INFO: Einführung in den Themenkomplex Kopfhörer

24.01.2007 (hr/cr)


Einleitung

Kopfhörer – kürzer Hörer – sind nichts anderes als kleine Lautsprecher. Ihre Schallabstrahlung ist nur für unser eigenes Ohr – so beim Telefon – oder für unsere beiden Ohren bestimmt, wenn wir etwa eine Stereo-Übertragung hören. Wir hoffen so zu erreichen, dass niemand mithört oder auch (fast) niemand durch laute Musik oder durch mit heftigen Geräuschen begleiteten Filmvorführungen in unserem Heimkino belästigt wird.
Die physikalischen Grundlagen der Kopfhörertechnik sind folglich die gleichen wie die der Lautsprecher. Freilich spielen nicht alle Techniken für Lautsprecher eine gleich große Rolle in der Hörertechnik.

Magnetische Kopfhörer

Die historisch ältesten Kopfhörer sind die magnetischen oder elektromagnetischen. Der vom Telefonanschluss oder einem Verstärker kommende Strom fließt durch zwei Spulen mit je einem Permanentmagneten, die sich in geringem Abstand hinter einer Stahlblechmembran befinden. 
Diese Kopfhörer wurden früher etwa an Radio- oder Funkgeräte angeschlossen. Diese Technik findet sich heute nur noch bei alten Telefonhörern und spielen heute wegen der geringen Treue der akustischen Wiedergabe keine Rolle mehr.

Dynamische Kopfhörer

Ein sehr gutes Beispiel für einen hervorragenden dynamischen Kopfhörer stellt der AKG Acoustics K-701 dar

Die heute für Video- und Audiosysteme am häufigsten verwendete Schallerzeugungstechnik für eine Stereoübertragung ist die permanentdynamische oder kürzer dynamische Technik.

Eine vom Signalstrom i durchflossenen Spule bewegt sich im Feld eines Dauermagneten. Mit der Spule mechanisch verbunden ist eine leicht trichterförmige Membran, welche die umgebende Luft zu Schallschwingungen anregt. Die auf die Spule ausgeübte Kraft, die sogenannte Lorentz-Kraft, ist dem Strom i proportional. Man erhält damit einen grundsätzlich linearen Zusammenhang zwischen der Membranauslenkung und dem Signalstrom. Das ganze System befindet sich in einem Gehäuse. Des Weiteren Verwendung findet ein schalldurchlässiges Ohrpolster. 

Es gibt verschiedene Bauweise: Zum einen die offene Bauweise, bei der das Ohr durch Gehäuse und Ohrpolster hindurch die natürliche Verbindung zum Schallfeld in der Umgebung behält. Bei der klassischen geschlossenen Bauweise wird das Ohr vom Schallfeld der Umgebung vollständig abgeschirmt. Dazwischen liegt die halboffene Bauweise.

Der durch die dynamische Technik übertragene Frequenzbereich geht bereits ab 16 Hz los und reicht bei modernen Kopfhörer bis über 30.000 Hz – genug auch für die hochauflösenden Medien DVD-Audio und SACD.

Andere Techniken

Einen sogar noch größeren Frequenzbereich überdecken die piezoelektrischen und die elektrostatischen Schallsender; beide sind schon ab 0 Hz einzusetzen. Sie decken somit auch den kompletten subsonischen Bereich ab, der aber in der täglichen Hörpraxis keine Rolle spielt.

Doch die zu erwartenden Verzerrungen sind, vor allem bei der piezoelektrischen Technik, größer als bei dynamischen Systemen. Dennoch hat ein bekanntes deutsches Unternehmen, spezialisiert auf die Produktion von Kopfhörern, in den achtziger Jahren ein auf der elektrostatischen Technik bestehendes Hörer-System unter Einsatz eines eigenen Röhrenverstärkers gebaut. 2006 wurden einige wenige Exemplare neu aufgelegt, diesmal ohne eigenen Verstärker.

Tonqualität beim dynamischen System: Die Verzerrungen beim dynamischen System sind aufgrund seiner Technik sehr klein und es genügt deshalb höchsten akustischen Ansprüchen.

Vorbildcharakter: Wer sich online eine Kopfhörer bei der beyerdynamic Manufaktur bestellt, kann sich sogar den Widerstand (32/250/600 Ohm) seines Kopfhörers aussuchen. 


Der Nennwiderstand dynamischer Hörersysteme liegt bei Consumer-Kopfhörern grob gesagt zwischen ca. 30 Ohm und 250 Ohm. Für HiFi-Enthusiasten bieten Firmen wie beyerdynamic (Manufaktur) jedoch auch Impedanzen bis 600 Ohm an (minimale bewegte Masse, für den Betrieb an netzbetriebenen stationären Komponenten mit hohem Kopfhörer-Ausgangspegel) Bei einer Leistung bis 100 mW sind damit im niederohmigen Bereich die ja stets dem durchfließenden Strom i (siehe oben!) proportionalen Auslenkungen beachtlich, mit steigender Ohmzahl werden die Auslenkungen geringer. 

