Standlautsprecher-Mastertest: Was können Standlautsprecher zwischen 600 und 2.800 €? (4/4)
Klang

Eine kleine Auswahl unseres Quellmaterials

Die Klangtestreihen endeten mit teils ernüchternden Ergebnissen -  aber gehen wir der Reihe nach vor und zählen unsere Eindrücke mit jedem einzelnen Kandidaten auf. Dabei gehen wir nach Preisklasse vor, also die günstigste Box beginnt. 

Kandidat 1: Klipsch Synergy F-3

Die Testläufe beginnen vielversprechend, denn bei der Bewertung der Pegelfestigkeit sichert sich die Synergy ausgezeichnete Zensuren. Selbst mit der extrem kraftvollen NAD Kombination war sie nicht hoffnungslos überfordert, sondern machte das Treiben eine Weile klaglos mit. Erst bei sehr hoher Lautstärke schlug die nuLine 120 zu und zog beinahe schon lässig an der Synergy vorbei. Doch in allen anderen Testsequenzen konnte sich die Klipsch-Box nicht richtig in Szene setzen. Sie agiert zwar äußerst dynamisch und schreitet mit Vehemenz voran, gerade der Präsenztonbereich wird aber hörbar vernachlässigt. Unten schiebt der Bass, oben erheben die Höhen ihre dominierende Stimme, und im Mitteltonbereich geht es arg zurückhaltend zu. Gerade im Zusammenspiel mit der ungemein schön und filigran aufspielenden Audio Analogue-Kombination tun sich teils gravierende Mängel auf. So ordentlich die Klipsch bei Trance- oder HipHop-Musik noch agiert, so niederschmetternd ist das Ergebnis bei der Darstellung klassischer Musikstücke. Die Oboe klingt ebenso synthetisch wie das Piano, Gesangsstimmen werden in den Hintergrund gestellt und nicht klar herausgearbeitet. Die hohen Töne werden durch die Hornkonstruktion des Hochtöners stark betont, ohne dass sich eine tiefe, detailreiche Substanz dahinter verbirgt. Auch bei ausdrucksvoller Popmusik (z.B. "Musica é" von Eros Ramazzotti)  kann die Synergy nicht überzeugen. Ramazzottis Stimme bringt zu wenig Strahlkraft mit und wirkt wie an die Boxen gefesselt. Bei verschiedenen Stücken von unseren Sunshine Live "Classics" - bekannte Techno- und Trance-Stücke  - lässt es die Klipsch dafür heftig krachen. Der extrem dominant anmutende Hochtonbereich bleibt allerdings auch hier Geschmackssache. Gut kommt die Synergy mit den teils krassen Titeln von "The Prodigy" zurecht. Die teils bewusst verzerrten und sehr effektreichen Passagen schleudert die Klipsch nachdrücklich und passend aggressiv in den Hörraum. Fazit: Sehr pegelfeste Box für den Liebhaber einer extrem kraftvollen, ausgeprägten Bass- und Hochtonwiedergabe. Wer aber etwas Ausgewogeneres und Homogeneres sucht, ist mit einer JBL Studio L890 zum gleichen Preis deutlich besser bedient.

