe mehr als kompensiert, doch als die Truppe nach Jahren zurück in seine Heimatstadt kommt, kann auch er nicht mehr die Augen davor verschließen, dass sein Schicksal, das ihn inzwischen nicht nur beruflich zum dummen August degradiert hat, auf kein gutes Ende zusteuert.
"Der Blaue Engel" erzählt keine große Geschichte, das Geschehen ist simpel,
fast schon parabelhaft. Doch hat sein Inhalt trotzdem Substanz; zuvorderst eine tragische
Charakterstudie, gibt er beiläufig ein Gesellschaftsportrait der 20er Jahre des letzten
Jahrhunderts und, darin beweist er sich als nicht ganz kitschfreies Unterhaltungsprodukt,
hat er alle Ingredienzien des uralten Liebesdramas von der entflammten Leidenschaft einer
(gesellschaftlich) unmöglichen Liebe bis zum eifersuchtsumflackerten Schlussakkord.
Dass der Dreh im Grenzbereich zwischen Stumm- und Tonfilm stattfand, kommt ihm durchaus
zustatten, fließen stummfilmtypische Stimmungsbilder und die große Gesten der
verlöschenden Filmära mit den "modernen" Möglichkeiten des Tonfilms - nicht
zuletzt die weltbekannten Lieder des Films - zu gegenseitigem Vorteil zusammen. Perfekt
fügt sich hierzu Hauptdarsteller Emil Jannings ein, als Grenzgänger zwischen der
sprachlosen Leinwandperiode, der in unglaublich beredter Mimik und nur zweitrangig
durch nuancierte Dialogbeherrschung seinem "Professor Unrat" auch in den
erniedrigendsten Momenten ein Rest an verwehter Würde bewahrt, trotzdem er ja keine
tragische Figur im klassischen Sinne ist, hat Rath sein Unglück doch sehenden Auges
herbeigerufen.
Jedoch, der nunmehr schon legendäre Ruf des Films rührt natürlich von einer anderen
Grenzgängerin her. "Der Blaue Engel" war zwar nicht Marlene Dietrichs erster
Film, aber ihr großer Durchbruch zum unsterblichen Filmruhm, wenn auch ironischerweise
nicht auf Seiten der UFA, die den "Blauen Engel" produziert hatte, aber
versäumte, die Dietrich weiter an sich zu binden, sondern zunächst bei Paramount, wo sie
zusammen mit Regisseur Josef von Sternberg zur Hollywoodikone aufstieg. Dass der "Der
Blaue Engel" für Marlene Dietrich ein bedeutender Grenzübertritt war, findet im Film
selber seine unmittelbare Spiegelung. Denn eigentlich ist die Rolle der Lola in keiner
Weise der männerfressende Vamp, als der sie häufig angenommen wird. Die Revuesängerin
hat fast bis zum Ende vielmehr etwas von einer frechen Berliner Göre, die versucht so, gut
es geht durch ihr Leben zu kommen und deren Verletzlichkeit lediglich durch eine gewitzte
Schnauze gut getarnt bleibt.
Am bitteren Schluss beginnt dann aber schon die locker-spöttische (und so gar nicht
arrogante) Art der großen Dietrich durchzuschimmern, zu der sie innerhalb kurzer Zeit in
ihren Nachfolgewerken werden sollte, mit nonchalantem Blick, kühlem Selbstbewusstsein und
dem Willen zur zwangslosen Selbstbehauptung. Hier findet sich dies alles lediglich als
Anlage und ist die Schauspielerin auch äußerlich noch nicht (mittels diverser
Hungerkuren) zu der alle überstrahlenden Diva mutiert, zu welcher sie nicht zuletzt
Regisseur von Sternberg machen sollte.
Bild
Dass das Bild digital restauriert wurde ist schon zu erkennen, trotz der immer noch zahlreich vorhandenen Unsauberkeiten, wie Drop-Outs, Störstreifen, verrauschte Flächen usw. Aber bedenkt man, dass das Ausgangsmaterial aus dem Jahre 1929 stammt und wie Werke aus dieser Zeit heute normalerweise aussehen, wird doch deutlich, dass bei der Aufarbeitung mit beachtlichem Erfolg vorgegangen wurde, vor allem, was die Bildruhe angeht. Trotzdem haben die Einsätze diverser digitaler Rauschfilter auch ihre Schattenseiten, kommen die dadurch erzeugten Künstlichkeiten doch noch stärker zum Vorschein, als es von DVDs sonst gewohnt ist. Irritierend fällt dies gelegentlich bei dem Blick auf die Gesichter der Akteure auf, die in einzelnen Szenen so von mosaikartigen Artefakten abgedeckt sind, dass sie fast schon wie Computeranimationen wirken. Trotzdem sollte dabei nie vergessen werden, dass ohne die Nachfilterung der Bildeindruck ein wesentlich schlechterer gewesen wäre, die neuen Mängel also als notwendiges Übel hingenommen werden sollten.
