TEST: Kopfhörer Creative Aurvana In-Ear 3 - neutraler Klang+hohe Impulstreue ?
30.03.2012 (cr/sw)
Schon die Verpackung der Creative Aurvana In-ear 3 (149 EUR) sieht schick aus
Schick und edel
Einführung
Für 149 EUR möchte Creative beweisen, dass man In-Ear-Kopfhörer mit neutralem, detailreichen Klang bauen kann, die durch innovative Technik ebenfalls Glanzlichter sitzen. Schon die extravagante Optik macht neugierig - mit welchen Qualitäten können die edlen Kopfhörer im Testbetrieb auftrumpfen?
Technik und Verarbeitung
Im Detail
Adapter z.B. fürs Flugzeug im Lieferumfang
Kabel-Zugentlastung
Ohrstöpsel
Vergoldeter 3,5 mm Stecker
Transport-Case
Innenleben
Die In-Ears weisen für Hochtöner und Woofer Armature genannte Einheiten auf, die laut Creative einen direkten, reinen Musikgenuss ermöglichen. . Bei der Entwicklung stand bei Creative im Vordergrund, einen In-Ear zu bauen, der einem stationären Studio-Lautsprechersystem nachempfunden ist.
Zudem werden 98 Prozent aller Außengeräusche unterdrückt. Die abgewinkelte Akustikröhre – daher die unkonventionelle Form des In-Ears, die zunächst seltsam anmutet - hat zur Aufgabe, eine akustische Trennung zwischen Woofer und Hochtöner herbeizuführen. Höhen, Mitten und Bässe werden somit klarer und detailreicher präsentiert. Die Gehäuse der In-Ears in dunklem Chromfinish sind präzise gearbeitet, das Kabel aus hochreinem, sauerstofffreiem Kupfer besitzt eine Zugentlastung.
Das Design der Silikon- und Schaumohrstöpsel wird von Creative als „AuraSeal“ bezeichnet, die Stöpsel sind in verschiedenen Größen mitgeliefert, so dass stets ein perfekter Sitz im Ohr gewährleistet ist. Es ist ohnehin sehr wichtig, das haben wir auch in der Klangwertung später nochmals betont, dass der Ohrhörer richtig im Ohr sitzt, sonst fällt er zum einen schon bei geringen Bewegungen heraus, zum anderen ist der Klang nicht überzeugend. Hier dauert es kurz, bis der Hörer seine perfekte „Parkposition“ im Gehörgang erreicht hat. Dann aber können wir das geringe Gewicht und den Tragekomfort nur loben. Auch bei heftigen Bewegungen bleibt der Aurvana dann unerschütterlich fest im Ohr sitzen.
Die 28 Ohm-Kopfhörer weisen einen Frequenzumfang von 10 Hz bis 17 kHz auf, die Empfindlichkeit (bei 1 kHz) liegt bei 112 dB/mW. Das mitgelieferte Kabel hat eine Länge von 1,2 Metern. Das Gewicht beträgt lediglich 13 Gramm.
Eine Transportbox gehört zum Lieferumfang, anstatt billigem Kunstleder könnte Creative in dieser Preisklasse aber durchaus auf echtes Leder setzen. Es wäre zudem wünschenswert, eine Kabelfernbedienung für Android Smartphones und Apple iOS-Geräte zu integrieren (hier braucht es 2 unterschiedliche Varianten, da die Belegung bei Apple anders als bei der sonst üblichen Norm ist).
Klang
- Gestestet mit Nokia X7 (Testbericht folgt), Apple iPhone 4S, Hercules Deejay Trim 4&6, Apple iPad 2
Grandioser Sound dank aufwändiger Technik
Zunächst haben wir uns mit sehr nachdrücklichen Musiktiteln auseinander gesetzt – mit kräftigem Bassbereich und reichhaltiger Effekt-Ausschmückung. So z.B. mit „Remember Me“ von AIDA. Das Trance-Stück zeigt eines bereits sehr klar: Wer denkt, Creative baut nur PC-Soundkarten und Zubehör, hat aber bei In-Ears nur vom Billigmarkt Ahnung, wird in einer Weise eines Besseren belehrt, die beispielhaft ist: Mit Nachdruck, realistischer Räumlichkeit und hoher Impulstreue sorgen die Aurvana In-Ears für einen präzisen akustischen Aufbau, der Bass wird nicht komplett in den Vordergrund gezogen, sondern bietet ein stimmiges Fundament, ohne den anderen musikalischen Bestandteilen an Stellenwert zu nehmen.