Kandidat 2: KEF IQ9

Die IQ9 kann sich ein gutes, aber kein überragendes Testergebnis sichern. Prima sind ihre Dynamikwerte, auch der Bassbereich ist mit einem tadellosen Volumen gesegnet. Für ihre Preisliga löst die KEF-Box den Klang ordentlich von den Boxen. Gerade bei Trance- oder Dance-Stücken bietet die IQ9 einen erfreulichen Klangeindruck. Was die Fähigkeiten im Hochtonbereich betrifft, bleibt die gefällig aussehende Box aber hinter den Erwartungen zurück, dies bestätigt sich gerade in Betrieb mit der NAD Kombination, die im Hochtonbereich sehr viel bietet, was die IQ9 aber zu einem beträchtlichen Teil nicht in der Lage ist, entsprechend umzusetzen. Sie klingt zwar harmonisch und gefällig, was sie für das Zusammenspiel mit unserem Marantz PS17 (untypisch für einen KEF Lautsprecher!) prädestiniert, lässt es aber an Feinauflösung und Strahlkraft etwas missen. Gerade KEF Boxen (was die XQ5 später auch eindrucksvoll belegt) können im Hochtonbereich sonst entschieden mehr. Auch verbesserungswürdig ist die nur als ausreichend zu bezeichnende Pegelfestigkeit. Der Bass wird bei höheren Pegeln ebenso schnell unkontrolliert wie die Hochtonwiedergabe. Der Mitteltonbereich bleibt am längsten in guter Form erhalten. Bilanzierend hat die KEF vor allem ein Problem, und das hat einen Namen: Die identisch teure Monitor Audio Silver RS-8 hat die Meßlatte in der 700 €-Liga extrem hochgeschoben. Die RS-8 ist sehr pegelfest, detailliert ausgezeichnet und klingt darüber hinaus auch noch sehr angenehm. Daher ändert sich nichts: Für klangbewusste Preis-/Leistungsliebhaber bleibt die RS-8 klar das Maß aller Dinge und verweist alle Kontrahenten mit Abstand auf die Plätze. 

Kandidat 3: Nubert nuLine 120

Nicht der Lautsprecher, der am spektakulärsten unter bestimmten Bedingungen klingt, oder in einer Einzeldisziplin alle überragt, ist ein wahrer Siegertyp, sondern die Box, die durch Ausgeglichenheit in allen akustischen Disziplinen überzeugt, liegt unterm Strich besonders gut im Rennen. Dies haben wir bereits in der Einleitung geschrieben, und in der Praxis kommt es für die nuLine 120 noch besser: Dieser Lautsprecher-Mastertest ist aufgrund der Preisklassen-Unterschiede KEIN Vergleichstest, aber berücksichtigt man die Klangqualität aufs Ganze gesehen, die man für sein Geld bekommt, steht man mit der nuLine 120 mit Abstand am besten da. Bei der Bewertung der Pegelfestigkeit deklassiert die nuLine 120 auch die teureren Teilnehmer von KEF und Focal mit einer Souveränität, die beinahe schon erschreckend ist. Wo bei den anderen Lautsprechern bereits das absolute Ende der akustischen Fahnenstange erreicht wird, legt die nuLine 120 mit ihren druckvollen und gleichermaßen präzise agierenden Basschassis erst richtig los. Der angenehme Hochtonbereich vermittelt die richtige Mischung aus Klarheit, Brillanz und Harmonie - die nuLine 120 klingt nicht spektakulär, aber durch ihre exzellente Integration in viele AV-Ketten dürfte sie in der Praxis die mit Abstand meisten Hörer überzeugen. An allen drei Test-Systemen klang die nuLine 120 gut, denn mittels der Kippschalter konnte man problemlos die Klangcharakteristik anpassen. 

Sie löst auch den Klang ausgezeichnet von den Lautsprechern, eine Eigenschaft, die sonst nur sehr viel teurere Highendboxen oder Ausnahmetalente wie unsere Quadral Aurum 970 schaffen. Zusammen mit der Aurum und der extrem nachdrücklich antretenden Quadral Platinum stellt sich die überdurchschnittlich ausgewogene Nubert nuLine 120 an die Spitze aller bezahlbaren Lautsprecher, sie klingt sogar noch ausgewogener als die Nubert nuWave 125, die im Gegenzug dynamischer agiert und sich ebenfalls einen Platz an der Sonne sichert, zusammen mit der Aurum, der Platinum und der nuLine 120. Dass in der Spitzengruppe der bezahlbaren Standlautsprecher bis 2.500 € (Paarpreis) gleich zwei Nubert- und zwei Quadral-Lautsprecher stehen, hat nichts mit einer "vorgefertigten" Meinung zu tun, sondern lediglich damit, dass es diese beiden Anbieter schaffen, bezahlbare, wohlklingende, zu vielen Stereo- und AV-Ketten kompatible Schallwandler anzubieten, die sich einfach im Alltagsbetrieb besser schlagen als hochgezüchtete Spezialisten, die z.B. mit einem wunderbaren Hochtonbereich brillieren und dann z.B. bei der Pegelfestigkeit böse einknicken. Nur eine Ausnahme gibt es - hier steht es zwar auch nicht zum besten mit der Pegelfestigkeit, aber eine so hingebungsvoll spielende Box verdient sich einfach ein Sonderlob - doch lesen Sie selbst:

