TEST: Jamo S 606 HCS 3 5.0-Set - High Class-Schnäppchen für 660 EUR Marktpreis?

18.09.2008 (cr)

 

Einführung

Für ca. 660 EUR Marktpreis kann sich er preis-/leistungsbewusste Mehrkanal-Liebhaber mit dem Jamo S 606 HCS 3 ein 5.0-Lautsprecherset kaufen, das optisch das Flair einer deutlich höheren Preisklasse vermittelt. Die UVP liegt bei 999 EUR, auch das mutet in Anbetracht des dafür Gebotenen sehr maßvoll an. Zwei schlanke Standlautsprecher mit seitlich abstrahlenden Bässen, ein kompakter Center und zwei kleine, aber feine Surround-Regalboxen bilden das Ensemble. Ob Jamos Vorschlag zur Beschallung mittelgroßer Hörräume auch im Testbetrieb begeistern konnte, steht im folgenden Bericht. 

Technische Daten

Der Center ist zur Wandmontage geeignet, ist aber als Bassreflexmodell ausgeführt. Somit klingt er in etwas Distanz von der Wand (ca. 1 m) besser

102 mm Tieftöner des S 60 CEN

Die S 606 Dreiwegebox ist mit zwei 127 mm Mitteltönern und einem 25 mm Hochtöner bestückt

Seitlich montiert ist der 203 mm Basstreiber der S 60

Die Surroundlautsprecher sind sehr kompakt

Die S 606 Standbox, ein Dreiwege-Bassreflex-Lautsprecher, ist Dreh- und Angelpunkt der Home Cinema-Lösung aus dem Hause Jamo. Ein 25 mm Hochtöner wird bei dieser 6 Ohm-Konstruktion flankiert von zwei 127 mm Mitteltönern und einem seitlich montierten 203 mm Tieftöner. Der Frequenzgang reicht von 42 bis 20.000 Hz. Der Lautsprecher ist dank der rückseitigen Terminals Bi-Wiring-fähig. Der Wirkungsgrad beträgt (2,8 V/1 m) 89 dB. Die 24,1 kg schwere Box misst (H x B x T) 1080 x 190 x 345 - damit ist sie, auch aufgrund der schlanken Form, problemlos im Wohnraum unterzubringen. Die Langzeit-Belastbarkeit liegt bei 130, die kurzzeitige Belastbarkeit bei satten 210 Watt. Eine Wandhalterung ist in den S 60 CEN gleich integriert. Er ist bestückt mit zwei 102 mm Tieftönern und einem 25 mm Hochtöner. Der Zweiwege-Bassreflexlautsprecher weist eine Impedanz von 6 Ohm auf und einen Wirkungsgrad von 87 dB. Der Frequenzbereich geht von 75 bis 20.000 Hz. Mit Abmessungen (H x V x T) von 133 x 400 x210 erweist sich der 4,9 kg wiegende Center als sehr kompakt und findet daher ohne Schwierigkeiten, sollte er nicht an der Wand befestigt werden, im TV-Möbel seinen Platz. Mit einer Langzeitbelastbarkeit von 80 und einer kurzzeitigen Belastbarkeit von 130 Watt werden gute Werte erreicht. Wir sind gespannt, als wie leistungsstark sich der S 60 CEN später in der Hörpraxis erweist. Für den Surroundbereich zuständig sind die S 60 SUR, baugleich mit der auf der Website von Jamo (www.jamo.de) vorgestellten S 602. Die Zweiwege-Bassreflexkonstruktion mit 102 mm Tieftäner und 25 mm Hochtöner ist mit maximal 80 Watt langfristig und mit maximal 130 Watt kurzfristig belastbar. Der 6 Ohm-Lautsprecher misst (H x B x T) 240 x 133 x 210 mm und wiegt 3,4 kg pro Stück. Der Wirkungsgrad wird mit 87 dB, der Frequenzgang mit 80 bis 20.000 Hz angegeben. Insgesamt ist das Leistungsprofil für den günstigen Marktpreis als tadellos zu bewerten. Gesamtnote in Relation zur Preisklasse: Sehr gut - ausgezeichnet. 

