TEST: Nubert Dreiwege-Standbox nuLine 264 - schlank verpackte Leistungsfähigkeit

24. Juli 2012 (cr/sw)

Nubert nuLine 264 für 785 EUR/Stück

Schlank und schick aus allen Perspektiven

Einführung

Für einen Stückpreis von 785 EUR ist die nuLine 264 Dreiwege-Bassreflex-Standbox ganz neu im Nubert-Sortiment. Lieferbar ist der ausgesprochen schlanke und elegante Standlautsprecher aktuell in weißem, schwarzem oder platinfarbenem Mehrschichtlack. Im Herbst folgen dann die Holzversionen in Nussbaum und Kirsche. Nur 15 cm breit, knackt der wie gewohnt mit schwäbischer Cleverness konstruierte Schallwandler im Bassbereich trotzdem die 35 Hz Marke – exzellent. Konstruktive Kennzeichen sind der neu entwickelte Flachmembran-Mitteltöner und der nuOva-Hochtöner, höchste Klarheit und Präzision sind Kennzeichen der aufwändigen Entwicklungen. Mit einer Spitzenbelastbarkeit von satten 260 Watt versteht sich der schlanke Schwabe auch mit leistungsstarken Verstärkern ohne Probleme. Wir hatten die Neuerscheinung schon im Praxistest.

Technik und Verarbeitung

Traversenfuss komplett aus Metall, Bassreflexöffnung hinten. Daher sollte man etwas Abstand zur Wand bei der Aufstellung der nuLine 264 halten

Bi-Wiring-Terminal

Aufnahmeöffnung fürs Lautsprecher-Schutzgitter

Hochwertiges Gitter aus Metall, hier im Detail

Neuer "nuOva" Hochtöner

Ausgebauter Hochtöner

Flachmembran-Mitteltöner

Rückseite

Einer der drei Langhub-Tieftöner

Im ausgebauten Zustand

Aus seitlicher Perspektive

Aufwändige Frequenzweiche, hier komplett

Mehrstöckig ausgeführt

Im Detail

Standesgemäße Baugruppen

Nubert-typisch präsentiert sich der Lautsprecher mit makellos lackierter Oberfläche und mit opulentem Materialeinsatz – dies zeigt das hohe Gewicht deutlich. Die Box ruht auf zwei Metalltraversen und steht durch diese „Erweiterung“ der Standfläche sehr stabil. Zudem sieht die Fußkonstruktion auch noch attraktiv aus. Die Front zeigt sauber eingelassene Chassis, die auf Wunsch vom soliden, schick aussehenden und mitgelieferten Metallschutzgitter gegen äußere Einflüsse geschützt werden. Das Gehäuse besteht aus 19 bis 38 mm starkem mehrschichtlackierten MDF-Material, im Inneren sorgen präzise berechnete Innenversteifungen und Dämmelemente für optimale Stabilität. Klangschädliche Eigenresonanzen werden auf ein Minimum reduziert. Nubert hat noch weitere Maßnahmen ergriffen, um konstruktive Voraussetzungen für bestmögliche Klanggüte zu schaffen. So arbeitet der Mitteltöner in einem eigenen Gehäuse, damit sich die rückseitigen Schallanteile von Tief- und Mitteltöner nicht gegenseitig stören. 

Der „nuOva“ Hochtöner mit besonderer Schallführung ist eine komplette Neuentwicklung. Die rückseitige Volumenkammer ist speziell bedämpft. Die akustisch optimierte Schallfront ist ovalförmig – „nomen est omen“. Diese Formgebung erlaubt es, die Kalotte noch weiter als bei den bisherigen, ebenfalls asymmetrischen Nubert-Hochtönern zum Rand hin unterzubringen, wodurch sich die Kantendispersionen in axialer Richtung verringern - dadurch nehmen Klarheit und Struktur des Hochtonbereiches merklich zu. 