Kandidat 4: KEF XQ5

Die XQ5 vermittelt für 1.500 € ein enormes Faszinationspotential. Wer Musik, besonders Klassik oder Jazz, einfach mit allen Sinnen, aber nicht in sehr hoher Lautstärke genießen möchte, findet hier seine absolute Kaufempfehlung. Die XQ5 ist neben der nuLine 120 die zweite große Empfehlung dieses Tests. Hinreißend ist die klare, brillante Hochtonwiedergabe, der fließend in den anschließenden Mitteltonbereich mit hervorragender Trennung vokaler Elemente von der Box übergeht, und der präzise, knackige Bassbereich. Die Optik täuscht bei der XQ5 keinesfalls, sondern dieser zierliche Akustik-Körper ist eine echte kleine Highendbox, die sich in Hörräumen bis 30 Quadratmeter bestens entfalten kann. Ihr charismatischer, schlichtweg schöner Sound ist sofort zu erkennen, bereits nach Sekunden ist dem erfahrenen Hörer klar, dass hier eine XQ5 akustische Glanzarbeit verrichtet. Dieser Lautsprecher geht einen so großen Schritt auf den Hörer zu, um die Distanz zwischen Auditorium und Musik zu verkleinern, dass er einem einfach sympathisch sein muss. Da verzeihen wir der KEF sogar ihre nur durchschnittliche Pegelfestigkeit und machen sie neben den beiden Nuberts und den beiden Quadrals zu einem heißen Tipp in der 2.500/3.000 €-Liga (Paarpreis). Belohnung für diesen Galaauftritt wird später ganz klar unser Referenzprädikat sein - so viel Spielfreude und Charisma bieten viele doppelt so teure Offerten nicht.

Kandidat 5: Focal Electra 1027BE

Knapp 2.700 € sind ein Wort - die Electra muss schon sehr deutlich mehr bieten als die versammelte Konkurrenz, um diesen immensen Mehrpreis zu rechtfertigen. Bei der Pegelfestigkeit gelingt ihr das nicht. Die nuLine 120 fertigt das edle Stück aus dem Land von Renault und Baguette gnadenlos ab und schickt sie zum Nachsitzen zurück nach Frankreich. Bei der Hochtonwiedergabe stehen die Chancen auf einen Focal-Etappensieg allerdings sehr gut. Filigran, fast betörend-sensibel, gibt die Electra Instrumente wie die Oboe oder die Violine wieder. Penibel, aber nicht langweilig, sondern facettenreich-lebendig, trägt sie hohe Frauenstimmen in den Hörraum. In den weiteren Testreihen stehen dann Techno und Trance auf dem Programm, und selbst hier geht die Focal nicht, wie viele Highend-Boxen, unter: Sie schafft auch hier einen sehr schönen Hochtonbereich und eine klare Gesamtwiedergabe. Also wird der noble Schallwandler den Ansprüchen gerecht und sichert sich dank Beryllium-Hochtöner eine außerordentlich gute Bewertung in Bezug auf die Hochtonwiedergabe. Die Dynamik für sich betrachtet ist gut, wird aber von der KEFXQ5 in den Schatten gestellt, die mit einfach noch mehr Schwung und Hingabe spielt. So ausgewogen und klar wie die nuLine 120 ist die Electra auch nicht, da der Bass hierzu bei größerem Pegel nicht kontrolliert genug ertönt. Nur bei Zimmerlautstärke und Pegeln, die leicht darüber liegen, verwöhnt die Electra mit einem gleichermaßen voluminösen wie exakten Bass, der den Luxusklasse-Anspruch sehr klar deutlich macht. 