Verarbeitung

Die S 606 weist eine für die Preisklasse ausgezeichnete Verarbeitungsqualität auf

Auch der S 60 CEN ist sauber verarbeitet

Gut sitzende Lautsprechergitter, ansprechendes Gehäusematerial

Gelungener Materialmix

Für einen Setpreis (Marktpreis) von nur 660 EUR bieten die Jamo Boxen einen optisch nahezu konkurrenzlosen Gegenwert

Hinten ist das Gehäuse etwas scharfkantig

Nur minimale Toleranzen an den sauber ausgefrästen Rändern rund um den Basstreiber

Kleine, gleich bleibende Spaltmaße - viele doppelt so teure Konkurrenten erreichen dieses Niveau nicht

Das Holzimitat erscheint hochwertig gemacht

Single Wiring Terminal bei Surround- und Centerlautsprecher

Bi-Wiring-Terminal bei der S 606

Für vergleichsweise wenig Geld bietet das Jamo Set eine ausgezeichnete Verarbeitungsqualität. Die Lautsprecher erscheinen allesamt hochwertig und elegant, ganz besonders die S 606 Standbox. Die Qualität der Gehäuse überzeugt, die Oberflächen sind makellos. Die verschiedenen verwendeten Materialien passen sehr gut zusammen. Beim Zusammefügen der Gehäuse hat Jamo alles richtig gemacht - Zeugnis dafür legen die geringen und gleich bleibenden Spaltmaße ab. Nur die hinteren Gehäuseecken sind etwas scharfkantig - aufgeschlagene, mängelbehaftete Ecken sucht man aber vergeblich. Die Schallwand ist von guter Materialqualität, die Chassis sind sauber eingepasst. Völlig in Ordnung für die Preisklasse gehen die Lautsprecherkabel-Anschlussterminals, die als Schraubanschlüsse ausgeführt sind. Gesamtnote in Relation zur Preisklasse (Marktpreis): Ausgezeichnet. 

Testequipment:
Klang

 

Allgemeines:

  • S 606 Frontlautsprecher möglichst frei platzieren. Die beiden Frontboxen sollten mindestens, für eine freie Basswiedergabe bei nach innen gedrehtem Tieftöner, 3 Meter auseinander stehen. 
  • Die Jamo Kombination hat einen nur durchschnittlichen Wirkungsgrad. Daher sollte man einen leistungsfähigen AV-Receiver verwenden - Modelle unterhalb der heutigen Mittelklasse (ab ca. 550 EUR) brauchen daher erst gar nicht antreten.
  • Flexibel bezüglich der Hörraumgröße. Mit einem entsprechend leistungsstarken Verstärker betrieben, managt das Jamo Ensemble auch Hörräume bis zu 40 Quadratmeter. Aber auch im 20 Quadratmeter Hörraum kann man das Set einsetzen, ohne dass der Eindruck erscheint, es wäre überdimensioniert. 

Tonalität

Der Hochtonbereich präsentiert sich als minimal zurückgenommen. Stimmen kommen gut heraus, der gesamte Mitteltonbereich ist relativ neutral, mit minimal warmen Einschlag, abgestimmt. Der Bassbereich ist kräftig und tonal recht dunkel -  dies suggeriert trotz des zwar guten, aber nicht enormem Tiefgangs einen tief nach unten gehenden, raumfüllenden Bass. 

Leistungsfähigkeit im Bassbereich

Hier schneidet das Jamo Set für die Preisliga exzellent ab. Allerdings muss man bedenken, dass die beiden 203 mm Basstreiber der Frontlautsprecher richtig getrieben werden wollen. Mit leistungsschwachen AV-Receivern der 300 EUR-Kategorie, die mancher Anwender durchaus zu diesem günstigen Ensemble kombinieren würde, ist hier nichts zu machen. Man braucht Power, um für eine raumfüllende Wirkung zu sorgen. Bringt der angeschlossene AV-Receiver richtig Kraft mit, dann ist das 5.0 Set sogar für die Wiedergabe von hochklassigen Filmtonspuren auch ohne aktiven Subwoofer geeignet. Natürlich, das ist zu bemerken, fehlt es ganz unten im Frequenzspektrum an der Fähigkeit, tieffrequente Gebilde im subsonischen Bereich abzubilden. Dies wird aber geschickt durch die Möglichkeit, einen voluminösen Raumeindruck zu erzeugen, kaschiert. Kickbässe werden gut, aber nicht perfekt wiedergegeben. Die 203 mm Bässe könnten hier noch impulsiver und spontaner vorgehen. 

