Test: ASW Genius 110 - bezahlbarer Kompaktlautsprecher mit High-Tech Aufbau


Dieser Artikel wurde auf PCs von Origen-AE verfasst.

(30.November 2010 - Autor: Lars Mette )

Der Lautsprecherhersteller ASW wird von Hifi-Liebhabern besonders für seine Produkte aus den mittleren Serien geschätzt. Sowohl die Cantius als auch Genius Modelle behaupten sich (in verschiedenen Evolutionsstufen) schon seit knapp zwei Jahrzehnten erfolgreich auf dem Markt, indem sie hochwertige Klangeigenschaften zu fairen Preisen bieten. Seit Kurzem darf sich die Genius Reihe über einen Generationswechsel freuen, der sowohl optisch wie auch technisch sehr umfangreich ausfällt.

Von der neuen Serie haben wir von ASW eine Regalbox mit der Typbezeichnung Genius 110 erhalten. Dieses Modell besitzt sehr hochwertige Chassis; im Tiefmitteltonbereich kommt eine Holzfasermembran mit Pentocone-Technologie sowie titanverstärkten Schwingspulenträgern zum Einsatz, während die oberen Frequenzen von einem Keramikhochtöner zum Leben erweckt wird. Wie bei ASW üblich, wird auch die neue Genius Serie mit einer Vielzahl von Oberflächenausführungen angeboten, zumal auch Individualanfertigungen möglich sind. Die Preise untergliedern sich in 3 Kategorien, von denen die günstige mit 599 Euro pro Lautsprecher beziffert ist. Die oben abgebildeten Ständer aus schwarzem Stahl gibt es von ASW zum Stückpreis von 200 Euro und besitzen eine Vorrichtung zum Verschrauben der Lautsprecher. Unser Test soll Aufschluß darüber geben, ob sich die neue Genius 110 als Technologieträger im preislichen etablieren kann. 

Verarbeitung: 

ASW vollzieht mit der neuen Generation seiner Genius Serie einen Stilwechsel in Bezug auf die Optik. Wo die früheren Modelle sehr kantig gehalten waren, wird das Erscheinungsbild nun von sanften Rundungen geprägt. Speziell die Wölbung auf der Oberseite erinnert stark an die High-End Modelle Magadis sowie Chelys.  ASW gehört zu den wenigen Herstellern, die ihre Gehäuse nicht in Fernost produzieren lassen, sondern komplett in Eigenregie herstellen. Dadurch ergibt sich der Vorteil, dass der Kunde aus einer Vielzahl von Oberflächenvarianten auswählen kann. Neben Hochglanz- sowie Mattlacken sind selbstverständlich auch Hölzer lieferbar. Unsere Testversion kleidet sich in Ahorn Echtholzfurnier, welches in Bezug auf Maserung sowie Farbbild sehr natürlich gehalten ist. Lobenswert ist der Umstand, dass ASW trotz der vielen gebogenen Gehäuseelemente stets mit höchster Akkuratesse arbeitet, so dass Gehäuseübergange sowie Kantenverarbeitung keinen Anlass zur Kritik geben. Auch die Einpassung der Chassis erfolgt mit einer Passgenauigkeit, die man in der vorliegenden Preisklasse erwarten darf. Bedingt durch das Membranmaterial des Tiefmitteltöners ergibt sich eine eigenständige Optik bei demontiertem Stoffgitter. Dieses Element besteht aus einem stoffbespannten MDF Rahmen und wird mit kleinen Kunststoffhalterungen in das Gehäuse gesteckt. Der Blick auf die Rückseite gibt ebenfalls Grund zur Freude: ASW spendiert den Lautsprechern ein hochwertiges Terminal mit leichtgängigen Bi-Wiring Buchsen, die zudem auch noch sehr gut zugänglich sind und alle verbreiteten Sorten von Kabeln problemlos aufnehmen. Der Blick auf die Unterseite bringt noch erfreuliche Details zutage. Die Genius 110 kommt zwar ohne Kunststofffüsse daher, besitzt aber zwei integrierte M6 Schraubgewinde, mit denen die Lautsprecher nicht nur auf die hauseigenen Lautsprecherständer eine sichere Montage bieten.