Fazit

Zwei Lautsprecher verdienen sich klare Empfehlungen der Redaktion und bekommen unser begehrtes Referenz-Prädikat: Die grundsolide, im höchsten Maße flexible und ausgewogene Nubert nuLine 120, die zudem auch bei Ausstattung und Verarbeitung voll punkten kann, und die einfach hinreißend aufspielende und optisch extrem attraktive KEF XQ5, die auch in der Verarbeitungswertung begeistert und mit aufwändigem separaten Hypertweeter ausstattungsseitig überzeugt. Ansonsten wird nichts absolut Herausragendes mehr geboten - was manche in Anbetracht der Tatsache, dass die auch in der Öffentlichkeit teilweise mit Lob überschüttete Electra 10127BE mit im Testfeld war, wundern dürfte. Doch genau dieser Kandidat ist im höchsten Maße erläuterungsbedürftig. Ohne Zweifel hat die Focal einen der besten Hochtöner mit an Bord, die wir bislang überhaupt hören durften. Die feinste Auflösung, das wunderbare Charisma sind beispielhaft und gehören zweifelsohne in die höchste Performance-Liga. Dem gegenüber stehen aber Schwächen, die bei einer 2.700 €-Box nicht vorkommen dürften. Die Pegelfestigkeit könnte besser sein, und der Bass verliert zu früh an Kontrolle. Hinzu kommen einige Verarbeitungsmängel. Wir sind überzeugt - mit etwas Feinschliff im Detail wird aus diesem französischen Rohdiamanten ein echter "Superstar", der sich hervorragend etablieren kann. Kommen wir zur KEF IQ9, die klar im Schatten der teureren XQ5 steht. Gut, werden manche sagen, die XQ5 ist pro Stück auch locker doppelt so teuer. Doch die Wahrheit sieht anders aus, denn die IQ9 dümpelt ohne richtige Höhepunkte (das erstklassige Anschlussfeld einmal ausgenommen) in der Mittelklasse vor sich hin, während die XQ5 beinahe nur Glanzpunkte setzt und sich sogar frech und selbstbewusst der exklusiven Focal entgegen stellt. Daher, so paradox es klingen mag, besitzt die XQ5 das weitaus bessere Preis-/Leistungsverhältnis, sie ist sozusagen eine kleine, feine Highendbox zum fairen Preis, während die IQ9 einfach ein Schallwandler - ein guter, aber kein besonderer - unter vielen ist. Bleibt die Klipsch Synergy F-3: Sie ist sehr pegelfest und robust verarbeitet, klanglich aber zu unausgewogen und sieht arg nüchtern aus.

Die Testurteile:

Nubert nuLine 120:

Im höchsten Maße ausgewogener und leistungsfähiger Premium-Lautsprecher zum knallhart kalkulierten Sonderpreis
Lautsprecher Oberklasse (Aufwertung wg. superber Leistungen)
Preis-/Leistungsverhältnis
KEF XQ5:

Hingebungsvoll aufspielende kleine Highendbox mit betörender Akustik
Lautsprecher Oberklasse (Aufwertung wg. superber Leistungen)
Preis-/Leistungsverhältnis
Focal Electra 1027BE

Einem der weltweit besten Hochtöner stehen leider einige Verarbeitungsmängel gegenüber
Lautsprecher Highendklasse
Preis-/Leistungsverhältnis
KEF IQ9:

Die IQ9 leistet sich keine groben Schnitzer, kann aber auch nicht mit überdurchschnittlicher Performance aufwarten
Lautsprecher untere Mittelklasse
Preis-/Leistungsverhältnis
Klipsch Synergy F-3:

Die Synergy ist sehr pegelfest, es hapert jedoch an Noblesse und akustischer Ausgewogenheit
Lautsprecher untere Mittelklasse
Preis-/Leistungsverhältnis

Tester: Thomas Hermsen (th)
Carsten Rampacher (cr)
Testaufbau made by Thomas Hermsen
Text und Redaktion: Carsten Rampacher
Highend-Berater: Lars Mette (lm)

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