Ein harter, exakter Bass, ohne störendes Wummern – bei DJ Quicksilvers Remix des Jean-Michel Jarre-Klassikers „Equinoxe IV“ sorgt wieder die highifidele Auslegung des Aurvana für Freude. Somit kann man dem, was auf der Creative-Seite im Webshop der Firma zum Kopfhörer steht, wahrhaftig zustimmen: „Die mit einem Balanced Armature-Hochtöner und –Woofer auf jeder Seite ausgestatteten Ohrhörer bieten einen reinen, unverfälschten Musikgenuss…..“ – sehr richtig: Vor allem auch der frei aufspielende Hochtonbereich begeistert und sorgt für den Eindruck einer kompletten, sehr dynamischen, frischen Wiedergabe. Von der dominanten, wuchtigen Basswiedergabe(
schon bei deaktiviertem EQ des Smartphones) eines Klipsch Image S4A/Klipsch Image S4i
ist dieser Kopfhörer ein gutes Stück entfernt, er orientiert sich eher am B&W In-Ear-Kopfhörer C5
– und somit an Idealen, die besonders den reifen, kultivierten Musikhörer faszinieren. Das heißt nicht, dass sich der Aurvana effektreicher Trance- und Techno-Musik nicht gewachsen zeigt – dies ist nicht der Fall. Aber er gibt diese Art und Musik mit anderer Gewichtung wieder. Er legt auch hier Wert auf Klarheit,
Verzerrungsarmut, Brillanz und Staffelung. Wenn der Track einen kräftigen Bass vorweist, unterbindet der Aurvana die Bassstärke nicht – aber durch die Präzision und das Timing sowie aufgrund der Tatsache, dass kein Nachschwingen stattfindet, wirkt der Bass straffer und schlanker als bei anderen Headphones.
Diese Auslegung zeigt sich auch beim 2008er Infinity-Remix von DJ Claas/Guru Josh Projekt: Hier zeigen die Kopfhörer ihre beeindruckende Qualität – ist am EQ des Mobiltelefons nichts eingestellt, ist der Bass straff und eher schlank, also sehr natürlich. Aber – wenn man z.B. bei unserem Nokia X7 den Bass-Boost aktiviert, dann „geht die Post ab“ und während andere Kopfhörer hier nur hilflos Verzerrungen ohne Ende produzieren, kommt aus den Aurvana-Kopfhörern ein derartig voller, satter, harten Bass – nach wie vor enorm präzise und ohne jegliche Weichzeichnung. Absolut erstklassig, auch in dieser Preisklasse. Eines aber ist extrem wichtig: Der Hörer muss fest im Ohr stecken, es dauert etwas, bis man die korrekte Position gefunden hat. Dann aber spürt man die Aurvana-In-Ears kaum, so gut und bequem sitzen sie im Ohr. Umgebungsgeräusche werden gekonnt vom Hörer ferngehalten, so dass man sich ausschließlich dem Musikgenuss widmen kann.
Sensationell auch die Performance bei „M.U.S.I.C.“ von Nid&Sancy: Der überragende Tiefgang, der kräftige Kickbass, erneut macht das Nokia X7 mit aktivierter Bass-Boost-Funktion in Verbindung mit dem Aurvana so viel Spaß, dass man sich wünscht, den Track gleich dreimal hintereinander anhören zu können. Auch der sehr gut nachvollziehbare Aufbau, die Tempowechsel, die impulstreu erfasst werden, und die sehr gute Trennung der einzelnen vokalen und instrumentalen Ebenen verdeutlichen das enorme Niveau dieses In-Ears.