Leistungsfähigkeit im Mitteltonbereich

Die S 606 hat einen prägnanten, aber gleichzeitig angenehmen Mitteltonbereich 

Der leicht warm abgestimmte Mitteltonbereich sorgt dafür, dass man mit dem Jamo-Ensemble problemlos über mehrere Stunden Hörsessions durchführen kann. Nie werden die Mitten schrill und zu aufdringlich, trotzdem befinden sie sich stets im Vordergrund. Dies sorgt für eine gut akzentuierte Stimmwiedergabe, deren Verständlichkeit auch bei größerem Pegel garantiert ist. Zwischen unterem Mitteltonbereich und dem Bassbereich ist eine minimale Lücke, hier scheint das akustische Geschehen etwas zurückversetzt statt zu finden. Diese Lücke wird aber nur bei komplexen Musikpassagen und mit entsprechend hochwertigem Equipment festgestellt. Den normalen Anwender wird dieses kleine Manko gar nicht erst auffallen. 

Leistungsfähigkeit im Hochtonbereich

Der Hochtonbereich ist aus räumlicher Sicht gut gelungen. Hochfrequente Effekte kleben nicht an der Box, sondern verteilen sich mit überraschend feiner Dosierung im Raum. Was nicht die Stärke des Jamo Systems ist: Eine enorme Strahlkraft und Brillanz zu erzeugen. Der Hochtonbereich geht "auf Nummer sicher" und bleibt lieber auf der harmonisch-leicht bedeckten Seite. Dadurch wirken z.B. Streicher oder andere Instrumente wie Cembalo oder Querflöte leicht verhalten. Der Vorzug dieser Auslegung liegt darin, dass die Hochtonwiedergabe nie droht, zu spitz und zu metallisch zu werden. 

Räumlichkeit und Bühnenaufbau

Überraschend gut schlägt sich der kleine Center

Der Center arbeitet auch nach dem Bassreflexprinzip

Die offerierte Räumlichkeit ist ausgezeichnet. Beim Bühnenaufbau neigen die beiden S 606 dazu, eine größere virtuelle Bühne zu suggerieren, als tatsächlich vorhanden ist. Dies ist zwar im Sinne größtmöglicher Neutralität nicht perfekt, wirkt aber imposant und wird die Zielgruppe, die Jamo mit diesem Set bedienen möchte, bestimmt ansprechen. Die letzten Grenzen bezüglich der akustischen Tiefe werden nicht genau ausgelotet. Hier erscheint der Eindruck etwas undefiniert. Die Weite der Bühne ist gleichmäßig und auch in den Randbereichen sehr klar festgelegt - eine Top-Leistung für den Preis. Räumlich wird von den beiden Tieftönern der S 606-Boxen ein hervorragendes Ergebnis abgeliefert. Auch in beträchtlicher Entfernung vom Lautsprecher ist noch ein intensiver räumlicher Eindruck vorhanden. Die zwei kompakten Surround "Böxchen" haben uns sehr positiv überrascht: Dass sie ein so feines Raumgefühl bereit stellen, hätten wir nie erwartet. Der Center gibt es akustisch gekonnt größer, als er eigentlich ist: Der kompakte Lautsprecher fügt sich mit einer nie erwarteten Souveränität zwischen die beiden S 606 ein und ermöglicht ein weitläufiges, kaum komprimiert erscheinendes Klangbild. 