Kopplung der Kopfhörer mit einem System: Da Kopfhörer überwiegend passive Systeme sind, müssen sie, soll die akustische Qualität der Wiedergabe hoch sein, an einen Verstärker angeschlossen werden, um Signale in ausreichender Stärke zu erzeugen. Die z.B. in manchen CD-Playern oder DVD-Spielern vorhandenen Kopfhöreranschlüsse sind meist mit einem weniger performance-starken Kopfhörerverstärker gekoppelt, so dass hier für den HiFi-Genuss ausgelegte hochohmige Hörer nicht so optimal betrieben werden können. 

Erfolgt der Anschluss über ein Kabel, in der Regel über einen Klinkenstecker (3,5/ z.B. an PC-Soundkarten und transportablen Geräten bzw. 6,3 mm/an stationären AV- und HiFi-Komponenten sind die beiden gebräuchlichen Größen), sprechen wir von einem kabelgebundenen System. Für hohe Ansprüche im Studiobereich werden auch eigene Hörerverstärker eingesetzt, die eine noch besserer akustische Qualität erreichen.

Nicht kabelgebundene Systeme

Nicht kabelgebundene Systeme sind zwar komfortabel, aber akustisch noch nicht so gut wie die kabelgebundenen Pendants

Wer weniger Wert auf einen überragenden Sound legt und dafür eine optimierte Handhabung präferiert, kann sich als Alternative zum Anschluss über Kabel, über die man so wunderbar stolpern kann, einen Infrarot-Kopfhörer zulegen. Die Signale werden meist analog über eine FM-Kodierung oder aber digital über einen LED-Infrarotsender zu den beiden Hörern übertragen. In beiden Fällen ist eine Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger notwendig.
In den Kopfhörern ist ein IR-Empfänger samt Verstärker eingebaut. Wegen dieser Signalverstärkung brauchen Infrarot-Hörer eine Batterie. Die Klangqualität leidet nicht selten unter Übertragungsfehlern und Rauschen und wird – trotz anders lautender Beteuerungen seitens der Hersteller – highfidelen Klangansprüchen nach wie vor nicht einmal annähernd gerecht. 

Analoge Funkkopfhörer: Auch hier werden die Signale ohne Kabel übertragen, aber nicht durch Infrarot-, sondern durch Funkwellen. Auch Funkhörer arbeiten mit einer FM-Übertragung. Ein FM-Dekodierer wandelt dann das FM- in ein akustisches Signal, dieses wird dann ebenfalls verstärkt. Deshalb brauchen Funkhörer ebenfalls Batterien. Hier muss zwar kein Sichtkontakt zwischen Sende- und Empfangseinheit bestehen, die Übertragungsqualität ist aber ebenfalls nicht als überragend zu bezeichnen, so dass für denjenigen Anwender, der eine erstklassige akustische Leistungsfähigkeit fokussiert, nach wie vor ein entsprechend hochwertiger kabelgebundener Kopfhörer die einzig wahre Alternative ist. 

Digitale Kopfhörer: Wenn das Funksignal von einem Gerät mit digitalem Ausgang stammt, kann es, etwa über den Bluetooth-Standard, unmittelbar auch digital übertragen werden. Dann muss allerdings das digitale durch einen D/A-Wandler in ein analoges akustisches Signal transformiert werden. Diese Technik vermeidet das störende Ruhe- und Übertragungsrauschen und ermöglicht eine ungetrübten Hörgenuss. Wegen dieser störungsfreien Übertragung wird selbst bei analogem Ausgang, trotz einer zusätzlichen Signalumwandlung, die digitale Übertragung der analogen vorgezogen. Der dafür notwendige höhere Aufwand 
bedingt dann höhere Kosten und damit Verkaufspreise.

Hörer mit aktiver Geräuschunterdrückung (z.B. fürs ungestörte Hören im Flugzeug)

Bei dieser Antischall-Technologie werden Außengeräusche über ein am Hörer angebrachtes Mikrophon aufgenommen. Eine Elekronik erzeugt dann Schall, dessen Schalldruck in einem möglichst großen Frequenzbereich gleich dem außen vorhandenen Schalldruck ist, aber eben mit entgegengesetzter Polarität. Dadurch hebt sich in dem begrenzten Bereich, in dem die genannte Frequenzbedingung erfüllt ist, für die Person, die den Kopfhörer trägt, Störschall und Antischall auf. Mit dieser Technik ist es möglich, besonders tieffrequente Störgeräusche auszulöschen. Damit kann man den Schallpegel in den Hörern senken, also für das eigentliche Hören unnötige akustische Belastung senken. Bei den Kopfhörern von Piloten wird die Antischall-Technik schon lange eingesetzt, da diese immer starken Außengeräuschen ausgesetzt sind. Eine einfachere und ebenso wirkungsvolle Unterdrückung von Störgeschräuschen erreicht man mit den bereits erwähnten geschlossenen, ohrumschließenden Kopfhörern. Hier wird auch Störschall oberhalb von 500 Hz weitgehend eliminiert. Doch empfinden Viele derart geschlossene Systeme bei längerem Hören als recht lästig.