„The Final Countdown“(gehört mit dem EQ-Programm „Rock“) von Europe war in den 80er Jahren ein Superhit und hielt sich wochenlang oben in den Charts. Und mit dem Aurvana angehört, werden die Erinnerungen wieder lebendig: Schon das Intro kommt authentisch in den Gehörgang, und als die Band dann ablegt, werden Synthesizer und E-Gitarren fetzig und schwungvoll herausgearbeitet. Die Stimme des Sängers haben wir in dieser Güte sonst nur bei nochmals teureren In-Ears gehört: Nicht so blechern und platt, sondern mit Kontur und Charisma. Und auch die Schmuse-Ballade „Carrie“ wirkt sensibel und gleichzeitig an den Stellen, an denen es gefragt ist, kraftvoll. Dem Creative-Kopfhörer gelingt eine ausgesprochen guten Detaillierung, die beileibe nicht nur die vorderen klanglichen Ebenen berücksichtigt, sondern auch den akustischen Hintergrund gut ausleuchtet.
Das gelingt auch bei „Left To My Own Devices“ von den Pet Shop Boys – hier verwenden wir das EQ-Programm „Pop“ und müssen Nokia eines konstatieren: Die EQ-Programme sind ausgezeichnet, nur lässt sich dies mit normalen billigen
In-Ears nicht erfahren, weil diese durch die meist wenig neutrale Auslegung gar nicht in der Lage sind, Unterschiede herauszuarbeiten, oder aber, z.B. bei Aktivierung des Bass Boosts, ist die Wirkung durch den dann völlig überzogenen Basspegel komplett „beim Teufel“.
„Take My Breath Away“ von Berlin – Kuschelhit aus „Top Gun“ – liegt dem Creative In-Ear ebenfalls: Mit Emotionalität und hoher akustischer Klarheit wird dieser Song sehr passend zum Ausdruck gebracht. Die Räumlichkeit wird intensiv wahrgenommen, die verschiedenen akustischen Ebenen kommen ausgezeichnet heraus. Die Stimme der Sängerin präsentiert sich fließend eingearbeitet, die Verständlichkeit ist auch bei beachtlichen Pegeln gegeben – überhaupt stellt sich die Pegelfestigkeit des Aurvana als überragend heraus, auch hier gibt es kaum einen Kontrahenten, der mithalten kann.
Insgesamt – so merkwürdig es auch klingen mag – stellt der In-Ear-Hörer aus akustischer Sicht ein Schnäppchen für den Kaufpreis dar. Er differenziert sich deutlich von den Leadern der 100 EUR-Liga, hier wäre vor allem der Klipsch Image S4 zu nennen, den es als Android- und als Apple-Version gibt. Der teurere B&W C5 klingt noch minimal detailtreuer, dafür aber gefällt uns der Aurvana im Bassbereich noch besser. Alles in den Schatten stellt dann erst der
In-Ear-Highend-Monitor-Kopfhörer Sony MDR-EX1000 – der aber auch die stolze Summe von 499 EUR kostet. Hier stellt sich dann auch die Frage – welcher Zuspieler bietet so gute Voraussetzungen, um diesem kleinen Meisterwerk gerecht zu werden? Als Ergänzung zum Highend-Smartphone ist schon der Creative-Hörer aus klanglicher Sicht mehr als ausreichend. Deutlich arbeitet der Kopfhörer auch Differenzen zwischen verschiedenen Smartphones heraus – unser Nokia X7 klingt demnach deutlich detailreicher, impulstreuer und transparenter als unser
Apple iPhone 4S, auch ist die Pegelfreude höher.
Fazit
Absolut gelungener Einstieg von Creative - der Aurvana In-Ear übernimmt selbstbewusst das Leadership in der Preisklasse bis 200 EUR. Optisch extravagant, technisch innovativ und akustisch exzellent, wird eine brillante Mischung geboten, die wir von einem Anbieter wie Creative in dieser Ausprägung nicht erwartet hätten. Für die Leistungsfähigkeit ist der Preis als äußerst fair einzustufen.
Technische sowie optische Avantgarde und akustische Brillanz
zum sehr fairen Preis

In-Ear-Kopfhörer Obere Mittelklasse
Test 30. März 2012
+ Sehr klarer Klang
+ Räumlich hervorragende Gesamtwiedergabe
+ Erstklassiger Bassbereich
+ Wirkungsvolles Noise Cancelling
+ Hochwertige Verarbeitung
+ Hoher Tragekomfort
+ Fairer Kaufpreis
- Keine Kabel-Fernbedienung für Apple iOS oder Android Geräte (würde 2 Versionen des Kopfhörers bedeuten)
Test: Carsten Rampacher, Sven Wunderlich
Datum: 30.03.2012