TEST: Wireless-Kopfhörer Philips Cineos SHD9100 

07. April 2008 (cr)

 

 

Einführung

Die kabellose Freiheit auf dem Kopf, das ist die Vision - Wireless-Headphones stellen eine sehr komfortable, praktische Lösung dar, doch klanglich sind die Kopfhörer meist wenig begeisternd. Selbst dann, wenn man einiges an Geld investiert, bekommt man noch lange keine rundherum befriedigende Produktqualität dafür geboten. Philips verspricht beim SHD9100, der zu Marktpreisen ab ca. 180 bis 190 EUR erhältlich ist, dass dank 40 mm Lautsprechertreibern und der digitalen Übertragungstechnik eine höchst erfreuliche klangliche Performance offeriert wird. Wir haben den drahtlosen Kopfhörer im eleganten Klavierlack-Finish ausgiebig getestet. 

Verarbeitung

Kompakte und elegante Basisstation

Sicherer Stand durch breiten Fuß

Formschöne Ohrmuscheln mit guter Polsterung

Zeitgemäßes, schwarz-hochglänzendes Design

Gepolsterter Bügel

Der SHD9100 erfreut das Auge des Betrachters mit einer sehr sorgfältigen Verarbeitung. Alle Oberflächen präsentieren sich als haptisch angenehm und sehen zudem gut aus. Die kompakte Basis- und Aufladestation ist einfach unterzubringen und fügt sich optisch sehr gut ein. Der Hörer selbst weist nur einen echten Nachteil auf: Die Elemente zur Bügelverstellung sind allesamt aus Kunststoff. In dieser Preisliga würde sich solides, robustes Metall deutlich besser machen. Das mitgelieferte Cinch-Verbindungskabel, das die Basisstation mit dem Verstärker oder Receiver verbindet, wirkt zudem sehr billig. Ansonsten herrscht Eitel Sonnenschein: Das Klavierlackdesign wirkt sehr ansprechend und zeitgemäß, die Polsterung des Kopfhörers erscheint hochwertig und entspricht voll den Anforderungen der Preisklasse. Gesamtnote Verarbeitung: Sehr gut - ausgezeichnet. 

Features/Verwendung/Tragekomfort

Der Kopfhörer wird auf der Basisstation eingehängt - dies sind die Kontakte, die dafür sorgen, dass er währenddessen geladen wird

Verbindung zum Receiver oder Verstärker mittels Cinch, daneben die Buchse fürs Netzteil

Auf der einen Seite werden zwei der drei handelsüblichen AAA-Akkus eingesetzt (Bild oben und unten)

Auf der anderen Seite wird ein Akku eingelegt

An- und Ausschalter an der rechten Ohrmuschel

Lautstärkeregler an der linken Ohrmuschel

Bügelverstellung für eine Erhöhung des Tragekomforts

Mit den 40 mm Lautsprechertreibern aus Mylar soll laut Philips eine verzerrungsfreie und kraftvolle Klangdarstellung erreicht werden. Die Signalübertragung erfolgt digital, was einen gleichmäßigeren Empfang und eine bessere Audio-Qualität ermöglicht als bei analoger Signalübertragung. Hinzu kommt der geringere Energieverbrauch. Dank einer speziellen, von Philips patentierten Technologie ist der Ton auch beim Herumlaufen im Zimmer stets synchron mit dem Bild. Die Bügel des Kopfhörers sind für akkuraten, komfortablen Sitz selbstverständlich verstellbar. 

Die Reichweite des SHD9100 beträgt im Haus rund 10 Meter, was für die meisten Indoor-Anwendungen ausreicht. Philips selbst gibt 30 Meter als maximale Reichweite an, diese ist aber nur unter Idealbedingungen und ohne störende W Selbst im Grenzbereich der Reichweite ist der Klang noch akustisch beinahe unangetastet, dann bricht beim Erreichen der 10 m-Marke die Verbindung abrupt ab. Für einen hohen Tragekomfort hat Philips einiges getan. Eine verstellbare Ohrmuschel (3 Positionen) sorgt für optimalen Sitz und eine voll wahrnehmbare Bassleistung. Das sehr leichte Kopfband erreicht, dass der SHD9100 auch bei längerem Hören nicht drückt. Der Bügel ist außerdem atmungsaktiv und ist einfach verstellbar. Die gesamten Maßnahmen wirken sich zusammen mit dem geringen Gewicht der gesamten Konstruktion sehr positiv aus - auch nach mehr als dreieinhalb Stunden auf dem Kopf ist der SHD9100 noch problemlos zu tragen. Philips gibt für die drei handelsüblichen AAA-Akkus (im Lieferumfang sind die Akkus enthalten) eine Betriebszeit von 6 Stunden an und rät, die Stromspeicher vor der ersten Inbetriebnahme 10 Stunden lang zu laden. Nur die Akkuleistung schwächelt: Wer es gern etwas lauter angehen lässt, darf den Kopfhörer schon nach rund 2 Stunden wieder an die Basisstation hängen. Wer es verhaltener angehen lässt, kommt in der Praxis auf rund 4 Stunden.  Gesamtnote in Relation zur Preisklasse: Sehr gut.