Fazit: die neue Genius Serie beschreitet zwar in Bezug auf das Design neue Wege, bleibt aber den ASW Tugenden treu, was die gewissenhafte bzw. vorbildliche Verarbeitungsqualität betrifft. Besonders erwähnenswert sind die vielen Furnier- sowie Lackoberflächen, in denen die Lautsprecher dank Eigenproduktion gefertigt werden können.

technischer Aufbau:


Die Genius 110 basiert auf demselben 2 Wege Konzept mit Bassreflexunterstützung, wie auch die meisten anderen Kompaktlautsprecher aufgebaut sind. Dabei steht das komplette Innenvolumen dem Tiefmitteltöner zur Verfügung, da der Hochtöner bereits selbst durch eine Metallvorrichtung nach Innen abgeschirmt ist. Das Gehäusekonstruktion weist eine hohe Materialstärke auf und ist zusätzlich mit Innenverstrebungen gegen Resonanzen verstärkt. Laut Datenblatt verträgt dieser Lautsprecher bis zu 120 Watt Impulsbelastbarkeit und besitzt eine Nennempfindlichkeit von 88,4db bei 2,83V/1 Meter. Damit wäre die Genius 110 zwar keine schwierig zu betreibende Box, äußert jedoch den Anspruch, nicht mit extrem schwachbrüstigen Verstärkern bei hohen Pegeln kombiniert zu werden. Schallwandgröße sowie Kantengestaltung und Chassisanordnung sind in Bezug auf die Abstrahlcharakteristik optimiert. Bei den Frequenzweichen setzt der Hersteller auf ein impedanzlinearisiertes Layout. Im Signalweg befinden sich nur wenige (dafür jedoch sehr hochwertige) Bauteile, was allerdings eine niedrige Flankensteilheit von 6db zwischen Hoch- und Tiefmitteltöner zur Folge hat. Jene Trennung erfolgt bei 1800 Hertz, so dass speziell der Tiefmitteltöner sehr breitbandig arbeitet.



Für die Mittelton- und Basswiedergabe vertraut ASW auf ein hochtechnisiertes 180mm Chassis mit Papier-Holzfaser Membran. Dieser Werkstoff soll sich in allen Frequenzen durch ein natürliches Klangbild auszeichnen und hervorragende Werte in Bezug auf das Eigenresonanzverhalten mitbringen. Für zusätzliche Steifigkeit besitzt das Chassis einen angeschnittenen Konus mit asymmetrischer Sicke (Marketingbezeichnung Pentacone-Technologie). Aber auch hinter der Fassade schlummern einige Highlights: der Schwingspulenträger besteht aus geschwärztem Titan und soll eine exzellente Verwindungssteifigkeit sowie Wärmeabfuhr bieten. Das Antriebssystem realisiert durch einen Neodym-Eisen-Boron Magnet eine große Magnetfeldstärke bei geringem Eigengewicht. Des weiteren wurde auch die thermische Verbindung zum Korb optimiert. Kupferkappen minimieren Magnetfeldverzerrungen und gewährleisten einen störungsfreien Betrieb. Sämtliche Komponenten des Chassis werden dabei von einem hochfestem Aluminium Druckgußkorb zusammengehalten, der alle Ebenen durch resonanzoptimierte Vertikalstreben miteinander verbindet und dabei sehr offen gehalten ist, um akustische Reflexionen zu vermeiden.



Der verbaute 25mm Hochtöner greift auf eine Keramikmembran zurück. Dieser Werkstoff ist speziell im High-End Bereich sehr beliebt und wird dort von verschiedenen Anbietern sowie Chassishersteller in den unterschiedlichen Größen sowie Qualitäten verbaut. Keramik gehört zu den steifen Werkstoffen, weist aber in keinster Weise die gravierenden Probleme von Metallmembranen auf, da es bei gleicher Steifheit sehr viel leichter ist. Gegenüber Bändchenhochtönern bringt ein elektrodynamisches Chassis mit kolbenförmig schwingender Konusmembran den Vorteil einer breiteren Abstrahlcharakteristik mit. In der Praxis bedeutet die geringere Neigung zum Bündeln, dass der Hörbereich größer ist und durch größere Anregung vom Raumreflexionen mehr Räumlichkeit entsteht. Der verbaute Keramikhochtöner in der Genius 110 besitzt einen Kupferring im Polkern zur Senkung der Induktion. Die Resonanzfrequenz liegt deutlich unterhalb der Trennfrequenz, so dass keine gesonderte Filterung notwendig ist.