Pegelfestigkeit

Pegelfest: Die S 606 steht auf hohe Lautstärken

Die beiden S 606 sind als ausgesprochen pegelfest zu bezeichnen. Sie weisen zwar einen eher durchschnittlichen Wirkungsgrad auf und sind daher auf einen relativ üppigen Leistungs-Input angewiesen, wenn sie genug Power zugeführt bekommen, sind sie aber zu enormen Lautstärken fähig. Der Center geht lange mit, bevor er dann beginnt, im Hochtonbereich und auch bei der Wiedergabe von Frequenzen um die 120 Hz hörbar zu komprimieren. Die kleinen Rearboxen weisen für ihr Arbeitsgebiet sehr gute Pegelreserven auf. Im Multichannel Stereobetrieb, wenn die Rears die ganze Zeit Fullrange laufen, sind sie aber deutlich vor den S 606 am Ende ihrer Fähigkeiten angelangt. 

Aufbaukritisch - ja oder nein?

Die Frontlautsprecher sollte leicht auf das Auditorium gerichtet eingewinkelt und eine Entfernung untereinander von mindestens 3 Metern aufweisen. Die Surrounds sind nicht zu hoch zu positionieren, dann leiden Räumlichkeit und Intensität (etwa in Ohrhöhe hinter dem Zuhörer). Auch, wenn er eine Wandhalterung eingebaut hat, würden wir den Center lieber in einer Distanz von ca. 1 Meter von der Wand aufstellen. Unter den Center sollte man am Besten einen kleinen Holzkeil legen, so dass die Box genau in Richtung der Zuhörerschaft zielt. Insgesamt erweist sich das Set als durchschnittlich aufbaukritisch. Etwas Sorgfalt sollte man schon bei der Positionierung walten lassen, mit etwas Geduld schafft es aber praktisch jeder Anwender, das System akustische Gewinn bringend unterzubringen. 

Akustisches Fazit

Die Surroundlautsprecher sind sehr kompakt - aber ausgesprochen effektorientiert aufspielend

Natürlich kann man für einen Marktpreis von ca. 660 EUR keine Wunder erwarten - aber was das Jamo S 606 HCS 3 für diesen Preis bietet, ist ohne Zweifel überdurchschnittlich. Die beiden S 606 schenken ein üppiges Maß an Räumlichkeit ein und schaffen es, dieses Gefühl auch im größeren Hörraum aufrecht zu erhalten. Der Center fügt sich erstaunlich problemlos ein und erweist sich als leistungsstark. Mit der Fähigkeit, Effekte schnell zu verteilen und eine reichhaltige Surroundklangkulisse aufzubauen, begeistern die kleinen S 60 SUR. Gesamtnote in Relation zur Preisklasse: Ausgezeichnet - hervorragend. 

Fazit

Für unter 700 EUR liefert Jamo eine tolle Verarbeitungsqualität und einen räumlich intensiven Sound

Mehrkanal-Lautsprechersysteme, die auch beim zweiten Hinsehen sauber verarbeitet sind und zudem räumlich tadellos klingen, kann es auch schon für Marktpreise unterhalb der 700 EUR geben - das Jamo S 606 HCS 3 ist ein hervorragendes Beispiel dafür. Es vereint eine erstaunliche Materialqualität, ein schickes Design, eine hohe Pegelfestigkeit und eine sehr gute räumliche Darstellung - die Zeiten, in denen Jamo nur noch wenig Marktbedeutung hatte, sollten in Anbetracht solcher Offerten vorbei sein. 


Jamo macht es möglich: Ansprechende Verarbeitung, erwachsene Abmessungen, eine elegante Optik und überraschend gute akustische Eigenschaften für Marktpreise um die 660 EUR
Mehrkanal-Lautsprechersets untere Mittelklasse
Test 18.09.2008
Preis-/Leistungsverhältnis + Extrastern für Spitzenleistung zum kleinen Preis

+ Ausgezeichnete räumliche Darstellung
+ Sehr gute Pegelfestigkeit
+ Tadellose Stimmwiedergabe
+ Überdurchschnittlich gute Verarbeitung
+ Elegante Optik
+ Sehr fairer Kaufpreis

- Nur durchschnittlicher Wirkungsgrad
- Tonal nicht 100 % ausgewogen

Test: Carsten Rampacher
18. September 2008