Beim Mitteltöner setzt Nubert erstmals auf ein Flachmembran-Chassis. Durch Feinarbeit an Mehrschicht-Membranen, die über eine bienenwabenartige Struktur verfügen (Honeycomb-Technologie) konnten die störenden Eigenresonanzen, Nachteil bisheriger Flachmembranen, in höhere Frequenzbereiche verlagert werden – und in diesen Frequenzbereichen erfolgt die Abstrahlung beinahe ausschließlich über den Hochtöner, somit mischen sie sich nicht mehr störend ins klangliche Gesamtbild. Der Großteil des Mitteltonchassis schließt bündig mit der Schallwand ab und schafft dadurch eine besonders gute Umgebung für den benachbarten Hochtöner, was die Abstrahleigenschaften positiv beeinflusst. 

Der Tieftöner ist auch neu entwickelt - gleich drei Exemplare des 12 cm Longstroke-Tieftöner sind bei der nuLine 264 mit an Bord. Das Chassis ist mit Doppelmagneten ausgerüstet und ermöglicht ein exzellentes Verhältnis aus großem Membranhub, maximalem Tiefgang und verstärkerfreundlichem, das heißt hohem Wirkungsgrad. Die Polypropylen-Membran kann im Extremfall um bis zu 20 mm auslenken. Die insgesamt 6 Tieftöner eines Pärchens nuLine 264 entsprechen zusammen der Membranfläche eines durchaus ernst zu nehmenden Subwoofers. Die vertikale Anordnung der Basschassis reduziert überdies das Entstehen störenden Raummoden zwischen Boden und Zimmerdecke im Hörraum. 

Die Frequenzweiche ist, auch dies ein typisches Nubert-Merkmal - insgesamt 35, sorgfältig aufeinander abgestimmte Bauteile sorgen für eine beeindruckende Leistungsfähigkeit. Hochwertige Folienkondensatoren im Mittel- und Hochtonbereich sorgen auch für hohe Langzeitstabilität. Die tiefe Trennfrequenz von 2,2 kHz befreit den Mitteltöner von höheren Frequenzen und sorgt in Verbindung mit der bewusst klein gehaltenen Bauform für ein außerordentlich breites Abstrahlverhalten. Eine schnell reagierende Schutzschaltung schützt Chassis und Weiche vor drohender Überlastung, nachdem die Gefahr vorüber ist, setzt sie sich eigenständig wieder zurück. 

Hinten finden sich zwei Schalter (brillant/neutral/sanft, Höhenschalter, Bassschalter neutral/reduziert) zur Einstellung je nach Akustik des Hörraums. So empfiehlt es sich beispielsweise in sehr lebendigen Räumen, durchaus im Hochtonbereich mit der Einstellung „sanft“ zu arbeiten, während man im eher toten Raum auch „brillant“ ausprobieren kann. 

Testequipment
Klang

Der Auftakt zu Carl Orffs „Carmina Burana“ gelingt vielschichtig und mit Nachdruck. Der Choralgesang erscheint dicht und strukturiert, schiebt sich aber nicht zu weit in den Vordergrund. Parallel baut sich ein instrumentales Szenario auf, das die nuLine 264 detailliert erfasst. Als dann plötzlich ein großer Dynamiksprung den ganzen Hörraum erfasst, agiert der schwäbische Schallwandler impulstreu und ist umgehend zur Stelle. Das Group Delay ist absolut stimmig, die relativ kleinen Bass-Chassis sind ungemein schnell und fügen sich so perfekt ins Klangbild ein. Die Orff-spezifische Instrumentierung kommt sehr gut heraus, das charakteristische Flair der Carmina übertragen die nuLIne 264 sehr gut. Dass es sich nicht um eine sehr viel teurere Box handelt, fällt dem Kenner nur selten auf – die Herausmodellierung der hinteren akustischen Ebenen sowie die Durchhörbarkeit im Gesamten ist bei nochmals deutlich teureren Schallwandlern noch ausgeprägter. 