Die wichtigsten technischen Daten in der Zusammenfassung (Herstellerangaben)

Modell / Stückpreis ASW Genius 110 / ab 599 Euro
Aufbau 2 Wege Kompaktls mit BR-System
Chassisbestückung 1x 180mm TMT Holzfasermembran
1x 25mm HT Keramik
Wirkungsgrad 88,4db @ 2,83V bei 1 Meter
Frequenzumfang 43 - 30.000 Hertz (+-3db)
Abmessungen 38,0 x 22,0 x 29,0 cm (B,H,T)
Gewicht 11,5 Kilogramm
Testumgebung:

Unser Teststudio misst rund 50m² und stellt mit seiner raumakustischen Optimierung eine hervorragende Umgebung dar, die Genius Lautsprecher auf Her(t)z und Nieren zu prüfen. Zusätzlich installierten wir die Testgeräte aber auch im Wohnraumstudio, um die Performance praxisnah einordnen zu können. In beiden Fällen kombinierten wir die Lautsprecher sowohl mit High-End Elektronik, wie auch "normalen" Komponenten. Auf diese Weise ist ein breites Spektrum an Eindrücken sichergestellt, wo sowohl die Skalierbarkeit mit hochwertigen Geräten, als auch die Verträglichkeit in Kombination mit "Low Level Hardware" offengelegt wird.


Vor-/Endverstärker
Audionet AmpVII  (ca. 10.000 €)
7ch Endstufe

Audionet PreG2 ( ca. 10.000 €)
Stereo Vorstufe

Cinemike AVP-A1HDA (ca. 13.000 €)
Mehrkanal Vorstufe

Denon AVR-4810 (ca. 3.000 €)

Quellgeräte
Cinemike DVD-A1UD (ca. 7.000 €)
Universal Blu-Ray Player

Accustic Arts Drive II (ca. 7.000 €)
CD Transport

Accustic Arts Tube Dac II (ca. 6.700 €)
2ch D/A Wandler

Panasonic DMP-BDT300 (ca. 500 €)
3D Blu-Ray Player

AREADVD Baden-Württemberg arbeitet hauptsächlich mit Kabeln von: Mogami (Lautsprecher), 
German High-End (NF), Silent-Wire (HDMI), Supra (Subwoofer-XLR) und Audionet (Netzkabel).

Das Referenzstudio wurde von der Firma RTFS akustisch optimiert.

Praxiseindrücke:

Im Hörtest begeistert die Genius 110 direkt von Beginn durch ihre fundierte Abstimmung. Chefentwickler Willi Nienhaus war es offensichtlich sehr wichtig, einen Lautsprecher für anspruchsvolle Hörer zu bauen, da sein Sprößling über viele audiophile Charakteristiken verfügt. In tonaler Hinsicht fällt auf, dass die Genius 110 recht neutral gehalten ist und diesbezüglich insbesondere auf eine kompaktlautsprechertypische Bassanhebung verzichtet. Das Klangvolumen befindet sich somit in einem richtigem Verhältnis und verfügt über keine Oberbassbetonung, um mangelnden Tiefbass zu kaschieren. Mit einem gefühltem -3d Punkt von ca. 65 Hertz reicht der gebotene Tiefgang zwar nicht aus, um Bassliebhaber in Verzückung zu setzen, genügt aber für eine seriöse Basswiedergabe in 90% des "normalen" Musikmaterials. Die Genius 110 will kein Wolf im Schafspelz sein, wo das akustische Flair einer (kleinen) Standbox durch einen Verlust an Natürlichkeit sowie Präzision erkauft wird. Stattdessen lässt sie sich bei entsprechenden Hörgeschmäckern vorzugsweise von einem (guten) Subwoofer ergänzen und verwöhnt ihren Besitzer durch eine schnelle, "trockene" Impulswiedergabe in den unteren Frequenzen. Durch den Verzicht auf extreme Bassorgien (und den damit einhergehenden großen Membranauslenkungen) profitiert auch der Mitteltonbereich. Dieser präsentiert sich zwar minimal zurückgesetzt, gefällt jedoch durch seine saubere Abbildung sowie Klangtransparenz. Stimmen werden mit bestechender Klarheit durchgezeichnet, ohne aus der Musik herausgezogen zu werden. Besonders weiblichen Interpreten entlockt die gewählte Abstimmung ein faszinierendes Maß an Facettenreichtum und Durchsichtigkeit. Bei einer Testsequenz eines Gitarrenspiels im E Dur Akkord gelang es den beiden Schallwandler sehr gut, die Tonhöhen sowie das unterschiedliche Schwingungsverhalten zu reproduzieren. Während die tiefe E-Saite bei den meisten Kompaktlautsprechern bereits aufgedickt wird, bieten die Genius 110 über den kompletten Akkord ein stimmiges Verhältnis in Bezug auf die Körperhaftigkeit. Erfreulich: ASW hat mit der Genius 110 keinen detailversessenenen Analytiker ohne Seele abgeliefert, sondern stattete die Box mit hoher Natürlichkeit aus. Ein maßgeblicher Faktor für jene Eigenschaft stellt die hervorragende Hochtonwiedergabe dar, wo die Genius 110 (unserer bescheidenen Meinung nach) ihre größte Stärke aufweist. ASW ist es in einer Güte gelungen, Detailfreudigkeit in Einklang mit Leichtfüßigkeit zu bringen, wie es selbst im High-End Bereich nicht als selbstverständlich anzusehen ist. Hohe Frequenzen gelangen unaufdringlich und seidig-angenehm in den Hörraum, während die famose Modellierungsgeschwindigkeit für eine immense Ausleuchtung sorgt. Die Genius 110 klingen deswegen stets sehr luftig und souverän, was zur gesamtem Klangcharakteristik hervorragend passt. Obwohl die Pegelfestigkeit im Bass-/Mitteltonbereich überdurchschnittlich gut ausfällt, machen unsere Testlautsprecher abseits extremer Pegelorgien am meisten Spaß. Spätestens wenn der db-Zeiger unseres Messgerätes an die 95db Marke gelangt, verliert die Genius 110 zunehmend an Übersicht, Lockerheit und dynamischer Präzision. Für solche Zwecke empfehlen sich die (ebenfalls neu entwickelten) Standlautsprecher aus derselben Serie vermutlich besser. Dort bekommt der Hörer wahrscheinlich auch eine bessere Grenzdynamik geboten, denn das brachiale Umsetzen von heftigen Beats oberhalb mittlerer Pegel unterliegt den größenbedingten Restriktionen. Dafür begeistert die Genius 110 mit ihrem feindynamischen Differenzierungsvermögen, welches speziell im Hochtonbereich exzellente Leistungen aufweist. Die gebotene Räumlichkeit rundet das akustische Gesamtpaket gelungen ab. Solange man die Lautsprecher nicht weiter als 2 Meter auseinanderstellt, löst sich der Klang generell sehr gut von den Schallwänden ab. Die Ortung von Phantomschallquellen ist dabei tadellos; im mittleren Frequenzbereich wäre eine noch bessere Lokalisationsschärfe bei komplexen Bühnenabbildungen wünschenswert, um noch näher an die nächste Preis-/Lautsprecherklasse heranzukommen. Sehr gut hat uns überdies auch der weiträumig abstrahlende Hochtonbereich gefallen, wodurch ein großer Sweetspot entsteht. 

Fazit:

Die neue Genius Serie macht Apetit auf mehr, da schon das kleinste Modell mit einer ausgewogenen Klangabstimmung aufwarten kann. Dabei besticht die Genius 110 nicht nur durch sehr gute Umsetzungen einzelner Klangaspekte, wie z.B. den filigranen Hochtonbereich. Der große Pfeiler des Erfolges stellt hauptsächlich die audiophile sowie detailorientierte Gesamtcharakteristik bei gleichzeitig angenehm-luftiger Spielweise dar. Jene Symbiose aus solch schwierig zu vereinbaren Eigenschaften trennt die Spreu vom Weizen - bzw. in diesem Fall: die ASW Genius 110 vom Großteil ihrer Mitbewerber. Das Facettenreichtum erstreckt sich bei unserem Testgerät aber nicht nur auf die Akustik. ASW überzeugt (wieder einmal) durch eine tadellose Verarbeitungsqualität und bietet seinen Kunden darüber hinaus auch eine herausragende Auswahl bzw. Flexibilität bei der Gehäusegestaltung. Bilanzierend betrachtet, müssen wir festhalten, dass ASW mit der Genius 110 sehr viel bietet und dabei auch preislich attraktiv ist. Die Testlautsprecher schrammen nur deswegen knapp an einem Referenzprädikat vorbei, weil sie ohne Subwoofer für basslastige Musik nur bedingt als absolut vollwertig zu betrachten sind. Anwender mit akustischen Schwerpunkt auf Basspräzision dürften sich daran aber nicht im Geringsten stören und finden in der Genius 110 (endlich) einen Lautsprecher, der konsequent auf Seriosität getrimmt ist. Wir sind jedenfalls schon heute auf die anderen Genius Modelle gespannt und blicken mit Zuversicht auf den geplanten Surroundtest. 


ASW Genius 110
Stückpreis ab 599 Euro
Kompaktlautsprecher
Test: 30.November 2010

Website des Anbieters. www.asw-lautsprecher.de


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Text: Lars Mette