Kommentar: Gedanken zum Thema Surround und Heimkino

20.02.2006 (cr)

Viele viele Diskussionen gab es zu dem Thema. Sachliche, unsachliche, hitzige, kühle. In unzähligen Foren, und auch bei uns. Muss Heimkino teuer sein? Oder muss man als passionierter Schnäppchenjäger 24 Stunden vor dem PC-Monitor sitzen, um das 5.1 Lautsprecherset anstatt für 179,95 doch ("Nur noch drei Stück verfügbar!") für 164,95 abzustauben? Ist Teuer immer besser und billig immer günstig? Ist Heimkino Edel-Hobby für auserwählte "Ritter des Raumklang-Ordens" oder Breitensport für jederfrau/mann? Muss man Akustikexperte sein, wenn man eine Surroundanlage aufbaut, oder reicht es, die Surroundboxen in den Gummibaum zu hängen?

Man kann solche Fragen nie pauschal und schnell beantworten, sondern muss tiefer in die Materie einsteigen. Fakt ist, dass Heimkino und Surround - man kann es in unserer User-Heimkinogalerie bestaunen - ein sehr beliebtes Hobby in unseren Breitengeraden geworden sind. Viele opfern viel Freizeit, nicht nur um ihr Equipment auszusuchen, sondern auch um die Umgebung der Anlage nach ihren persönlichen Vorstellungen zu gestalten. Das Hobby Surround und Heimkino zieht sich durch alle Bevölkerungsschichten. Es gibt nicht DEN typischen Heimkinofan, sondern es gibt viele verschiedene Wege, diesem Hobby nachzugehen. Festhalten muss man dabei, dass nur ein relativ kleiner Kreis in der Lage ist, finanziell wirklich aus dem Vollen schöpfen zu können. Ein Großteil der Heimkino-Liebhaber muss sich alles hart erarbeiten und kann sich trotzdem nichts aus der High-End-Klasse kaufen. 

Ist das nun schlimm? oder schrecklich? Ist man dann ein "Heimkinofreund zweiter Klasse?". Mitnichten. Denn gerade mittlerweile ist es so, dass Gutes nicht mehr teuer sein muss. Jüngstes Beispiel ist unser Test des Teufel Theater 1, das eindrucksvoll beweist, was man heute für rund 600 € erwarten kann: Ein zeitgemäßes, sehr gut klingendes und ansprechend verarbeitetes 5.1-Lautsprecherset. Auch tadellose AV-Receiver wie z.B. der Kenwood KRF-X9090D für 599 € müssen kein Vermögen mehr kosten. In der 400 bis 600 €-Klasse gibt es leistungsfähige Modelle, die auch anspruchsvollere Ohren verwöhnen. Es sind also keine Unsummen nötig, sich eine tadellose Surroundanlage aufzubauen. Problemfall ist leider mittlerweile der DVD-Player geworden. Hier klafft eine riesige Lücke zwischen den 50 bis 200 €-Offerten und der Liga ab 800 €. Nur wenige Hersteller wie Denon mit dem DVD-1920 (350 €) füllen diese Lücke gekonnt aus. Diese Situation ist bedauerlich. Wieso findet der Filmliebhaber, der bereit ist, 350 € in seinen DVD-Spieler zu investieren, kein reichhaltiges Angebot vor? Lohnt sich nicht, sagt die Industrie. Die "Billigheimer" nur über Stückzahl verkaufen, und als Imageträger die Edelmodelle, die noch zu schluckende 800 oder aber auch gigantische 4.500 € verschlingen können. Natürlich ist das Konsument nicht ganz  unschuldig an dieser Situation. Anstatt einen guten, haltbaren DVD-Spieler erwerben zu wollen, gehen viele nach zwei Grundsätzen vor: Hauptsache billig, und Hauptsache Allesschlucker. Dass vom DVD-Spieler nicht noch verlangt wird, dass er gleich die alten VHS-Kassetten mit inhalieren soll, ist auch alles. Dabei gibt es auch viele Kunden, die möchten einen zuverlässigen, robusten und leicht bedienbaren DVD-Player mit prima Bild und Ton. Kein Highend, aber grundsolide. Eben passend zum Loewe- oder Metz-TV zu Hause, der die gleichen Eigenschaften verkörpert. Doch die geforderten Tugenden kann man für rund 100 € nicht realisieren. Laute Laufwerke, kurze Haltbarkeit des gesamten Geräts, kein ordentlicher Aufbau - alles Folgen der "Hauptsache billig"-Maximen. Es lohnt sich in vielen Fällen kaum noch ein Test - nur wenige Anbieter wie Xoro, Pioneer oder JVC bieten ordentliche Geräte in der 100 € Liga an. Ansonsten findet sich viel Murks, was auch kein Wunder ist - gute Technik kostet Geld. Bilanzierend würden wir uns hier wünschen, dass normal solvente Filmliebhaber einfach wieder eine größere Auswahl an DVD-Spielern zwischen 250 und 400 € bekommen - diese passen auch viel besser zu den AV-Receivern, die im Gegensatz zu den DVD-Playern immer aufwändiger und auch optisch attraktiver werden. Wenn man dann stolz seinen Onkyo TX-SR703E, der optisch eine Menge hermacht, nach Hause trägt und dann den schmalbrüstigen, wie ein Fremdkörper wirkenden 90 €-Player darauf stellt, wird man schon stutzig. 