Raumklang durch Kopfhörer

Rein physikalisch ist wirklicher Raumklang durch Kopfhörer nicht angemessen wiederzugeben. Dreht man etwa den Kopf, ändert sich beim räumlichen Schallfeld der Höreindruck, beim Kopfhörer bleibt er dagegen vollkommen gleich. Selbst in einem Konzert oder bei einer Opernaufführung, wo die "Musik vorne spielt", existieren Reflektionen an Decken und Wänden des ganzen Zuhörerraums, so dass eben auch – gedämpfter – Schall von hinten oder oben ans Ohr gelangt. All diese Effekte vermag ein Kopfhörer rein physikalisch überhaupt nicht wiederzugeben.

Während aber zu Hause der Eine seine Ruhe will, möchte der Andere Musik wie im Konzertsaal oder einen Film mit Rundum-Ton hören. Was tun? Kopfhörer, wie wir sie bisher besprochen haben, müssen den Anspruchsvollen enttäuschen.

Es gibt zwar die Möglichkeit, mittels für den Kopfhörer-Betrieb entwickelten Systemen wie Dolby Headphone oder Yamaha Silent Cinema ein ordentliches Surround-Gefühl zu erzeugen (beide Systeme arbeiten im Zusammenspiel mit normalen Stereo-Kopfhörern), die eben beschriebenen physikalischen Grenzen können aber auch diese Systeme nicht überlisten. Somit ist zwar eine Verbesserung gegenüber dem Hören in normalem Stereo-Modus feststellbar, wer Surroundeffekte wie “live” erleben möchte, könnte aber unter Umständen enttäuscht sein. 

Wenn die Physik am Ende ist, hilft die Informatik weiter. Das Fraunhofer-Institut in Erlangen, das bekanntlich den MP3-Standard entwickelt hat, vermag nun auch durch ein geeignetes Programm einen echten Raumklang wie den "5.1-Surround-Sound" über fünf Lautsprecher und einen Tieftonlautsprecher täuschend echt auch für Kopfhörer zu simulieren. Für jeden, der eine entsprechende DVD sehen und nur über Kopfhörer hören möchte, überaus interessant. 

Alle Drehungen des Kopfes vollzieht ein "Head-Tracker" mit Beschleunigungssensoren nach. Das Programm gaukelt so dem Gehirn in Echtzeit den durch die Bewegung entstehenden Höreindruck vor. Jede Hörumgebung – Kino, Kirche, Opernhaus, Konzertsaal - kann man durch die Software reproduzieren.

Grundlagen für den Höreindruck liefern Audiokodierverfahren wie MP3 Sourround. Die neue Technik komprimiert die sechs Kanäle so effizient, dass 
MP3 Sourround-Dateien nur fünf Prozent mehr Speicherplatz als herkömmliche MP3-Dateien benötigen.

Fazit:

Moderne Kopfhörer vermögen durch aufwändige und durchdachte4 Konstruktion eine Menge Hörspaß zu vermitteln - und bereits mit Summen um die 100 € kann man einen vernünftigen Kopfhörer erstehen. Wer es allerdings ernst meint mit dem Hörvergnügen mit Bügel und Ohrpolstern, sollte mindestens das Doppelte an “Startkapital” veranschlagen. Nicht unbedingt für Sound-Enthusiasten zu empfehlen sind nach wie vor Funk- und Infrarot-Kopfhörer. Zwar sind deutliche akustische Aufwärtstendenzen erkennbar, im Vergleich zu guten kabelgebundenen Systemen jedoch stören Rauschen, Knacken und Übertragungsfehler sowie fehlende Brillanz um Hochtonbereich die Leistungsfähigkeit. Auch der Bassbereich ist noch lang nicht perfekt, es mangelt an Tiefgang und Struktur. Einiges tun kann sich noch bezüglich Surround-Sound über Kopfhörer. Vielversprechende, aber auch aufwändige Neuentwicklungen könnten für einen Höreindruck sorgen, der weitaus näher an wirklich erlebtem Raumklang ist.

Text: Dr. Hermann Rampacher
Redaktion: Carsten Rampacher
Datum: 24. Januar 2007