Klang

Der Philips Cineos SHD9100 ist der richtige Partner für Anwender, die beim Hören von Musik ein atmosphärisch dichtes, einhüllendes Erlebnis fokussieren - mit seiner nachdrücklichen, dynamischen Vorgehensweise reißt er gerade "normale" Anwender problemlos mit. Für kraftvolle Rock- und Popmusik oder für Trance- und Dance-Hymnen eignet sich dieser Wireless-Kopfhörer ausgezeichnet. Bei Dj Shogs "Another World" trumpft er mit einer kraftvollen Basswiedergabe und einer sehr gut vom Rest getrennten vokalen Darstellung auf. Er schafft ein weitläufiges, räumlich dichtes Klangpanorama und zieht so den Hörer voll in den Bann der Musik. Bei "Heaven" von Dj Sammy und Yanou erzeugt der Philips erneut eine hervorragende, dichte Räumlichkeit, der Zuhörer fühlt sich vom Sound wahrhaftig eingeschlossen und spürt nicht das für weniger hochwertige Kopfhörer typische Gefühl eines aufgesetzten, zweidimensionalen Klangs. Bei Da Hools Klassiker "Meet her at the Love Parade" brilliert der SHD9100 wiederum mit seiner nach vorn strebenden, von Kraft und Energie geprägten Wiedergabe. Massiv treibende Disco-Beats wie bei "Pamana" von Master Blaster liegen dem SHD9100 vortrefflich - hier kennen wir selbst unter den kabelgebundenen, preislich vergleichbaren "Kollegen" nur wenige Exemplare, die mit einem so harten, gleichzeitig vollkommen sicheren Bass aufwarten können. Die im Song liegende Dynamik lässt der Philips förmlich in den Gehörgängen explodieren.

Seine Kraft und seine grobdynamischen Fähigkeiten kommen ihm auch bei Europes "The Final Countdown" zu Gute. Er lässt den Zuhörer das Charisma dieses Songs jederzeit spüren und komponiert zudem eine Hörcharakteristik, die auch beim Hören mit deutlich gehobener Lautstärke nie aufdringlich wird. Das identische Können stellt der SHD9100 bei Bon Jovis "Living on a Prayer" in den Vordergrund - es bewegt sich einfach etwas. Viele Headphones lümmeln akustisch unmotiviert in der Gegend herum und können sich einfach nicht entschließen, ob sie lieber in Detailarbeit verfallen oder alles einer vordergründigen Gefälligkeit opfern. Der Philips weiß gleich, was er möchte, und offeriert viel Dynamik auch bei höherem Pegel. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die Höhen leicht bedämpft, ohne aber indifferent und belegt zu wirken. Uns persönlich hat diese auf lange, entspannte und doch intensive Hörsessions ausgelegte Auslegung auch bei der Europe-Ballade "Carrie" hervorragend gefallen. Bei den Moti Special-Meisterwerken "Cold Days, hot Nights"  und "Don't be so shy" gibt der Philips erneut Vollgas und marschiert in einer Art und Weise voran, die gleichermaßen mitreißend wie beeindruckend ist. 

Bei allen "Jubelarien" wollen wir aber auch deutliche Schwachpunkte nicht vergessen: So ist der "Grenzbereich" des SHD9100 sehr gering. Der Klang ändert nicht mit sanfter Neigung zum Übersteuern nach und nach seine Qualität, sondern der Philips rutscht direkt von einem kraftvollen, homogenen Sound in verzerrtes, kaum zu ertragendes, von Dröhnen und knackendes Übersteuern ab, wenn man es mit dem Pegel auch nur ein wenig übertreibt. Daher sollte man sehr vorsichtig im Umgang mit dem Lautstärkeregler sein, wenn bei schon gehobenem Pegel noch der Wunsch nach Mehr aufkommt. Hinzu kommt auch beim SHD9100 ein hörbares Sirren, das in sehr leisen Passagen den Musikgenuss stören kann. Dieses Merkmal ist typisch für Wireless-Systeme. Was wir noch aussagen können: Für den klassischen High-End-Hörer, der auf kristallartige Klarheit, feinste Transparenz und höchste Ausgewogenheit bei der Betonung aller Frequenzbereiche Wert legt, ist der SHD9100 nicht der geeignete Kopfhörer. Er weist ein gut nachvollziehbares und darum ehrliches Sounding auf, mit hörbar betontem Bass, sanft auslaufenden Höhen und nahtlos eingebundenem Mitteltonbereich, der enorm harmonisch klingt und darum bewusst das letzte Bisschen Durchhörbarkeit opfert.