Bis auf die DVD-Player-Situation ist also alles sehr zufriedenstellend, auch dann, wenn man nicht so viel Geld ausgibt. Und: Das teurere ist nicht automatisch das Bessere. Ein besonders gutes Beispiel findet sich gerade in einem unserer Teststudios: Da legt sich eine Quadral Aurum 970 für 1.250 €/Stück schamlos mit sogenannten "Highend"-Lautsprechern für 3.000 bis 4.500 €/Stück an. Frevel? Der reine Wahnsinn? Nein. Beste Qualität zum vernünftigen Preis. Denn erinnern wir uns: 1.250 € entsprachen mal 2.500 DM! Das verdienen viele Menschen im Monat. Und für diesen Betrag sollte man eine exzellente Box, auch für den versierten Musikhörer, bauen KÖNNEN. Es ist ein Armutszeugnis, wenn einem Leute weismachen möchten, dass der "wahre Klanggenuss" erst bei 3.000 € pro Box beginnt. Natürlich - eines muss man sagen: Es GIBT Traumlautsprecher, die sündhaft teuer, aber auch überirdisch gut sind. Zu nennen wäre beispielsweise die JBL K2 S5800 oder die Isophon EuropaII und die Pioneer S1-EX. Anhand dieser drei Exempel sieht man wieder, wie schwierig Verallgemeinerungen sind - dass alle Highend-Lautsprecher überteuerte Imageträger sind, ist somit vom Tisch. Denn weder K2 noch Europa oder S1-EX bieten ein schlechtes Preis-/Leistungsverhältnis, sondern sind einfach gelungene Interpretationen dessen, was akustisch das Beste zu Realisierende darstellt. Also: Wahrer Klanggenuss beginnt schon weitaus früher, auch die rund 1.000 €, die man für eine ebenfalls brillante Nubert nuWave 125 ausgeben muss, sind viel Geld, und der Käufer kann dafür erwarten, dass eine Akustik von hoher Güte geboten wird. Und, um wieder zum Ausgangspunkt zurückzukommen, schon für keine 600 € kann man ein 5.1-Lautsprecherset erwerben, das keinesfalls ärmlich, sondern voll und klar klingt. Was viele auch gerne vergessen: Ein beträchtlicher Teil der Anwender möchte einfach eine GUTE LÖSUNG. Und eine gute Lösung heißt nicht, dass man horrende Beträge ausgeben muss - was auch gar nichts bringt, wenn es in der Praxis nicht genutzt wird. 

Was auch wichtig gerade in Verbindung mit Lautsprechern ist: Man darf sich keinen "idealen Lautsprecher" andrehen lassen - denn Hören ist eine subjektive Sache. Auch unsere Tests wollen wir nur als Anhaltspunkte verstanden wissen, die eine Entscheidung vielleicht leichter machen. Aber Hören sollte man selber, die eigene Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen. Und wenn der Verkäufer sagt, dass diese Box "ganz nah am HiFi-Ideal" ist, besteht keine Veranlassung, diesen Lautsprecher zu kaufen - denn wenn man ein Liebhaber einer leicht warmen, vollen Klangdarstellung sind, wird man mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht glücklich mit einer analytisch aufspielenden Box. Umgekehrt gilt diese Weisheit natürlich auch: Der HiFi-Liebhaber sollte sich dann auch keinen Schallwandler verkaufen lassen, der "schon so oft Testsieger war", mit seinem extrem voluminösen Bass dem Neutralität liebenden HiFi-Freund aber überhaupt nicht gefällt. Lautsprecher zu kaufen, ganz gleich, wie viel man ausgeben möchte, ist eine höchst individuelle Sache, für die man sich Zeit nehmen und keinen Vorurteilen folgen sollte. 