Antonin Dvoraks Symphonie Nummer 9 e-moll Opus 95 „Aus der Neuen Welt“ ist legendär und stellt viele HiFi-Komponenten vor unlösbare Herausforderungen. Die nuLine 264 beweist uns, dass auch relativ preisgünstige Stereolautsprecher sehr gut mit diesem Meisterwerk umgehen können: Die Flöten klingen transparent und räumlich, das Abklingen von Instrumenten wird überzeugend dargestellt, und die grandiosen Dynamiksprünge arbeiten die nuLine 264 für die Preisklasse glänzend heraus. Teurere Konstruktionen holen während der Dynamiksprünge vielleicht noch das ein oder andere Detail mehr ans Tageslicht (siehe nuVero-Baureihe), aber irgendwo muss der Mehrpreis für teurere Schallwandler schließlich auch seine Berechtigung haben. Die Streicher arbeiten die nuLine 264 sehr schön heraus, auch im orchestralen Umfeld. 

Der Beginn von Bedrich Smetanas „Moldau“ unterstreicht das, was wir bislang von der nuLine 263 denken: Ein äußerst vital spielender, dabei aber stets kultivierter Lautsprecher, dessen Detailfreude in diesen Preisklassen beinahe schon als beispielhaft zu bezeichnen wäre. Das Fließende, Sinnliche, tief unter die Haut Gehende arbeiten die Boxen ausgezeichnet heraus. Für nüchterne Naturen: Die Übergänge zwischen Hoch- und Mitteltonbereich sind homogen, und auch der Bassbereich schließt sich nahtlos an. Die Loslösung des Klangs vom Lautsprecher gelingt überzeugend. Der Abstrahlwinkel ist horizontal wie auch vertikal beeindruckend. 

„Lucifer“ vom Alan Parsons Project baut sich mit feiner Dynamikstaffelung präzise im Hörraum auf. Jede neu hinzugekommene Nuance wird direkt erfasst. Der Bassbereich ist so gut aufgestellt, dass zahlreiche subtile Kleinigkeiten mit aufgenommen werden. Die Raumwirkung ist enorm, sowohl was die Weite, als auch was die Tiefe angeht. Im Vergleich ist die Tiefenwirkung noch beeindruckender. Der schwierig zu erfassende Rhythmus bereitet der nuLine 264 keine Schwierigkeiten. 

„Nothing Else Matters“ ist eine besonders schöne Ballade von Metallica – gleich zu Beginn zeichnet die nuLine 264 präzise durch. Wir haben selten einen Schallwander dieser Preisregion erlebt, der das Anzupfen der Saiten so plastisch heraus arbeitet wie die nuLine 264. Das Schlagwerk erscheint kraftvoll, gliedert sich aber sehr gut ein. Die Vocals erscheinen ebenfalls sehr gekonnt eingearbeitet, so dass ein ganzheitliches Klangerlebnis entsteht, das durch alle Frequenzbereiche durch tonale Echtheit erfreut: Die nuLine 264 spielt neutral und ohne störende klangliche Verfärbungen. 

Bei „Rocket“ (Goldfrapp, Remix von Tiesto) startet die nuLine 264 gleich mit Nachdruck durch. Sie baut den Song sehr dynamisch auf und berücksichtigt auch feine dynamische Differenzen. Der massive Bass, der nach einiger Zeit einsetzt, wird mit Wucht und einem exzellenten Tiefgang umgesetzt. Dass eine so schlanke Box so tief herunter kommt, hätten wir kaum für möglich gehalten. Doch nicht nur das – auch der breite Abstrahlwinkel ist erstklassig. Auch dann, wenn man nicht im perfekt arrangierten Stereodreieck sitzt, bekommt man einen fein dosierten, räumlich ausgezeichneten Sound serviert. Die Stimme löst sich mit hoher Lebendigkeit vom Lautsprecher und ist sauber von den Instrumenten getrennt. Hohe Pegel scheut die nuLine 264 keinesfalls, im Gegenteil : Sie bleibt gelassen und souverän, als gäbe es kaum etwas Einfacheres, als einen 30 Quadratmeter-Raum mit Nachdruck zu beschallen. 