Langsame, mit viel Volumen gesegnete Techno-Balladen wie "Welcome to Paradise" von Gigi d'Agostino bringt der SHD9100 sehr ausdrucksvoll und emotional zur Geltung - hier zahlt sich die spezielle Auslegung direkt aus. Nicht besonders liegen dem Kopfhörer berühmte Ouvertüren und Orchestermusik von Richard Wagner. Bei der Ouvertüre aus den "Meistersingern von Nürnberg" verliert der Kopfhörer den musikalischen Faden und schafft es nicht, die vielfältigen orchestralen Ebenen getrennt voneinander abzubilden. So wirkt das gesamte Klangbild dann zu undifferenziert und zu oberflächlich. Das gleiche Phänomen tritt auch bei Johann Strauss' "Kaiserwalzer" auf - zwar erklingt das Ganze wirklich dynamisch und nachdrücklich, doch es hapert an den kleinen, feinen Zwischentönen. Gerade die Streicher wirken nicht filigran und transparent genug und werden im Vergleich zu den tieffrequenten Einsätzen zu deutlich in den Hintergrund geschoben. Das bei klassischer Musik sehr wichtige Darstellen einer breiten orchestralen Bühne, die sowohl in die Breite als auch in die Tiefe aufwändig gestaffelt ist, liegt dem SHD9100 somit nicht. 

Ganz anders verhält sich die Sachlage bei Duran Durans "A View to a Kill" - der Titelmelodie aus dem 007-Streifen, in dem Roger Moore als Bond "Goodbye" sagte. Hier zahlen sich Raumgefühl, Grobdynamik und Kraft wieder voll aus und sichern ein emotionsgeladenes, einhüllendes, die Umwelt vergessen machendes Hörerlebnis. Dass der SHD9100 auch langsame, gehaltvolle Stücke sehr gut handeln kann, beweist er bei Gladys Knights "License to Kill" - Treffsicher mixt er einen hochprozentigen Cocktail aus Nachdruck, Volumen, Stimm- und Instrumentalgewalt. Er lässt das berühmt-berüchtigte "Gänsehaut-Feeling" aufkommen und beschert so dem Liebhaber einer effektvollen, massiven Darstellung die Ausschüttung einer Vielzahl von Glückshormonen. So geschehen auch bei "Always on my Mind" von den "Pet Shop Boys" - souverän, satt und kraftvoll zieht der SHD9100 wieder alle Register seines akustischen Könnens. Gesamtnote Klang in Relation zur Preisklasse: Sehr gut.

Fazit

Der Philips Cineos SHD9100 bietet schon mit seinem eleganten Äußeren und der tadellosen Verarbeitung interessante Reize. Diese finden ihre akustische Fortsetzung in einem gleichermaßen kraftvollen wie mitreißenden Klangbild, das mit fülligem Bass, sehr angenehmen Höhen und sehr schön eingebundenen Mitten überzeugen kann. Somit stellt er in seiner Preisklasse unter den schnurlosen Kopfhörern eine ausgezeichnete Wahl für den Anwender dar, der ein ehrliches, von Nachdruck und Volumen geprägtes Sounding schätzt. Nicht wegzudiskutieren sind aber auch einige Nachteile. Zu diesen gehört das plötzliche Übergehen von einem harmonischen, raumfüllenden Klang in ein von Knacken und Dröhnen geprägtes Übersteuern. In höheren Pegelregionen ist daher ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Lautstärkeregler gefragt, denn prinzipiell schafft der SHD9100 durchaus beachtliche Pegel, allerdings ist sein Grenzbereich sehr schmal und muss daher mit Vorsicht ausgelotet werden. Höhere Pegel lassen noch einen weiteren Nachteil an den Tag treten: Die Akkulaufzeit ist dann mit rund 2 Stunden zu gering. Bedingt durch das Sounding und den massiven akustischen Auftritt, ist der SHD9100 für stark Klassik- und Jazz-orientierte Hörer nicht der richtige Begleiter. Wer am liebsten Rock, Pop, Trance- oder Dance-Musik hört, wird hingegen von den Wiedergabequalitäten und der Auslegung höchst angetan sein. 

Der Philips Cineos SHD9100 weist zwar ein deutliches Sounding auf, ist mit seiner nachdrücklich-mitreißenden Art fürs emotionale, intensive Hören aber ausgezeichnet geeignet

Funkkopfhörer obere Mittelklasse
Test 07. April 2008
Preis-/Leistungsverhältnis

+ Interessanter Marktpreis
+ Sehr nachdrückliche Basswiedergabe
+ Tadellose Räumlichkeit
+ Intensive, mitreißende Klangcharakteristik
+ Edle Optik
+ Guter Tragekomfort
+ Ordentliche Pegelfestigkeit  bis hin zu hörbar gehobenem Pegel

- Bei größeren Lautstärken zu geringe Akkulaufzeit (nur rund 2 Stunden)
- Typisch für Wireless-Systeme hörbares Sirren
- Geringer Grenzbereich, in dem vom unverzerrten Sound gleich in eine Klangdarstellung mit sehr starken Verzerrungen übergegangen wird

Test: Carsten Rampacher
07. April 2008