Ton
Auch der Ton bekam eine Runderneuerung erteilt. Und das Ergebnis kann sich - gemessen am Alter - hören lassen. Insbesondere die üblichen Mängel uralter Monoaufnahmen, wie Kratzen, Knarren und eine überdeutliche Dumpfheit der Stimmen sind hier weitgehend ausgeschaltet worden, ohne den Ton deswegen unnatürlich klingen zu lassen.
Special Features
Das größte Extra ist mehr als ein bloßes Anhängsel, sondern ein kompletter Film,
nämlich die englische Fassung vom "Blauen Engel". Dabei handelt es sich nicht
einfach um eine Synchronisation des Originals, dann hätte eine seperate Tonspur
schließlich ausgereicht, sondern einen originalen Paralleldreh (was die verminderte
Länge von 100:12 min. erklärt), da zum Zeitpunkt der Entstehung des Films das
Synchronisieren wie heute noch nicht gebräuchlich war, allerdings die Chancen auf dem
amerikanischen Markt mit einer englischen Sprachfassung höher eingeschätzt wurden. Ein
Kalkül, das übrigens beim "Blauen Engel" nicht aufging, was allerdings nicht
viel ausmachte, da sich schon die untertitelte deutsche Fassung großer Beliebtheit
erfreute.
Es wurde dabei nicht einfach platt das Ganze noch einmal in einer anderen Sprache
abgedreht, sondern dramaturgisch sinnvoll eingebaut, insofern, als die Hauptfigur Lola zu
einer Engländerin mutierte, so dass alle Dialoge in ihrem Dunstkreis folglich eben auf
englisch erklangen. "The Blue Angel" ist deshalb zum Teil immer noch in
deutscher Sprache. Im Ergebnis darf die Angelegenheit als häufig unfreiwillig komisches
(und insofern auch sehenswertes) Experiment angesehen werden, entspricht die Aussprache
der
Schauspieler in der ihnen fremden Sprache nicht immer zwingend den Vorgaben, die Professor
Rath wohl selber an seine Schüler gestellt hätte, um sie in einer Prüfung bestehen zu
lassen.
Die übrigen Zugaben sind weniger spektakulär.
Der Audio-Kommentar wird von Werner Sudendorf, einem Filmhistoriker gesprochen, dessen
Vortragsstil eher behäbig ist, was in den Abschnitten, in welchen er Hintergründe zum
Film erläutert, allerdings durchaus von Vorteil ist, anderes gilt für die Stellen, in
denen er sich leider nicht enthält, lediglich die Handlung zu beschreiben, also
überflüssigerweise kundzutun, was der Zuschauer selbst sowieso gerade sieht.
Lohnenswert ist ein kurzer Ausschnitt von Probeaufnahmen der Hauptdarstellerin, in denen
vor allem der Kontrast zwischen der noch eher mädchenhaften Rolle und ihrer schon damals
ausgewachsenen Souveränität im künstlerischen Umgang mit ihrem Umfeld aufschlussreich
erscheint.
Die übrigen Extras sind kleinerer Art, ein sehr kurzer Ausschnitt aus einem Interview mit
Marlene Dietrich aus dem Jahr 1971, eine kurze Zusammenstellung dreier ihrer Lieder
anlässlich von Auftritten in den Jahren 1963 und 1972.
Dann wird in einer Parallelmontage eine Szene aus der deutschen zur englischen Fassung vom
"Blauen Engel" gegenübergestellt, die allerdings keine besonderen Aufschlüsse
bringt, außer der Feststellung, dass die kürzere Laufzeit der englischen Version nicht
das Fehlen wesentlicher Szenen, sondern nur den einen oder anderen früheren Schnitt
bedeutet.
Zwei Trailer (aus den 30er und 60er Jahren) sind ebenfalls im Angebot, ebenso wie eine
umfangreiche Fotogalerie, sowie ausführliche Texttafeln zur Entstehung des Films, sowie
zu (film)biographischen Daten der Mitwirkenden.
02.01.2002
Review von Tobias Wrany
Test-Equipment
TV: Panasonic TX-28PK1F
DVD-Player: Pioneer DV-343
Dolby Digital / DTS Receiver: Sony STR-DA50ES