Schwierig ist nach wie vor die Situation in Bezug auf die Bildwiedergabegeräte. Hier ist es mit "viel Bild zum kleinen Preis" noch nicht weit her. Natürlich kann man sich für 900 € Rückenprojektionsfernseher mit großer Bilddiagonale günstig einkaufen, aber leider muss man sich in vielen Fällen gerade bei solchen "Schnäppchen" das Bild selber schönreden. Dann lieber die alte Röhre noch ein Jahr nutzen und weiter sparen. Ein weiteres Problem: Bildstarke Modelle wie ein Xoro HTL 3712w oder ein Toshiba 32WL58P sind gerade bei LCD-Fernsehern immer noch seltenund man muss schon noch mindestens 1.300 € für ein gutes 32 Zoll- und 1.600 € für ein gutes 37 Zoll-Gerät anlegen. Bei den Plasmabildschirmen sieht die Situation auch nicht rosiger aus. Die preiswerten Offerten haben nur eine vertikale Auflösung unter PAL-Niveau (852 x 480 Bildpunkte) und auch oft einen schlechten Kontrast sowie Probleme bei der Darstellung komplexer Farben. Auch günstige HD ready-Plasmas müssen keine visuelle Offenbarung beim Betrachter hervorrufen. Doppelkonturen, unnatürliche Überschärfungseffekte und ein schlechter TV-Tuner sind nur ein Bruchteil der Mängel, die die Freude nachhaltig vermiesen können. Beim Plasma heißt es nach wie vor: Man muss richtig Geld in die Hand nehmen. So viel wie früher ist es allerdings nicht mehr, aber es sind immer noch mindestens knapp 3.000 € wie im Falle des Pioneer PDP-436XDE oder des Panasonic TH-42PV500E (Marktpreise). Dafür bekommt man dann aber auch ein Super-Bild und viel Ausstattungskomfort, so dass sich das viele investierte Geld voll rechnet. Wenn man betrachtet, was man für seine eingesetzten Finanzen einkauft, liegt bei einem der beiden genannten Hightech-Plasmas deutlich besser als bei einem "über alle Maßen günstig"-Modell für 1.599 €. Wer wirklich sparen möchte, sollte sich anstatt eines billigen Plasmas oder LCDs lieber noch einen altbewährten, mit modernen Bildverbesserungs-Techniken Röhrenfernseher kaufen, der visuell den flachen Alternativen weit überlegen ist. Nur ein sehr guter LCD oder Plasma enteilt der Röhre visuell - gegen einen Pioneer PDP-436XDE sieht ein CRT-TV kein Land mehr. Die Zukunft wird interessant - die Full HDTV Auflösung von 1.920 x 1.080 Pixeln erhält vor allem bei den LCD-TVs ab 42 Zoll Einzug. Preislich allerdings spielt sich das Ganze noch auf einem hohen Niveau ab. Nur einige preiswertere Anbieter haben kostengünstigere Full HD-Modelle im Angebot, die aber teilweise wieder an anderen Krankheiten (unbefriedigender Schwarzwert, unzureichende Farbwiedergabe) leiden. Nur auf die Auflösung zu achten, ist daher auch der falsche Weg. Gut sieht es bei den Projektoren aus, Modelle wie der Panasonic PT-AE 900 oder der Hitachi PJ-TX 200 kosten laut Liste knappe 2.000 € und bieten dafür sehr viel visuelles Vergnügen - das Bild ist zwar nicht ganz so faszinierend vielschichtig wie bei einem Pioneer PDP-506XDE, dafür bekommt der Kunde aber ein großes Bild ohne gravierende Schwächen zum vertretbaren Preis. Gerade Hitachi und Panasonic sind auch noch leicht bedienbar, und die hochwertige Fernbedienung des PT-AE900 sowie die erstklassige Verarbeitung des Hitachi sind beispielhaft. 

Was man nie unterschätzen darf, sind die Aufbau-, Einstellungs- und Verkabelungsaspekte: Denn das Heimkino oder die Surroundanlage müssen - das ist wirklich wichtig! - zumindest einigermaßen fachgerecht aufgebaut und justiert werden. Wer hier lieblos die Komponenten auspackt, einfach hinstellt und die Lautsprecher nach dem Zufallsprinzip im Raum verteilt, darf sich nicht wundern, dass trotz eigentlich hervorragender Bestandteile die AV-Anlage nur sehr bescheiden klingt. Man sollte sich schon Zeit nehmen für die Auf- und Einstellung, und auch für eine ansprechende Verkabelung. Diese muss kein Vermögen kosten - aber gerade bei analogen Verbindungen sind deutliche klangliche Unterschiede zwischen sehr billigen Strippen und guten Mittelklasse-Cinch- oder Lautsprecherkabeln zu hören. Wenn man einiges in seine Surround-Kombination investiert hat, sollte man nicht einen Rumpfbetrag von 50 € für alle relevanten Kabel zur Verfügung haben, damit kommt man nicht weit. Auch bei analogen Scart- oder Komponenten-Kabeln gibt es sichtbare Unterschiede in der Bildqualität. Hier raten wir ebenfalls zu guten Mittelklasse-Produkten, die oft auch für sehr anspruchsvolle Anwender vollauf ausreichen. Sündhaft teure Highend-Kabel lohnen sich, schaut oder hört man sich die Mehrleistung an, kaum, und wenn, dann nur für die Besitzer absoluter Highend-Systeme. Bei Digitalkabeln ist besonders auf eine robuste, hochwertige Verarbeitung, auf einen akkuraten Schliff bei TOSLINK-Kabeln, eine effektive Schirmung bei Koax-Kabeln und einen gerade und korrekt sitzenden Stecker bei HDMI-Kabeln zu achten. Gerade lange HDMI- und DVI-Kabel mit Längen über 5 Metern sollte man auf jeden Fall vor dem Kauf testen, ob sie eine akkurate Bildsignalübertragung gewährleisten. Unsummen muss man auch bei Digitalkabeln nicht investieren - eine sehr gute Verarbeitungsqualität gibt es schon für zivile Preise. Fazit: Sorgfalt bei Kabelauswahl, Aufbau und Einstellung steigern den Hör- und Sehspaß ganz beträchtlich. 

