AREA DVD-TEST: Apple TV - Flop oder unterschätzte HDTV-Streaming-Box?

30.01.2009 Autor: Karsten Serck

Das Gerät

Als Apple 2007 sein "Apple TV" vorstellte, hätte man meinen können, dass Apple mit diesem Gerät eine ähnliche Goldgrube öffnen würde wie mit seinen iPods. Doch bislang ist der Anreiz, knapp 400 EUR für die Variante mit 160 GB-Festplatte oder rund 300 EUR für das Modell mit 40 GB Speicher auszugeben, noch nicht sonderlich hoch. Denn das dazugehörige umfassende Film- und Serienangebot gibt es bislang nur in den USA. Im Vergleich dazu ist die Auswahl an wenigen Serien, die in Deutschland angeboten werden, ein schlechter Scherz. Und zum alleinigen Synchronisieren einer iTunes-Musikdatenbank reicht schließlich auch ein iPod aus.

Doch im Verlauf des letzten Jahres hat Apple einiges getan, was zumindest einen zweiten Blick auf Apple TV lohnenswert macht. Denn Apple TV ermöglicht inzwischen auch aus Deutschland einen einfachen Zugriff auf HDTV-Content in einer mittlerweile durchaus beachtlichen Anzahl.

Bereits seit Jahren ist Apple dominant im Geschäft der offiziellen Hollywood-Trailer-Downloads. Diese bietet Apple in seinem Quicktime-Format nicht nur im Internet an sondern Apple TV-Benutzer können die Trailer auch direkt auf dem "Apple TV" betrachten. Das funktioniert nicht nur erstaunlich einfach sondern sogar richtig gut. Nicht nur über LAN sondern auch WLAN (802.11n) lassen sich HDTV-Trailer in 720p ruckelfrei streamen. Wie vom iPhone oder iPod touch gewohnt, verbindet sich die Box sehr flink mit einem vorkonfigurierten drahtlosen Netzwerk. Ein vorheriger Download der Trailer ist vor der Wiedergabe nicht erforderlich. Die Trailer starten direkt nach Anfrage und nur am Anfang muss Apple TV kurz für ca. zwei Sekunden zwischenpuffern. Die Qualität des HDTV-Materials ist im Vergleich zu anderen Video on Demand-Anbietern ausgesprochen gut. Die Bilder sind sehr detailscharf und Artefakte sieht man kaum. Ganz wird die Qualität von Blu-ray Discs aber nicht erreicht. Das ist weniger ein Problem der Pixel-Auflösung. Vielmehr erkennt man beim genauen Hinsehen mitunter leichte Ruckler im Bild und auch die Farbauflösung ist nicht ganz perfekt. Gerade bei schnellen Helligkeitswechseln sind ab und zu recht grobe Farbraster zu sehen.

Die Apple TV-Hardware ist aber durchaus in der Lage, selbst sehr dynamische Bewegungsabläufe darzustellen, ohne dass die Box ins Holpern kommt und Pausen entstehen. Die Bildausgabe ist in 1080p, 1080i, 720p und 480p möglich. Bei den HD-Auflösungen lässt sich zudem einstellen, ob 50 Hz oder 60 Hz gewünscht sind.

Das Trailer-Angebot ist sehr umfangreich und wird fortlaufend aktualisiert. Es vermittelt einen sehr guten Überblick über das, was gerade in Hollywood in Produktion ist und geht dabei weit über die Filme hinaus, die auch hierzulande mit großer Publicity vermarktet werden. Darüber hinaus gibt es inzwischen ein richtig umfangreiches Angebot an HDTV-Video-Podcasts von verschiedenen Magazinen oder z.B. der NASA. 

Richtig neidisch kann man allerdings werden, wenn man sieht, wie umfangreich das Film- und Serienangebot in den USA inzwischen bereits ist. Nicht nur die aktuellsten Filme gibt es dort in HD sondern inzwischen ist es auch üblich, dass z.B. Serien-Neustarts wie die fünfte Staffel von LOST quasi direkt nach der TV-Ausstrahlung auch direkt auf Apple TV abgerufen werden können. Die Filme kosten in HD zur 24 Stunden-Miete 3,99 Dollar oder können für 14.99 Dollar dauerhaft genutzt werden. Serien-Episoden kosten in HD 2,99 Dollar pro Folge.

Außerdem kann man auch einen "Season Pass" für eine gesamte Serien-Staffel erwerben. SD-Downloads sind jeweils einen Dollar billiger. Mit 480p-Auflösung bieten auch diese trotz weniger Schärfe eine durchaus brauchbare Qualität. Und natürlich gibt es im Vergleich zum bescheidenen O-Ton-Angebot des deutschen iTunes Store in den USA sämtliche Downloads in Englisch. 