Bei „Halo“ von Depeche Mode (Remix von Goldfrapp) erfreut die nuLine 264 wieder mit überragendem Tiefgang. Das Mystisch-Bedrohliche wird sehr gut herausgearbeitet. Steigt der Pegel über Gebühr an, mischt sich leichtes Dröhnen mit dazu, die Präzision leidet etwas. Dies passiert aber erst bei Lautstärken, die kaum ein Anwender in der Praxis fahren dürfte, und zudem ist die Aufnahme auch etwas kritisch. Der Aufbau gelingt wiederum überdurchschnittlich gut, Dynamikunterschiede arbeitet die nuLine 264 gekonnt heraus. 

Konkurrenzvergleich

Magnat Vector 208 Tower: Die preisgünstige Alternative. Ein Pärchen der Magnat kostet so viel wie eine nuLine 264. Dafür wird natürlich nicht so ein immenser Materialaufwand betrieben, für das wenige Geld aber ist der Tower aus Pulheim sehr empfehlenswert. Anspruchsvolle HiFi-Hörer greifen aber lieber zur nuLine 264, die besser detailliert, noch homogener agiert und im Bassbereich mit überragendem Tiefgang aufwartet. 
Heco Celan GT 702: Die ebenfalls exzellent verarbeitete Heco verfügt über eine Vielzahl liebevoller optischer Details. Aber auch akustisch kann sie begeistern. Wärmer abgestimmt als die fetzigere nuLine 264, ist sie für den reiferen Hörer auch eine tolle Alternative. Der Tiefgang ist exzellent, obwohl schlanker, kann die nuLine 264 hier aber praktisch gleich ziehen. Preislich ist die Heco annähernd auf identischem Niveau. 
Quadral Ascent 90: Mit 599 EUR/Stück etwas günstiger als die nuLine 264, entpuppt sich der Hannoveraner Lautsprecher als harter Konkurrent. Sie sind feindynamisch sehr gut, erweisen sich als pegelfest und haben Kraft sowie Nachdruck. Optisch erscheinen sie als Alternative im klassischen Lautsprecher-Layout, das heißt, so schmal und schick wie die nuLine 264 treten sie nicht auf. Auch die Verarbeitung erscheint etwas einfacher. 

Fazit

So und nicht anders kennen wir Nubert: Trends werden dann mitgemacht, wenn nicht nur die Optik, sondern auch die akustische Leistung überaus stimmig ist. Und beides ist bei der nuLine 264 ohne den geringsten Zweifel der Fall. Schick und edel, schnörkellos und minimalistisch steht die Dreiwegebox vor dem erfreuten Auge des Betrachters – und „wehe, wenn sie losgelassen“: Dann entfacht der kleine, schmale Standlautsprecher ein klangliches Feuerwerk, das auch den versierten und erfahrenen Anwender durch Intensität und Nachdrücklichkeit erstaunt. Kraftvolle Bässe, toller Tiefgang, sauber strukturierte Mitten, klare, räumliche Höhen - die Gesamtkomposition ist – wieder einmal – ausgesprochen schlüssig und stimmig, die nuLine ist überdies tonal angenehm neutral und dürfte so den erfahrenen Stereohörer stark ansprechen. Der Preis ist, auch dies nichts Neues, für die Leistung als sehr fair einzustufen, denn die nuLine 264 ist eine klanglich ausgewachsene Standbox, die keinesfalls dringend einen Subwoofer als Unterstützung benötigt. 

Nicht von der schlanken eleganten Optik täuschen lassen: Die nuLine 264 ist ein vollwertiger und äußerst leistungsfähiger Standlautsprecher

Standlautsprecher Mittelklasse
Test 24. Juli 2012

+ Sehr pegelfest
+ Fein- wie auch grobdynamisch über Klassenniveau
+ Toller Tiefgang
+ Tonal neutral
+ Edle Verarbeitung und schicke Optik

Text: Carsten Rampacher
Bilder: Sven Wunderlich
24. Juli 2012