Was lernt man insgesamt aus der Situation? Erlaubt ist, was gefällt - schon für günstige Beträge gibt es wirklich gutes Surround- und Heimkinofeeling, und Teures muss nicht immer besser sein - ist es aber trotzdem in nicht eben wenigen Fällen, gerade bei Bildwiedergabegeräten, wo es sich am meisten lohnt, kräftig zu investieren. Bei Lautsprechern und AV-Receivern kann man bereits für relativ wenig Geld auf anständigem Level glücklich werden. Daraus aber zu folgern, dass alle Highend-Käufer Spinner sind, wäre auch falsch, denn, wie bereits aufgezeigt, gibt es über alle Maßen faszinierende Highend-Produkte, die einfach ein Maximum an Home Theatre-Feeling realisieren können. Man muss diesen Edel-Lösungen aber auch viel Zeit widmen und ein erfahrener Hörer sein, sollen sich diese Investitionen lohnen. Eine alternative Lösung ist ein Mittelweg, z.B. mit einem AV-Receiver wie dem Denon AVR-3806 und einem performance-starken und gleichermaßen finanzierbaren Boxenset wie dem Teufel Theater 8. Oder ein schöner Yamaha RX-V2600 mit einem Nubert nuWave 125, CS-65 und AW-75-Set - alles zugegebenermaßen nicht günstig, aber seinen Preis Wert. Dazu ein DVDP wie ein Yamaha DVD-S2500 oder ein Denon DVD-3910, ein Hitachi PJ-TX 200 und fertig ist das performance-starke Heimkino. Nahe an absolute Highendlösungen, die aber locker 40.000 € und mehr verschlingen, kommt man auch mit Boliden-Paketen wie dem Set aus Onkyo DV-SP1000E und Onkyo TX-NR5000E. Dazu dann ein Quadral Aurum 5.1-Set kombiniert, oder ein Teufel Theater 10  und ein Pioneer PDP-506XDE als Bildwiedergabegerät- dann ist man zwar auch jede Menge Geld los, aber noch nicht in überirdischen Dimensionen. Zu einer absoluten Highend-Lösung fehlt es zwar dann nach an Durchzeichnung, Brillanz und Detailtreue, aber die Freude über das gesparte Geld dürfte dies bei vielen Käufern aufwiegen. Und mit dem Pioneer PDP-506XDE verfügt man über das wohl momentan weltbeste Consumer-Plasma, das vielen Projektoren aus visueller Sicht eiskalt die Rücklichter zeigt.

Was wünschen wir uns für die Zukunft? Toleranz sollte bei den Heimkino-Begeisterten walten - weder Neid noch Gehässigkeit oder Überheblichkeit sind von Nöten, um zu erklären, wieso man sich für seine Lösung entschieden. Das alles fällt noch viel leichter, wenn man sich seine eigene Anlage, ganz gleich, was sie gekostet hat, nicht schönredet, sondern objektiv über ihre Stärken und Schwächen und den Einklang mit den eigenen Prioritäten spricht. Niemand schaut auf einen Surroundfan herunter, der glücklich ist mit seiner 2.000 € Lösung, so lange er nicht sagt, dass derjenige, der mehr ausgibt, ein "armer Irrer" ist, und niemand bezeichnet einen Highender als "großkotzig", wenn dieser seine 50.000 € Anlage als für ihn optimal darstellt, aber offen zugibt, dass man auch für niedrigere Beträge sehr viel Hörspaß haben und Hörerfahrungen sammeln kann.

Text: Carsten Rampacher
20. Februar 2006