Bedauerlich ist nur, dass User aus Deutschland den amerikanischen iTunes Store nicht nutzen können. Natürlich liegt das wie so oft an den Urheberrechten. Schließlich wird z.B. "Lost" in Deutschland nicht von ABC sondern von ProSieben ausgestrahlt - nur mit dem Unterschied, dass hierzulande erst die vierte Staffel startet während in den USA die fünfte bereits anläuft.

Ein rund zwei Stunden langer HDTV-Download ist rund 1.3 GB groß. Apple verwendet auch bei den Videos seinen "Fairplay"-Kopierschutz, der eine Wiedergabe nur mit Apple-Komponenten ermöglicht. Dabei hat man aber zumindest die übliche Flexibilität, auch mehrere Geräte synchronisieren zu können und ein HD-Download lässt sich sogar auf dem iPhone oder iPod touch abspielen.

Selbst für amerikanische Nutzer ist die Funktionalität der Box über den Film-Download hinaus aber doch recht gering. Denn der Nutzen von "Apple TV" erschöpft sich weitgehend in iTunes. Die Box synchronisiert Käufe zwischen der eingebauten 160 GB-Festplatte und der lokalen iTunes-Sammlung auf dem PC. USB-Slots, die es ermöglichen, schnell einmal etwas abzuspielen oder zu kopieren, gibt es nicht - obwohl ein USB-Eingang durchaus vorhanden ist. Und DLNA-Streaming ist ebenso ein Fremdwort.

Auch die Video-Codecs beschränken sich auf das, was Apple genehm ist, also Quicktime und H.264-Videodateien in den Formaten m4v, mp4 und mov. Bei den Audiodateien sind es MP3, MP4, Apple Lossless, AIFF und WAV. Bilder lassen sich in JPEG, BMP, GIF, TIFF und PNG darstellen. Die Skalierung ist sogar recht gut. Denn selbst die winzigen Cover-Abbildungen von Musikdateien sehen erstaunlich detailscharf auf dem "Apple TV" aus.

Ein nettes Zusatz-Feature ist "Remote". Diese Software erlaubt es, "Apple TV" innerhalb eines Netzwerks über ein "iPhone" oder einen "iPod touch" zu steuern. So lässt sich z.B. Musik auch auswählen, wenn der Fernseher nicht läuft. Das klappte mit unserem Gerät aber leider nur, wenn die Apple TV-Box über ein LAN-Kabel angeschlossen war. Außerdem zeigt sich hier noch eine weitere Schwachstelle von Apple TV: Auch wenn es einen Standby-Modus gibt, so läuft das Gerät auch in diesem einfach weiter und zieht entsprechend Strom aus der Leitung und beim Abziehen vom Netz wird die Festplatte sehr unsanft gestoppt.

 

Fazit

Obwohl Apple TV eigentlich nichts anderes als ein Mac-Rechner mit einer auf die iTunes-Funktionalität reduzierten Benutzeroberfläche ist, beschränkt Apple die Fähigkeiten seiner kompakten Audio- und Videobox weitgehend auf die Möglichkeiten, die sich durch "iTunes" ergeben. Dabei böte Apple TV als kleiner HTPC noch deutlich mehr Potential. Wünschenswert wäre die Unterstützung weiterer Video-Codecs, Tuner-Module, die das Aufnahmen von Digitalfernsehen ermöglichen, DLNA-Streaming und noch ein paar weitere Apple-typische Finessen, die den Erfolg vieler anderer Apple-Produkte ausgemacht haben. Dann könnte aus Apple TV ein richtiger Hit werden. 

Die HDTV-taugliche Box bietet eine gute Bildqualität und ermöglicht recht unkompliziert das Streaming von Videodateien aus dem iTunes-Angebot. Obwohl mittlerweile auch Trailer und Podcasts direkt auf der Box betrachtet werden können, fehlt aber bislang noch das umfassende Angebot im Film- und Serienbereich, um Apple TV auch für deutsche Nutzer interessant zu machen. Da Blu-ray Disc-Player inzwischen schon deutlich unter 200 EUR zu bekommen sind, müsste Apple TV aber noch deutlich mehr bieten, um den hohen Anschaffungspreis von mindestens rund 300 EUR rechtfertigen zu können.

Preis-/Leistung:
Pro
  • Gute HDTV-Bildqualität
  • Einfache Bedienung
  • Schnelles Streaming via WLAN und LAN
  • Mit "Remote" auch via iPhone oder iPod touch steuerbar
Contra
  • Eingeschränkter Codec-Support
  • Gelegentliche Bildstörungen (Ruckeln, Grobe Farbabstufungen)
  • Kein USB oder DLNA: Transfer eigener Dateien nur via iTunes-Synchronisation möglich
  • Spärliches Video-Download-Angebot im deutschen iTunes Store
  • Auch im Standby-Modus noch im Betrieb
Technische Daten:

www.apple.com/de/appletv